Der Wortlaut:

"Die Unregelmäßigkeiten bei Diesel-Motoren unseres Konzerns widersprechen allem, für was Volkswagen steht. Wir haben zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht alle Antworten auf alle Fragen. Aber wir sind dabei, die Hintergründe schonungslos aufzuklären. Dazu kommt in diesen Stunden alles auf den Tisch. So schnell, gründlich und transparent wie möglich. Dazu arbeiten wir weiter eng mit den zuständigen staatlichen Stellen und Behörden zusammen. Diese schnelle und umfassende Aufklärung hat höchste Priorität. Das sind wir unseren Kunden, unseren Mitarbeitern und der Öffentlichkeit schuldig. Um es klar zu sagen: Manipulieren und Volkswagen – das darf nie wieder vorkommen. Viele Millionen Menschen auf der ganzen Welt vertrauen unseren Marken, unseren Autos und Technologien. Es tut mir unendlich leid, dass wir dieses Vertrauen enttäuscht haben. Ich entschuldige mich in aller Form bei unseren Kunden, bei den Behörden und der gesamten Öffentlichkeit für das Fehlverhalten. Wir werden alles tun, um entstandenen Schaden wiedergutzumachen. Und wir werden alles tun, um Vertrauen Schritt für Schritt zurückzugewinnen. In unserem Konzern arbeiten mehr als 600.000 Menschen daran, die besten Autos für unsere Kunden zu bauen. An unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gerichtet sage ich: Ich weiß, mit wieviel Einsatz und großer, echter Aufrichtigkeit Sie Tag für Tag Ihre Arbeit machen. Deshalb wäre es falsch, wenn wegen der Fehler einiger Weniger die harte und ehrliche Arbeit von 600.000 Menschen unter Generalverdacht gerät. Das hat unsere Mannschaft nicht verdient. Auch deshalb bitten wir um Vertrauen auf unserem weiteren Weg: Wir klären das auf. Wir arbeiten intensiv an den nötigen technischen Lösungen. Und wir werden alles tun, um Schaden von unseren Kunden und Mitarbeitern abzuwenden. Ich gebe Ihnen mein Wort: Bei all dem werden wir mit der größtmöglichen Offenheit und Transparenz vorgehen."

 

Infolge der Manipulationen von Abgastests bei VW-Dieselautos in den USA war der Druck auf Winterkorn zuletzt stark gestiegen. Sein Vertrag sollte formal an diesem Freitag vorzeitig bis Ende 2018 verlängert werden. Die Wolfsburger hatten zuvor zugegeben, dass es weltweit Unregelmäßigkeiten bei rund elf Millionen Fahrzeugen gibt.

Wegen des Skandals muss Volkswagen Milliarden zurücklegen. Auch den für 2015 angepeilten Gewinn dürften die Wolfsburger nicht halten können. Bereits im dritten Quartal würden etwa 6,5 Milliarden Euro zurückgestellt, hieß es. An der Frankfurter Börse rutschte die Aktie daraufhin erneut ab - nach Milliardenverlusten schon am Montag.

Auch die EU-Kommission nimmt den VW-Skandal ernst und will mit den 28 Mitgliedstaaten mögliche Schritte beraten. Frankreichs Regierung forderte eine Untersuchung auf EU-Ebene. Die in harter Konkurrenz zu den deutschen Autokonzernen stehenden französischen Hersteller unterstützten den Vorstoß. Damit werde deutlich, dass französische Autobauer Vorgaben der Länder respektierten, in denen sie operierten, hieß es beim Herstellerverband CCFA.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) schaltete sich ebenfalls ein und forderte "angesichts der schwierigen Lage" eine rasche und volle Aufklärung. Es sei richtig, dass der Bundesverkehrsminister zusammen mit dem Kraftfahrzeugbundesamt die notwendigen Gespräche führe. Dies sei der einzige Weg, um auch Transparenz zu erreichen.

Winterkorn hatte zuvor eine externe Untersuchung und rasche Aufklärung zugesagt. Am Mittwoch will sich der innerste Zirkel des Aufsichtsrats bei einem Krisentreffen mit dem Thema beschäftigten, verlautete aus VW-Kreisen. Nur zwei Tage später steht die normale Aufsichtsratssitzung an, auf der Winterkorns Vertrag verlängert werden soll. Angesichts der Dimension der Krise mehrten sich aber auch Stimmen, die persönliche Konsequenzen des Managers forderten.

Niedersachsens ehemaliger Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) schlug eine Verschiebung der Vertragsverlängerung für Winterkorn vor. "Solange nicht lückenlos aufgeklärt ist, wer im Konzern von den Manipulationen wusste und vom wem sie angeordnet wurden, sollte hier keine Entscheidung gefällt werden", sagte Bode, der selbst von 2009 bis 2013 Mitglied des VW-Aufsichtsrates war.

Nach VW-Angaben ergaben Untersuchungen im Konzern, dass es die betreffende Steuerungssoftware auch in anderen Diesel-Autos außerhalb der USA gebe, wo Ermittlungen der Umweltbehörde EPA den Fall ins Rollen gebracht hatten. Bei Tests in den USA war festgestellt worden, dass einige VW-Diesel-Modelle auf dem Prüfstand deutlich geringere Abgaswerte anzeigten als im normalen Fahrbetrieb auf der Straße.

Wörtlich heißt es in einer Mitteilung der Wolfsburger: "Auffällig sind Fahrzeuge mit Motoren vom Typ EA 189 mit einem Gesamtvolumen von weltweit rund elf Millionen Fahrzeugen. Ausschließlich bei diesem Motortyp wurde eine auffällige Abweichung zwischen Prüfstandswerten und realem Fahrbetrieb festgestellt." Der Konzern stehe in Kontakt mit den zuständigen Behörden und dem deutschen Kraftfahrtbundesamt, um diese Abweichungen mit technischen Maßnahmen zu beseitigen.

Neben einem Imageverlust drohen VW allein in den USA Strafzahlungen von bis zu 18 Milliarden Dollar, Rückrufkosten, strafrechtliche Folgen sowie mögliche Regressansprüche enttäuschter Kunden und Aktionäre. Die Wolfsburger hatten bereits ein Fehlverhalten eingeräumt und versprochen, mit der EPA zu kooperieren. Der Konzern erließ einen Verkaufsstopp für die betreffenden Modelle in den USA.

Auch in anderen Absatzmärkten rührte sich Misstrauen. Südkorea will ab Oktober Sondertests für VW bei Modellen der Marken Volkswagen und Audi durchführen. Auch Australien dringt auf Aufklärung: VW müsse klären, ob betroffene Modelle dort verkauft worden seien.

"Eine solche Abgas-Betrügerei täuscht ja nicht nur die Kunden", sagte die Präsidentin des Umweltbundesamtes, Maria Krautzberger. "Sie führt auch zu deutlich schlechterer Luft. Das gefährdet die Gesundheit."

Der Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser meinte: "Offensichtlich kann VW nur mit gefälschten Werten die tatsächliche Gesundheitsgefahr von Dieselmotoren kaschieren. Das gilt auch für Deutschland." Er forderte: "Statt gesundheitsschädliche Dieselmotoren noch immer mit unglaublichen sieben Milliarden Euro pro Jahr zu begünstigen, muss die Bundesregierung jetzt endlich effektiv die Bevölkerung schützen."