Coronavirus:
Wettbewerbshüter prangern falsche Gesundheitshelfer an
Geschäftemacher wittern Morgenluft, wenn es darum geht, arglosen Verbrauchern Mittel gegen die Corona-Infektion anzudrehen. Die Wettbewerbszentrale sprach 51 Abmahnungen aus.
"Vitalpilze" und Nahrungsergänzungsmittel als Schutz vor dem Coronavirus, "99,9 Prozent Keimreduktion" durch eine Mundspüllösung - gegen solche Werbung mit irreführendem Bezug zur Pandemie geht die Wettbewerbszentrale reihenweise vor. Seit Mitte Februar hat die Bad Homburger Einrichtung nach Angaben vom Dienstag 159 Anfragen und Beschwerden zu unlauterem Wettbewerb im Zusammenhang mit Corona erhalten.
51 Abmahnungen wegen unlauterer Werbung und 16 formlose Hinweise habe die Selbstkontrollinstitution dabei ausgesprochen, außerdem seien 4 einstweilige Verfügungen erwirkt worden. Einige der Gerichtsentscheidungen sind noch nicht rechtskräftig.
In einem Fall reichte die Wettbewerbszentrale Ende April Klage beim Landgericht München I ein (Az.: 17 HK O 5079/20). Dort geht es um ein Unternehmen, das für ein mit Vitamin C angereichertes Lebensmittel und der Abbildung einer Frau mit Mundschutz mit der Aussage warb, man könne sich mit dem Produkt vor "internationalen Viren" schützen.
Sowohl nach dem allgemeinen Irreführungsverbot als auch nach spezialgesetzlichen Regelungen, z. B. im Lebensmittel- und im Heilmittelwerberecht, ist es aber unzulässig, mit Eigenschaften oder Wirkungen eines Produkts zu werben, über die es tatsächlich nicht verfügt.
"In den uns vorliegenden Beschwerdefällen werden teilweise Aussagen über Produkte getroffen, die den Verbraucher in vermeintlicher Sicherheit wiegen", erklärte Christiane Köber, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale. "Das ist nicht nur riskant für Verbraucher, sondern auch eine echte Wettbewerbsverzerrung zu Lasten derjenigen Unternehmen, die sich an die Spielregeln im Wettbewerb halten."
In Coronazeiten werben einige Unternehmen mit Spenden- und Unterstützungsaktionen, etwa in Form von Geschenken und "Umsonst"-Angeboten. Speziell im Gesundheitsbereich hat der Gesetzgeber aber zum Schutz vor einer zu starken Kommerzialisierung gesundheitlicher Leistungen Geschenke, Rabatte und sonstige Zuwendungen an Verbraucher verboten (§ 7 Heilmittelwerbegesetz - HWG). Diese strikte Regelung gilt auch in coronabedingten Krisenzeiten, was einige Anbieter nicht beachtet haben.
So musste die Wettbewerbszentrale eine weitere einstweilige Verfügung beantragen wegen der Werbung eines Optikers, der unter Hinweis auf den Verzicht vieler Verbraucher in der Coronakrise u. a. ankündigte „Brillengläser geschenkt für alle!“ (LG Flensburg, Beschluss vom 13.05.2020, Az. 6 HK O 20/20 – nicht rechtskräftig; HH 3 0075/20). Das Gericht hat die Ansicht der Wettbewerbszentrale bestätigt, dass die Werbeaktion gegen das Zuwendungsverbot des § 7 HWG verstößt. Aufgrund der Werbung gehe der Kunde – so das Gericht - auch nicht davon aus, dass hier nur ein vergünstigtes Komplettangebot vorliege. Nach dem Heilmittelwerbegesetz sind Zuwendungen im Gesundheitsbereich grundsätzlich nicht erlaubt, damit der Verbraucher sich bei seiner die Gesundheit betreffenden Entscheidung nicht von sachfremden Zuwendungen oder Geschenken leiten lässt.
Was der Kunde außerdem erst telefonisch erfuhr, war die Tatsache, dass die Abgabe der „kostenlosen Brillengläser“ an den Kauf einer Brillenfassung geknüpft war, beim Mitbringen einer kundeneigenen Fassung eine „Einschleifgebühr“ in Höhe von 25 Euro berechnet wurde oder die Gläser nur gegen eine „Bearbeitungsgebühr“ versandt wurden. Das hielt das Gericht für irreführend.
Gut gemeinte Unterstützungsaktionen sind nicht per se unzulässig. „Jedem Unternehmen ist es erlaubt, wirklich altruistisch Spenden an entsprechende Personengruppen zu leisten. Wird jedoch im Bereich „Gesundheit“ die „gute Tat“ mit dem Absatz der eigenen Produkte gekoppelt, ist in manchen Fällen nicht nur die altruistische Zielrichtung der Maßnahme, sondern auch ihre Zulässigkeit zweifelhaft“, erklärte Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale.
Die Wettbewerbszentrale ist nach eigenen Angaben die größte Selbstkontrollinstitution für fairen Wettbewerb. Getragen wird die gemeinnützige Organisation von mehr als 1200 Unternehmen und über 800 Kammern und Verbänden der Wirtschaft.
am/dpa