Variable Gewinnbeteiligung:
Wie 21Torr-Chef Marcus Reiser auf die Kritik am Gehaltsmodell reagiert
Variable Gewinnbeteiligung: Vor zehn Tagen hat 21Torr-Chef Marcus Reiser in einem Gastbeitrag für W&V Online das Gehaltsmodell seiner Digitalagentur vorgestellt. Daraufhin übten einzelne Mitarbeiter Kritik an dem Modell. Zusagen würden nicht eingehalten. W&V Online hat bei dem Agenturchef nachgehakt.
Vor gut zehn Tagen hat Agenturchef Marcus Reiser von 21Torr in einem Gastbeitrag für W&V Online das Gehaltsmodell seiner Reutlinger Digitalagentur vorgestellt. Dabei handelt es sich um ein System der variablen Gewinnbeteiligung. Unter den W&V-Lesern erntete er für seinen Beitrag nicht nur Zustimmung. Auch Mitarbeiter von 21Torr meldeten sich zu Wort. Ein Vorwurf lautete: Die konkrete Ausgestaltung sei völlig intransparent. Zusagen würden nicht immer eingehalten. W&V Online hat daraufhin nochmal bei Marcus Reiser nachgehakt.
Herr Reiser, trifft es zu, dass in Einstellungsgesprächen Gewinnbeteiligungen vorgerechnet werden, die in der Praxis kaum zu erreichen sind?
Marcus Reiser: Es gehört natürlich nicht zur Politik von 21Torr, Versprechungen zu machen, die wir nicht einhalten können. Die einzigen festen finanziellen Zusagen, die wir geben, betreffen das vereinbarte Gehalt. Wir teilen Bewerbern aber durchaus mit, wie sich die Ausschüttung im vergangenen Jahr oder in den letzten Monaten entwickelt hat. Dazu gehört dann auch die Aussage, dass die Höhe des variablen Anteils sich von Monat zu Monat, auch von Jahr zu Jahr unterscheidet.
Wie transparent sind die Berechnungen eigentlich? Gibt es eine unabhängige Instanz, die in die Bücher schauen darf?
Unsere Bücher werden jedes Jahr extern und unabhängig überprüft. Der variable Anteil ist ja nichts, was wir nach Belieben auszahlen, das sind vertraglich zugesicherte Boni und als solche Bestandteil der regulären Lohnzahlung. Darüber hinaus macht unsere Agentursoftware die Umsätze sichtbar und unsere Forecasts werden stets gemeinsam mit dem Team der Projekt- und Accountmanager erstellt. Wer es ganz genau wissen möchte, kann jederzeit nachfragen. Wir sind uns aber sehr bewusst, dass das ein heikles Thema in der internen Kommunikation ist. Wir freuen uns deshalb sehr, dass der Artikel in der W&V einzelne Mitarbeiter dazu angeregt hat, sich mit Anmerkungen und Kritik, aber auch konkreten Verbesserungsvorschlägen zu melden.
Wie transparent sind die Zahlungen eigentlich innerhalb der Belegschaft? Weiß man z.B. als Art Director bei 21Torr, was der Kollege in etwa verdient und wie hoch seine Gewinnbeteiligung ist?
Wir hängen keine Gehaltslisten aus, wenn Sie das meinen. Die konkrete Gehaltsgestaltung ist immer in Grenzen verhandelbar, aber es gilt die beschriebene Vorgabe, dass Mitarbeiter in herausgehobenen Positionen und mit mehr Verantwortung auch selbstverständlich höhere variable Anteile haben.
Wie hoch ist die Fluktuation bei 21Torr?
Ihre Frage unterstellt, dass uns Mitarbeiter vor allem wegen des Gehaltes verlassen würden; das ist aber nicht, was wir vermittelt bekommen. Manche suchen einfach nur Veränderung, es gibt private Gründe, viele junge Leute wollen nach Berlin – aus Gesprächen mit Kollegen aus der Branche weiß ich aber auch, dass die Fluktuation bei uns nicht höher ist als bei anderen Agenturen.
Da sind dann aber auch genug Leute dabei, die fortgehen, unser Gehaltsmodell also ganz genau kennen, und sich nach einer Weile bei anderen Arbeitgebern dafür entscheiden, wieder zu 21Torr zurückzukehren. Das freut uns doppelt, weil es uns zeigt, dass sie sich bei uns wohlfühlen, nicht nur was das Geld angeht. Dass manche Mitarbeiter, die uns verlassen, auch mit ihrem Gehalt unzufrieden sind, will ich gar nicht bestreiten; wir stehen da ja als Branche inzwischen in einem harten Wettbewerb nicht zuletzt auch mit unseren eigenen Kunden aus der Industrie und dem Mittelstand. Da werden zum Teil Gehälter angeboten, die wir uns bei 21Torr nicht leisten wollen – nicht zuletzt auch deshalb, weil sie das Unternehmen als Ganzes und damit die anderen Mitarbeiter unverhältnismäßig belasten würden.
Wir selbst bemühen uns auf der anderen Seite, darauf zu achten, dass die Arbeitszeiten unserer Mitarbeiter nicht aus dem Ruder laufen. Natürlich ist bei uns oftmals mehr zu tun, als wir eigentlich stemmen können – aber die Lösung kann nicht sein, Mitarbeiter in 80-Stunden-Wochen zu verbrennen. Das wird Ihnen bei 21Torr nicht begegnen. Was wir stattdessen begrüßen würden, wäre eine wirklich offene Diskussion über die Kombination von Gehalt und damit verbundener Arbeitszeit in der Agenturbranche.
Interview: Frank Zimmer