
Twitter und Facebook:
Wie Merkel und ein Münsteraner Steuerberater zu Social-Media-Stars wurden
Die Bundeskanzlerin kann sich auf Facebook nicht mehr vor tunesischen Freunden retten, der Münsteraner Julian Holthaus nicht vor über 300.000 Twitter-Followern.
Was hat unsere Bundeskanzlerin und der 31-jährige Münsteraner Steuerberater Julian Holthaus gemeinsam? Beide wunderten sich über einen plötzlichen Anstieg ihrer Fanzahlen im Social-Web - die eine auf Facebook, der andere auf Twitter, und das ohne ihr Zutun.
Angela Merkels Facebook-Auftritt hat knapp 227.000 Anhänger. Das Branchenmagazin Onlinemarketing.de schaute sich die Struktur ihrer Fangemeinde mal genauer an - und stellte fest, "dass die meisten Fans, die über Angela Merkel sprechen, aus Tunis, Qabis, Tunesien kommen". 4.219 tunesische Nutzer sprachen über die Bundeskanzlerin - fast dreimal so viele wie in Deutschland. Das Magazin folgerte daraus, dass Frau Merkel bzw. ihre Social-Media-Berater Facebook-Fans in Tunesien gekauft hatten. Das erwies sich aber als falscher Vorwurf: Wie sich herausstellte, hatten es sich tunesische Handballfans zum Sport gemacht, nach dem Sieg der tunesischen Handballmannschaft über die deutsche am 13. Januar, Fan von Angela Merkel auf Facebook zu werden und dort ordentlich das Spiel zu kommentieren.
Wer dem Steuerberater Julian Holthaus aus Münster innerhalb eines Monats zu über 300.000 neuen Twitter-Followern verhalf, lässt sich hingegen nicht eindeutig klären. Wie die Münstersche Zeitung berichtet, wusste der 31-Jährige gar nicht, wie ihm geschah: Innerhalb von drei Tagen bekam er 60.000 Mails von Twitter, die ihm mitteilten, er hätte einen neuen Follower. Von sozusagen null auf Platz acht der deutschen Twitter-Charts ging es für Holthaus, vor Bushido und Dieter Nuhr liegt er. Christoph Salzig, Inhaber der Kommunikations-Agentur "Primus inter Pares" in Münster erklärt den Fall folgendermaßen: Er vermutet eine Verwechslung. Bei Recherchen zu dem "Fall Holthaus" stellte der PR-Experte fest, dass es in den USA einen Programmierer mit dem Twitter-Account "tjholthaus" gibt. Die Erkenntnis des Münsteraner Social-Media-Experten Volker Meise, dass hinter den Followern des deutschen Holthaus fast nur tote Accounts ohne Follower und Tweets stecken, unterstützt Salzig in folgender Annahme: Hinter dem amerikanischen Holthaus verbirgt sich ein "Follower-Messie" - er hat Follower bestellt um im Social Web groß rauszukommen - nur leider wurden diese an Julian Holthaus statt an ihn ausgeliefert.
In beiden Fällen kam niemand zu Schaden, aber sie sind mal wieder ein gutes Beispiel dafür, dass der Wert von Fans in sozialen Netzwerken - quantitativ betrachtet - nicht überbewertet werden sollte. Insbesondere von Unternehmen und Marken.