
Gastbeitrag Razorfish:
Von Phablets und dem Mensch als Interface: Die Highlights der CES 2013
Viele Meilen ist William Lidstone von Razorfish gelaufen, um diesen Gastbeitrag zur CES zusammenzutragen. Er ist dabei auf viele neue Technologien gestoßen, die "die Welt auf sehr menschliche Weise weiterentwickeln wird".
Viele Meilen ist William Lidstone, Executive Vice President der Digitalagentur Razorfish International, gelaufen, um diesen Gastbeitrag zu den Highlights der diesjährigen CES zusammenzutragen. Dass die Location zum verirren war, ändert für ihn aber nichts daran, dass es unterm Strich ein "tolle Veranstaltung mit faszinierenden Gadgets" war. Welche ihn am meisten begeistert haben, lesen Sie selbst:
In den drei riesigen Hallen des "Las Vegas Convention Centre", der CES-Location, kann man sich leicht verlaufen und ohne weiteres 10 Meilen an einem Tag zurücklegen. Das ist mehr als genug, um einen neuen persönlichen Bestwert auf meinem Nike-Fuel-Band zu erreichen. Dieses Band an meinem Handgelenk spiegelt einen Haupttrend der CES wider – den rasant wachsenden Bereich "Digital Health" und "Fitness Technology".
Nach 24,1 gelaufenen Meilen, 11.283 erreichten Fuel Points, 3.250 Ausstellern mit 20.000 neuen Produkten und 150.000 Besuchern fasse ich die größten Trends der CES 2013 kurz zusammen:
Willkommen im Jahr des "Phablet"
Die beliebte Wortschöpfung aus Phone und Tablet macht deutlich, wohin die Reise geht: Je nachdem, wie man es betrachtet, schrumpft entweder das Format der gängigen Tablets – oder die Größe der Mobiltelefone nimmt sukzessive zu. Gleich wie, der Sektor ist hart umkämpft, denn es gibt ständig mehr Modelle der mobilen Endgeräte. Gleichzeitig sinken die Anschaffungskosten immer weiter. Ein schönes Beispiel dafür ist das Samsung Galaxy S II Hybrid.
Mit neuen Formaten kommen neue Interaktionsmodelle
Eine weitere Evolution im Bereich des interaktiven TV zeigte Samsung. Das Unternehmen setzt dabei ganz auf das hauseigene Smartphone. Denn nur wer beides hat – also den Samsung TV und das Samsung Smartphone – kann den "Second Screen Content" nutzen, indem er mit dem Samsung Smartphone navigiert. Ein cleverer Schachzug.
Das herkömmliche Fernsehverhalten hat sich mit der Ausbreitung von Tablets und Smartphones verändert: Kürzlich brachte der Satellitenriese Dish seinen "Hopper" auf den Markt. Mit diesem neuen "Digital Video Recorder" (PVR) bot das Unternehmen zusätzliche Funktionalitäten wie "Multi-Room Programming". So können die Nutzer ihre aufgenommenen TV-Sendungen an jedem beliebigen Fernseher anschauen – vorausgesetzt dieser ist ans Netzwerk angeschlossen. Zudem zählt nun auch eine Social-Media-Anbindung zu den Standardanwendungen bei "Personal Video Recordern" (PVR) der neuesten Generation – neben den bekannten Funktionen"Aufnahme" und "Ad Skipping".
Der Nutzer wird dank einer intelligenten Profiling-Funktion nie mehr seine Lieblingssendung verpassen. Denn das Gerät lernt die Vorlieben des Nutzers und empfiehlt ihm darum, wann er auf welchem Sender einen interessanten Beitrag sehen kann. Dish präsentierte in diesem Jahr auch seine Innovation "Sling": Eine Anwendung, die gesendeten Content auf allen gängigen mobilen Geräten verfügbar macht – gleich wann oder wo dieser abgerufen wird. ‘Sling’ ist für jeden Gadget-Begeisterten ein echtes Technikwunder, denn so muss er nie mehr die neueste Folge der Lieblingsserie verpassen.
Und für diejenigen, die damit überfordert sind, einzelne Content-Dateien von einem Gerät zum anderen zu transferieren, hat LG die NFC-Technologie "Tag On" vorgestellt. Sie macht das Teilen von Inhalten auf dem TV, Tablet und Smartphone zum Kinderspiel. Geräte, auf denen die Technologie integriert ist, können durch einen einfachen Klick auf den NFC-Button alle Inhalte hoch- und runterladen, so dass sie auch auf den anderen Geräten verfügbar sind.
Das vernetzte Auto
Schade, dass es noch immer kein Auto gibt, das uns nachts nach einem gemütlichen Kneipenbesuch abholt und nach Hause fährt. Bis dieser Wunsch Wirklichkeit wird, haben wir aber immerhin schon die so genannten "Connected Cars".
Auf der CES kündigten Ford und GM jeweils weitere Entwicklungsprogramme an, mit denen sie ihre so genannten "In-Car Software-Plattformen" weiter ausbauen wollen. Ihr Ziel ist es, das Smartphone-Ökosystem zu replizieren.
Ein Beispiel: Ford hat bereits 20 Apps in sein Anwendungssystem "Sync AppLink-System" integriert. Dies beinhaltet auch den Dienst "Glympse", der es dem Fahrer ermöglicht, seine aktuelle Position über Social Media mit anderen Personen zu teilen.
