Blattkritik:
Was "Noah" will, das bleibt im Dunkeln
Gut abgehangene Storys und Katalog-Anmutung im Print-Neustart "Noah": W&V-Autorin Lisa Priller-Gebhardt überlegt, was Bernd Runge getrieben hat, ein solches Heft zusammenzulöten.
In diesen Tagen erscheint das neue Männermagazin "Noah". Chefredakteur ist Bernd Runge. Herausgegeben wird das Blatt von Runges Verlag Atelier Publications Deutschland in Berlin. W&V Online hat sich das Blatt mal genauer angesehen. Der erste Eindruck: Das Magazin wurde im Vorfeld als "das erste metroglobale Hochglanz-Magazin für Männer" angekündigt. Das Cover lässt denn eher ein Design- als ein Männerheft vermuten. 400 Seiten stark ist der Kiosk-Newcomer. Ein echtes Brett, mit dem Mann auch Hanteltraining machen könnte. Es reiht sich Anzeige an Anzeige. Und ginge man davon aus, dass jede Anzeige im Blatt vom Kunden – zumindest in Teilen - auch bezahlt wurde, dann müsste Herr Runge seit dieser Woche ein sehr glücklicher Mann sein.
Zum Inhalt: Man wird nicht so recht schlau aus dem Konzept. Es reihen sich mehr oder weniger konzeptlos beliebige Geschichten aneinander. Die Intention der Blattmacher bleibt im Dunkeln. Das recht verworrene Layout erschwert die Orientierung zusätzlich. Das liegt zum einen an der fehlenden Rubrizierung, zum anderen an einer klaren Abgrenzung der einzelnen Geschichten. Einer Doppelseite über das Ion Hotel auf Island folgt die Story "Guter Stoff" – was amerikanische Drogenpolizisten auf ihren Jacken tragen. Kann man machen, muss man aber nicht.
Die auf dem Cover angekündigten 148 Seiten Fashion muten zum großen Teil wie ein Katalog an. Die Bildunterschriften zur Mode sind mitunter in gefühlter 100-Punkt-Schrift verfasst und nehmen pro Foto eine ganze Seite ein. Kann man machen, muss man aber nicht. Und weil die eigene "Noah"-Redaktion offenbar wenig rauskommt, werden Geschichten eingekauft, die bereits gut abgehangen sind. Nicht selten steht unter ihnen der Zusatz: "Bereits erschienen in…". Kann man machen, muss man aber nicht. So wirkt das Blatt nicht wie ein "Best of", sondern wie ein "Rest of".
Fazit: Man überlegt, was die Macher getrieben hat, ein solches Heft zusammenzulöten. Bange Momente stellen sich ein – ist das die Zukunft des Journalismus? Texte und Bilder mehr oder weniger wahllos zusammenzukaufen und sie dann zu einem Magazin zu lumbacken? Man hat das Gefühl, dass da nicht Menschen, sondern Roboter am Werk waren. Die nächste Ausgabe ist für März 2015 angekündigt. Kann man kaufen für acht Euro, muss man aber nicht.