Volkswagen sollte von jetzt in enger Abstimmung mit den Behörden kommunizieren. Neben den personellen Konsequenzen sollte das Unternehmen alle notwendigen Maßnahmen treffen, dass dies oder Ähnliches nicht wieder vorkommt. Nur so wird man es schaffen, die öffentliche Angriffsfläche zu verkleinern.

Und was ist mittelfristig zu tun?

Die Kultur im Unternehmen muss sich ändern. Da muss dann auch die Frage gestellt werden: Ist es wirklich sinnvoll, diesen Margendruck auf Dauer und überall aufrechtzuerhalten?

Wie bitte? Das dürfte das letzte sein, was die Aktionäre hören wollen...

Natürlich sind Investoren nicht erfreut, wenn die Gewinne schlanker ausfallen als bei der Konkurrenz. Daran muss Volkswagen natürlich weiter arbeiten. Aber: Das Problem in erster Linie über Kostendruck zu lösen, kann es nicht sein, wie sich jetzt zeigt. Außerdem unterschätzen Sie eines nicht: Investoren lieben Ehrlichkeit, Transparenz und vor allem eine gute Börsenstory. Wenn einer die besten Autos baut und die sonstigen Fundamentaldaten stimmen, dann werden Aktionäre kurzfristig auch Einbußen bei der Marge in Kauf nehmen, wenn das Unternehmen auf diese Weise langfristig deutlich gestärkt wird. Zu Beginn einer Krise kommt die Reaktion des Kapitalmarkts immer sehr schnell und fällt in der Regel dramatisch aus. Auch hier sind am Anfang Emotionen im Spiel und es kann zu Übertreibungen kommen. Aber irgendwann fangen die Investoren wieder an zu rechnen und schauen auf die Fundamentaldaten.

Entscheidend wird sein, wie die Kunden in den nächsten sechs Monaten reagieren. Und die Chancen stehen gar nicht so schlecht, dass die meisten bei der Stange bleiben. Dann werden die Investoren irgendwann sagen: VW macht zwar gerade die größte Krise der Firmengeschichte durch, aber - hey - die können nach wie vor tolle Autos bauen und verkaufen Fahrzeuge im Wert von 200 Milliarden Euro. Dann wird man der Equity Story wieder neues Leben einhauchen können.

Dem Unternehmen ist zu raten, in den kommenden zwei Quartalsberichten die Verkaufszahlen noch detaillierter aufzuschlüsseln als sonst. Also noch mehr Transparenz walten zu lassen. Dann werden die Investoren genau erkennen, in welchen Märkten bzw. in welchen Segmenten es dennoch ganz positive Aussichten gibt.

Sollte VW jetzt alle Werbemaßnahmen einstellen?

Öko-, Diesel- oder Nachhaltigkeitskampagnen sollte man jetzt gewiss zurückfahren - diese Art von Spots macht derzeit sicher keinen Sinn mehr. Aber die Werbung ganz einstellen, das wäre wenig zielführend. Vielleicht sollte man noch bis Anfang kommenden Jahres warten. Dann aber ist es Zeit für eine große Imagekampagne: VW muss seinen Markenkern wieder stärken und die Glaubwürdigkeit zurückgewinnen.

Interview: Markus Weber


Autor: Markus Weber

Markus Weber ist seit 20 Jahren Mitglied der W&V-Redaktion. Als Nachrichtenchef ist er für die aktuellen Themen auf wuv.de zuständig. Darüber hinaus ist er innerhalb der Redaktion der Themenverantwortliche für "CRM & Data". Aufgewachsen ist Markus auf einem Bauernhof im Württembergischen Allgäu. Mit fünf Geschwistern.