Wir stecken immer noch mitten im Wandel, obwohl die Digitalfotografie alles andere als neu ist. In den vergangenen zehn Jahren ist es zum Beispiel möglich geworden, echte Emotionen und intime Momente einzufangen. Früher war dieser Zugang ins Privatleben schon wegen der sperrigen Ausrüstung versperrt. Heute tragen wir unsere Kamera immer bei uns, schießen Fotos, laden diese hoch. Das hat die Bilder, die gemacht werden, verändert.

Food-Fotografie beispielsweise findet nicht mehr im Studio statt, sondern in den eigenen vier Wänden oder in Restaurants. Die Leute fotografieren, was sie essen. Daraus ist ein Massenphänomen geworden, was nicht ohne Wirkung auf die Lebensmittelbranche bleibt.

Wie können Unternehmen Nachhaltigkeit visuell kommunizieren?

2006/7 haben wir eine Studie durchgeführt. Wir wollten wissen, wie die Themen Umwelt und Nachhaltigkeit visualisiert werden. Was dabei raus kam, waren Klischees: viel Grün, Gras, Wasser. Heute werden wesentlich anspruchsvollere, weit gefasstere Welten gezeichnet: Wie sieht Verantwortung aus? Wie können Unternehmen zeigen, dass sie sich um die Gesellschaft, die Umwelt und ihre Angestellten kümmern? Diese Achtsamkeit ist Teil einer neuen Bildsprache.

Spielen kulturelle Unterschiede überhaupt noch eine Rolle?

Marketingabteilungen haben sich schon immer viele Gedanken über die Zielgruppenansprache gemacht. Solange man eine Geschichte erzählt, die weder fad noch klischeebeladen ist, ist es fast egal, für welche Drehorte man sich entscheidet. Die Menschen interessieren sich nicht für austauschbare Bilder.

Wie wichtig sind Daten für Ihre Analyse, wie wichtig ist Intuition?

Wir sind eine Agentur, keine Unternehmensberatung. Wir müssen messbare Resultate liefern, denn unsere Fotografen arbeiten freiberuflich. Unsere Aufgabe ist es, zu gewährleisten, dass ihre Bilder und Videos für den Markt relevant sind – heute, nächsten Monat oder auch nächstes Jahr. Was wir tun, basiert auf Daten, aber auch das dürfen wir nicht vergessen: Kreative wollen inspiriert werden. Da kommt die Intuition dann ins Spiel.

Daten sind schön und gut, aber sie beziehen sich immer auf die Vergangenheit.

Ehrlich gesagt, entwickeln sich visuelle Trends sehr langsam, meist über Jahre hinweg. Wir müssen nur sicherstellen, dass wir den Anfang nicht verpassen, damit unsere Mitarbeiter keine Inhalte mehr produzieren, wenn der Trend schon wieder am Abebben ist.

Mehr über Interviews zum Thema Trendforschung finden Sie in W&V 12/16.


Autor: Christa Catharina Müller

Christa Catharina Müller ist Teil des Teams Digital Storytelling, der Entwicklungsredaktion des Verlags Werben und Verkaufen. Sie ist verantwortlich für die Konzeption und Umsetzung von Podcasts. Daneben experimentiert sie regelmäßig mit anderen Erzählformaten. Bevor sie zu W&V kam, war sie als freie Autorin mit den Schwerpunkten Mode und Digital tätig.