
Lesetipp:
Wie rassistische Facebook-Trolle "GNTM" überrollen
Mag sein, dass Topmodel-Kandidatin Aminata den Fans nicht so gut gefällt. Rassistische Facebook-Hetze darf aber nicht sein. Wie Sender und die "GNTM"-Kandidatin überrollt werden – ein Lesetipp.
"Germany's Next Topmodel"-Kandidatin Aminata ist nicht die erste Farbige, die Heidi Klum in ihre ProSieben-Castingshow aufgenommen hat. Aber noch nie im Verlauf der bisher neun Staffeln hat es eine derart rassistische Hetzjagd via Social Web gegeben. Selbst ein Eingreifen von ProSieben Mitte April auf Facebook mit dem Appell "Stopp! Wir zeigen Rassismus die rote Karte" hat nicht viel genutzt. Weiter wird auf die 19-jährige Aminata mit Wurzeln an der Elfenbeinküste eingedroschen - es wird verbal gerotzt, unter die Gürtellinie geschlagen. Mag sein, dass die Topmodel-Kandidatin den Fans nicht so gut gefällt. Rassistische Hetze darf aber nicht sein. Die Grenze bei den Kommentaren verläuft oft fließend.
Beim "Tagesspiegel" hat Autorin Sonja Álvarez Aminata und Facebook genau im Auge behalten und schildert den Fall nun sehr ausführlich. Sie fragt sich jetzt: "Woher kommt der Hass im Netz?". Sie findet, dass ProSieben "überfordert" wirkt angesichts der Flut von Kommentaren. Als Aufhänger dient ihr ein Post des Senders vom Dienstag, ein Bild, auf dem Aminata weint und das auf die neue Folge "GNTM" am heutigen Donnerstagabend neugierig machen soll. "Mehr als 200 Kommentare folgen, darunter rassistische, beleidigende, widerliche: ‚Quotenneger‘, ‚gorilla fresse‘, ‚Germanys Next Top Baumwollpflückerin‘, ‚Scheiße ist die hässlich. Liegt wohl an der Hautfarbe‘, ‚DAS ist doch kein Topmodel. DAS gehört vergast‘" – das sind die Beispiele, die der "Tagesspiegel" herauspickt. Das ist aber nur die Spitze des Eisbergs: Gegen die Bergisch-Gladbacherin wird seit Wochen auf der Facebook-Seite des Senders, aber auch in ihrem eigenen Auftritt im sozialen Netzwerk gehetzt.
"Solche Pöbler sind in den sozialen Netzwerken allerdings kein neues Phänomen, doch treten sie offensichtlich immer offensiver und selbstbewusster auf – auch, weil ihnen dafür immer mehr Kanäle immer einfacher zur Verfügung stehen", zitiert das Blatt Jugendschutz.net. Ein Phänomen, mit dem sich W&V Online bereits auseinandergesetzt hat. Stichwort: Troll-Psychologie und der "Online-Disinhibition-Effect", eine kommunikative Freizügigkeit bei der computervermittelten Kommunikation. Die Hemmschwelle auch für negative und aggressive Mitteilungen ist demnach insgesamt herabgesetzt. Erkennbar im Social Web daran, dass Intimes oder Privates sehr viel leichtfertiger gepostet wird.
ProSieben betont jedenfalls gegenüber dem "Tagesspiegel" erneut, beim Thema Rassismus Null Toleranz zu kennen, alle rassistischen Kommentare löschen und gegen die Absender juristisch vorgehen zu wollen. Der Sender registriert alles in allem mehr Beteiligung denn je an "GNTM" via Social Web – wie er erst vor zwei Tagen verkündete und nach Bloßstellen der Favoritinnen durch "Bild" die eigene Top-Liste aufgrund von Facebook-Likes hinterher sendete. Aktuell solidarisiert sich der Münchner Privatkanal einmal mehr mit Aminata.
#GNTM ist heute nichts für schwache Nerven. Unser Liebling #Aminata hat heute eine schwere Zeit. Sogar der Notarzt kommt.
— ProSieben (@ProSieben) 24. April 2014