
Bunte-Journalist:
Unsere Erinnerungen an Paul Sahner
Society-Reporter Paul Sahner ist tot. W&V erinnert mit einer eigenen People-Story auf Sahners Anwesen an den König der People-Reporter.
Society-Reporter Paul Sahner ist tot. W&V erinnert mit einer eigenen People-Story auf Sahners Anwesen an den König der People-Reporter. 2009 hatten die W&V-Redakteurinnen Manuela Pauker und Lisa Priller-Gebhardt den Gesellschaftsreporter in seinem Anwesen besucht. Wie kann man sich dem wichtigsten People-Reporter Deutschlands besser nähern als mit einer eigenen People-Story? Als Erinnerung an den Reporter und Buchautor noch einmal die ganze Reportage mit dem damals 65-Jährigen:
"Hier lässt es sich leben", sagt Paul Sahner, der erste People-Journalist im Hause Burda, und blickt verträumt in die späte Novembersonne. Auf seinem neuen bäuerlichen Domizil, der Lanzing-Mühle, in der Nähe des oberbayerischen Marquartstein, genießt er das Dolcefarniente. Die Grundmauern des Hofs stammen aus dem Jahr 1590. Rund 300 Jahre später brannte das Gebäude ab und wurde neu errichtet.
Vor gut einem Jahr haben Sahner und seine Frau Martina das Anwesen, das sich zwischen Hochplatte und Geigelstein schmiegt, erworben; nun bauen sie es sukzessive um. Sahners Frau, Innenarchitektin von Beruf, hat dabei eine Menge zu tun. Derzeit organisiert sie die Umgestaltung des eintiegen Kuh- und Pferdestalls. Unter dem original böhmischen Gewölbe, das sich künftig über eine gemütliche Einliegerwohnung spannt, darf ab Januar die Verwandtschaft logieren: "Lanzing soll Familiensitz werden." Schwestern, Neffen, Eltern - alle sind willkommen im Sahner'schen Anwesen, wo Gastfreundschaft zelebriert wird. "Wir führen ein offenes Haus," bekräftigt Martina.
Als nächstes Großprojekt haben die beiden die Tenne im Visier. Auf dem alten Heuboden soll ein Meditationsraum entstehen. Sahner, der dem Dalai-Lama bereits häufiger begegnet ist und von dessen Philosophie schwärmt, meditiert regelmäßig. "Zu Hause, aber auch im Büro." Dort würde er sich immer wieder zurückziehen, um "den Kopf frei zu bekommen", wie er sagt. Eine Passion, die Sahner mit seiner Tochter teilt. Annabel, die derzeit in einem hinduistisch-christlichen Aschram in der Nähe von Wiesbaden lebt und jetzt Ekamati heißt, ist häufiger Gast in Lanzing.
Ob ihm seine Prominenz bei der Suche nach dem indyllischen Schmuckstück zu Hilfe kam? Sahner winkt ab. Hier lebe er quasi inkognito. Nur selten werde er angesprochen, erzählt er. Etwa kürzlich von einer Frau beim Metzger, die meinte: "Sie sehen aus wie einer, der letzten Samstag bei Frank Elstner im Fernsehen war." Autogramm habe er jedoch keines geben müssen, lacht Sahner.
Die wenige Zeit, die das beurfstätige Ehepaar in Lanzing verlebt, ist kostbar: immerhin arbeitet der 65-jährige nach wie vor fünf Tage die Woche in der "Bunte"-Redaktion in München. Die Tage auf dem Land gehören dafür einzig und allein den schönen Dingen des Lebens. Beide stöbern mit Vorliebe auf Flohmärkten, wie beispielsweise im nahen österriechischen Ebbs, nach Antiquitäten, mit denen sie ihr Zuhause schmücken. Besonders auf afrikanische und indische Gegenstände haben sie es abgesehen. Ansonsten wandert das Paar gern gemütlich durch die Berge.
Die Gegend lockt mit allerlei Highlights: mit dem Schmugglerweg an der Tiroler Ache oder auch dem Wössener See, wo Sahner im Sommer morgens um sechs Uhr eine halbe Stunde schwimmt, und zwar so, wie der Herr ihn geschaffen hat. Im nächsten Jahr wollen die Sahners den Weiher hinter dem Haus in einen Schwimmteich verwandeln. Dann entfällt das Nacktbaden in Unterwössen. Besonders genießen die beiden ihren Garten und vor allem die Terrasse. "Das Zimmer im Freien", wie Martina es nennt. Auch die italienische Katze Socki, die Sahners Frau mit in die Ehe gebracht hat, liebt den Platz an der Sonne. Selbst die Pendelei von München, wo die drei in ihrer Wohnung am Viktualienmarkt unter der Woche leben, erträgt Socki stoisch - "vom Gemaunze mal abgesehen", erzählt Martina Sahner.
Hier in Lanzing hat Sahner Teile des Manuskripts zur Biografie von Karl Lagerfeld geschrieben, das im Sommer erschienen ist. In seinem Büro steht zwar ein nagelneuer Computer, doch mit dem Ding mag er sich nicht anfreunden. Seit Jahrzehnten schreibt er per Hand und mit Tinte. "die digitale Technik tötet jede Fantasie", davon ist er überzeugt. Er wolle nicht "zum Sklaven moderner Kommunikationsmittel machen", sagt der Journalist, der selbst keine eigene Email-Adresse besitzt. lip/mp