Denn sie hat vor der Jury, besetzt mit Christiane Dressler von Radical Media, Arno Lindemann von Lukas Lindemann Roskinski (LLR) und dem Regisseur Sebastian Strasser, knapp den ersten Platz verfehlt - allerdings gingen, wie bei vielen Nachwuchswettbewerben, die übrigen Finalisten leer aus. Gewonnen hat am Ende der in Berlin lebende Australier Josh Dawson. Die Juroren gaben damals der Hoffnung Ausdruck, dass nicht das Siegerkonzept, sondern auch die Ideen anderer Teilnehmer verwirklicht werden können: "Schafft eine Plattform für die Konzepte der Nominierten, die wir gut fanden. Damit wir möglichst vielen eine Struktur anbieten können, um diese tollen Ideen entstehen lassen zu können."

Das aber ist leider nicht geschehen. "Das anfängliche Interesse einiger Unterstützer konnte ich trotz meines Engagements nach dem Wettbewerb nicht für eine Umsetzung nutzen", berichtet Kaveh. Umso bitterer kommt für die junge Kreative der Erfolg des Virals des Ad Councils. "Denn es zeigt mir, dass die Idee hätte sehr erfolgreich sein können, wenn die passenden Partner dabei gewesen wären bzw. an mich geglaubt hätten."

Wie konnte das den Juroren, allesamt erfahrene Agentur- und Werbeprofis, entgehen? Wir haben nachgehakt. Arno Lindemann, Mitgründer von Lukas Lindemann Rosinski, sagte gegenüber W&V Online: "Ja, ich kann mich an den Spot im Röntgenlook erinnern. Und hier ist auch schon der große Unterschied: Der jetzige Internethype liegt nicht im Look allein, sondern wohl eher in der Realisierung als 'Event', bei dem die Menschen dann hinter der Röntgenwand hervorkommen und man den Effekt selbst live miterleben kann. So kommt es oft vor, dass sehr ähnliche Grundideen, dann später doch noch eindrucksvoller umgesetzt werden. Mir selber auch schon das ein oder andere Mal passiert."

Christiane Dressler von Radical Media hat Haddad Kavehs Idee ebenfalls nicht vergessen: "Sie gehörte zu meinen Top Drei." Dressler erläutert die Juryentscheidung: "Am Ende hat sie sich nicht als Sieger durchgesetzt, weil zwei Argumente dagegen standen: Es gab einen ähnlichen Film schon für Benetton. Und die Idee wurde als nicht ganz so filmisch empfunden. Da keine Agentur, sondern Regienachwuchs gesucht wurde, ist die Präferenz am Ende auf das andere Projekt gefallen."

Soweit nachvollziehbare Punkte, die die Juroren anführen - zumal es immer nur einen geben kann. Das aber ist ein weiterer Punkt hinsichtlich der Kultur der Nachwuchswettbewerbe, der zu diskutieren wäre. Und Negien Haddad Kaveh hat gute Argumente dafür: "Bei vielen Nachwuchswettbewerben gibt es meistens nur einen Sieger. Jedoch werden leider die anderen engagierten und nicht selten talentierten Teilnehmer vergessen, wenn alle Beteiligten sich wieder ihrem ohnehin schon hektischen Alltag widmen. Schöner und auch für die kreative Landschaft in Deutschland möglicherweise viel förderlicher und wünschenswert wäre doch, wenn eine Förderung auf breiter Front stattfinden könnte, bei der zwar einzelne Ideen prämiert, aber eben auch viele Jungkreative entdeckt werden. Die Juroren und Veranstalter verfügen nicht nur über die notwendigen Kontakte, sondern vor allem auch über die Erfahrung und das Wissen, um mehr Teilnehmern ein Forum zu bieten, sich selbst zu beweisen, ohne dass ihnen dabei etwas geschenkt würde."

So aber besteht die Gefahr, dass "Kreativität nicht nachhaltig gefördert, sondern möglicheriwese unbeabsichtigt erstickt wird", bedauert Haddad Kaveh. Ihre Schlussfolgerung ist eine, die hier bereits mehrfach diskutiert wurde: Kreativwüste Deutschland, nachwuchsfeindliches Klima - am Ende steht häufig die Resignation junger Kreativer oder der Weg ins Ausland. Frustration anstelle von 45 Millionen Klicks.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.