Zudem hat Delphi gemeinsam mit Verizon ein Diagnose-Programm mit einem "Connected Car Service" entwickelt: Die Hardware von Delphi steckt im OBD2-Port und erlaubt es dem Fahrer mit seinem daran angeschlossenen Smartphone die Daten – wie den Benzinstand oder die Motortemperatur – einzusehen. Mit dem entsprechenden GPS-Chip können beispielsweise Eltern sehen, ob sich ihre Kinder, die ja meist Fahranfänger sind, an die vorgegebene Geschwindigkeit halten oder außerhalb eines bestimmten Gebiets aufhalten.
Diese Echtzeit-Übermittlung lässt sich auch einsetzen, um verschwundene Fahrzeuge wiederzufinden. Denn die App hat unter anderem eine integrierte Notruf-Schnellwahl-Funktion. Falls also ein Auto gestohlen wird, kann der Besitzer der Polizei mitteilen, wo sich der Wagen gerade befindet.
Personalisiertes Gesundheitsmanagement
Die Marktforscher von ABI Research sagen, dass im Jahr 2012 fast 30 Millionen kabellose tragbare Gesundheitsmessgeräte ausgeliefert wurden. Im Vergleich zum Vorjahr ist das ein Wachstum von 37 Prozent. Die gleichen Analysten sagen voraus, dass in 2013 rund 48 Millionen Geräte verkauft werden. Kein Wunder also, dass die CES diese Entwicklung widerspiegelt und den Bereich "Digital Health" und "Fitness Technology" als einen Haupttrend 2013 präsentiert.
Wir alle kennen innovative Ideen wie das Nike Fuelband, das die tägliche Bewegung aufzeichnet, auswertet und so seinen Träger motiviert, seine persönlichen Fitnessziele leichter und schneller zu erreichen. Zukünftig sollen Geräte dieser Art mehr Sensoren beinhalten und so eine noch detailliertere Auskunft über unseren Lebensstil geben. Dabei eignen sich die neuen Messsysteme nicht nur für ehrgeizige Sportler oder chronisch Kranke, sondern überzeugen als attraktive Helfer im Alltag auch die breite Masse. So verbirgt sich hinter dem "Fitbit Flex" der Firma Fitbit ein Armband, das nicht nur die tägliche Bewegung protokolliert und anzeigt, wie viele Kalorien verbrannt und welche Distanz zurückgelegt wurden. Auch der Schlaf des Trägers wird protokolliert: Über eine LED-Anzeige informiert das Gerät, wie viel und wie gut der Träger geschlafen hat, am Morgen kann man sich mithilfe einer Vibrationsfunktion sanft wecken lassen.
Ein weiterer Produktlaunch, der nicht unerwähnt bleiben sollte, ist der HAPIfork’ von "Hapilabs": Diese Gerät überwacht die Essgeschwindigkeit. Falls der Nutzer zu schnell isst, weist das Gerät darauf hin und trägt somit zum gesunden Essverhalten bei.
Der Mensch als Interface
Gestensteuerung und Spracherkennung entwickeln sich weiter zu ausgereiften Lösungen: Hier geht es nicht etwa um Technologie im Stil von "Minority Report", sondern um die Entwicklung hin zum "Computer der Sinne". Ein Beispiel, das heute schon mit geringem Aufwand umgesetzt werden kann, ist der Einbau von Eye-Tracking Funktionen in Tablet PCs. Auf diese Weise lassen sich unter realen Bedingungen Nutzungsdaten erfassen, die weit wertvoller sind als solche, die unter optimierten Laborsituationen von UX-Testings gesammelt werden. Auch die Gesichtserkennung bei Smart-TVs wird schneller als gedacht zu einer Basisfunktion.
Ebenfalls ziemlich clever sind die zahlreichen Devices, die Anwendern einen klaren Zusatznutzen für den Alltag liefern: So zum Beispiel die nächste Generation des "Nest Thermostats", das sich das Raumklima der Wohnung merkt und die Heizung automatisch herunterdreht, wenn der Nutzer das Haus verlässt. Vor der Rückkehr kann über eine Smartphone-App die Wohnung wieder rechtzeitig vorgeheizt werden.
Im Frühjahr 2013 bringt Leap zudem eine neue Version seiner Gestenerkennung auf den Markt – und diese ist sage und schreibe 200 Mal empfindlicher als bestehende Technologien. Somit wird der "Leap Motion Controller" das erste Produkt, das die Computersteuerung mit natürlichen Hand- und Fingerbewegungen ermöglicht. Einmal angeschlossen gestattet das Gerät mit der Größe eines iPods eine intuitive Steuerung in einem Raum von 60 Kubikzentimetern. Laut Leap entsteht so beim Anwender das Gefühl, als sei der eigene Arm ein Teil des Computers.
Neues gibt es auch von Vuzix: Ähnlich wie die Google Glasses ermöglichen die Smart Glasses dem Anwender einen freihändigen Zugriff auf Cloud-Daten jedes iOS oder Android-Smartphones. Die Träger der Brille können via Apps Texte schreiben, Videos ansehen, E-Mails lesen und versenden oder sich lotsen lassen.
Fazit
Das war die CES 2013 – eine tolle Veranstaltung mit faszinierenden Gadgets. Ob nun die Brainwave Katzenohren von Necomimi, die meine Gehirnwellen messen und meine Stimmung durch die Stellung der künstlichen Ohren wiedergeben oder der iPotty, der Kinder beim Trocken werden helfen soll, indem sie sich die Zeit auf dem Töpfchen mit dem montierten iPad vertreiben können – es gibt einfach nichts, was es nicht gibt.
Insgesamt hat es mich beeindruckt, wie intelligente Technologien in den nächsten Jahren unseren Alltag vereinfachen und dazu beitragen werden, unsere Welt auf eine doch sehr menschliche Weise weiterzuentwickeln. Ich freue mich jetzt schon aufs nächste Jahr.