Kai Diekmann und Jens-Uwe Steffens:
Wie Medien und Media zu Fake News stehen
Medien wie Marken müssen lernen, damit umzugehen, wie im Social Web über sie diskutiert wird. Ein Tenor der Pilot Business Lounge in München.
Was ist im wachsenden Angebot an Informationsquellen noch als Meinung zu bewerten, was als Manipulation? Welche Rolle spielen etablierte Medien bei dieser Entwicklung?
Fürs Erste mehr Ethik im Umgang mit Fake News fordert Jens-Uwe Steffens. Der Geschäftsführer der Mediaagentur Pilot hat am Donnerstag zur Debatte "Zwischen Meinung und Manipulation – Kommunikation im digitalen Zeitalter" nach München geladen. Mit ihm diskutierten Ex-"Bild"-Macher und Uber-Berater Kai Diekmann sowie Professor Jörg Baberowski von der Humboldt Universität.
Steffens appellierte an die klassischen Medienmarken, die im Zeitalter von Facebook ihre Meinungshoheit verloren hätten, diesen Umstand zu akzeptieren und einzusehen, dass es eine falsche Nachricht eher größer mache, wenn im Nachgang umfangreich über die Aufklärung von Fake-News-Attacken berichtet würde.
Warum Brand Safety so wichtig wird
Medien wie Marken müssten erkennen, was abseits von den gewünschten kommunizierten Themen im Social Web tatsächlich über die Unternehmen verbreitet werde, so der Pilot-Hauptgesellschafter. Dann könnten sie adäquat reagieren – was heute unter einem immensen Zeitdruck passieren müsse. In Richtung der mächtig gewordenen sozialen Netzwerke fragte Steffens, ob nicht daran gearbeitet werden solle, Abwehrmöglichkeiten für Personen und Firmen zu entwickeln? Brand Safety sei inzwischen wichtiger als große Reichweiten in der Vermarktung, so der Pilot-Chef.
Diekmann, dem als langjährigen "Bild"-Chefredakteur nach eigenen Angaben "schon einiges ziemlich egal ist", erstaunte dann doch, dass die drei effizientesten News im US-Wahlkampf mit der größten Reichweite einen mazedonischen Absender hatten. Allen voran die Fake News, dass der Papst den jetzigen US-Präsidenten Donald Trump unterstütze.
Der Wissenschaftler Baberowski erklärte die große Resonanz so: "Man glaubt Fake News, wenn sie ins eigene Lebensbild passen. Sie müssen vom Nutzer nicht als wahr, sondern als gut wahrgenommen werden." Wie Politiker seit ehedem würden nun kluge Strippenzieher Lügen verbreiten – mit all den Vorteilen der digitalen Kommunikation.
Fakt ist: "Das Internet geht nicht mehr weg"
Recht nüchtern schilderte der langjährige Springer-Manager Diekmann in seiner Nach-Print-Ära den Status Quo. "Das Internet geht nicht mehr weg." Die Verlage würden ihre Erlöse an Facebook und Google verlieren. Ihre Printauflagen würden "nie wieder wachsen".
Diekmann weiter: "In den Mediaagenturen sitzen 25- bis 28-jährige Planer, die sich fragen, warum sie Werbung zu Print schaufeln sollen. Dieser nüchternen Realität müssen sich die Medienunternehmen stellen – sie haben viel zu lange zugeschaut."
Eine Lösung hatte der erfahrene Blattmacher nicht wirklich im Köcher. Aber einen Größenvergleich – mit einer Influencerin. Beauty-Youtuberin Bibi kommt laut Kai Diekmann im Netz auf 4 Mal mehr Follower als die Medienmarke "Bild". Und hat mehr Einfluss auf die kommende Generation als irgendein Medium: