
Wie sich MTV hinter der Bezahlschranke macht
Ist die Pay-TV-Strategie von MTV aufgegangen? W&V-Online-Redakteurin Petra Schwegler hat mit dem obersten Sales- und Country-Manager Jin Choi über die Veränderungen in der ganzen TV-Familie gesprochen.
Fast ein Jahr ist vergangen, seit MTV Networks sein Aushängeschild MTV zum Jahreswechsel ins Pay-TV verschoben hat. Zeit für eine Bilanz über die ganze Senderfamilie hinweg. W&V Online hat bei Jin Choi nachgefragt, dem Senior Vice President Ad Sales North und Country Manager MTV Networks Germany.
Die Kult-Free-TV-Marke MTV ist zum Jahresstart hinter der Bezahlschranke verschwunden. Wie macht sie sich im Pay-TV?
Das war ein sehr gelungener Schritt für uns. Wir sind mit der Marke ja nicht aus dem Markt verschwunden, sondern haben uns im Rahmen unserer neuen Portfolio-Ausrichtung bewusst dafür entschieden, diese starke Marke im wachstumsstarken Abo-Markt zu positionieren. Unsere Rechnung ist aufgegangen.
Aus Sicht der Abozahlen?
Dazu können wir keine konkreten Angaben machen. Sicher ist jedoch bereits jetzt, dass sich MTV zu einer festen Größe im Abo-Fernsehen entwickelt hat, denn wir sind relevanter Bestandteil der Angebote aller deutschen Anbieter. Wichtig ist für uns darüber hinaus, dass wir mit diesem Schritt die Vollverbreitung von Viva, Nickelodeon und Comedy Central in Kabelnetzen und auf sonstigen Verbreitungswegen erreichen konnten.
Was bedeutet das konkret für die Free-TV-Sender Viva, Comedy Central und Nickelodeon?
MTV ist ein klares Premium-Thema. Die Top-Shows von MTV laufen zuerst bei MTV im Abo-Angebot und ergänzen in einem späteren Wertschöpfungsfenster das Viva-Programm. Inhalte auf diese Weise in unterschiedlichen Verwertungsmodellen und in definierten Zeitfenstern anzubieten ist Ausdruck unserer Content Windowing Strategie. Dieses Modell integrieren wir auf allen Plattformen und Verbreitungswegen, mit denen wir unsere Zielgruppen erreichen. Uns ist es in diesem Jahr damit außerdem gelungen, Viva durch eine neue Markenpositionierung und die MTV-Inhalte vielfältiger und älter zu machen - und wir konnten damit die Reichweite deutlich ausbauen. Im Vergleich zum Vorjahr hat Viva den Marktanteil bei den 14- bis 29-Jährigen um 28 Prozent erhöhen können. Bei Nickelodeon verzeichnen wir ebenfalls ein Wachstum von knapp zehn Prozent in der Zielgruppe der Drei- bis 13-Jährigen.
Kann auch Comedy Central profitieren, das als Kanal für lustige US-Serien auf den ersten Blick mit MTV weniger gemein hat?
Sogar sehr. Bei Comedy Central verzeichnen wir in der werberelevanten Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen sogar ein Plus von 23 Prozent bei den Marktanteilen.
Mit dem Quoten-Plus einher dürften Zuwächse bei den Werbeerlösen der frei empfangbaren Sender gehen. Können Sie das kompensieren, was durch MTV als Werbeumfeld verloren gegangen ist?
Größtenteils, aber nicht im vollen Umfang. Damit haben wir aber auch gar nicht gerechnet. Mit MTV erzielen wir neue und zusätzliche Erlöse aus dem Abo TV-Geschäft. Viva, Comedy Central und Nickelodeon laufen ebenfalls erfreulich und entsprechend unserer Erwartungen.
Im Frühjahr haben Sie erst einmal einige Mitarbeiter im Verkauf verloren. Wie ist das Team jetzt aufgestellt?
Auch unseren Sales Bereich haben wir dem neuen Gesamtportfolio entsprechend angepasst. So hat Mark Specht im September als Vice President Ad Sales GSA die Verantwortung für den gesamten deutschsprachigen Raum übernommen. André Mendo, Sales Director Viacom Brand Solutions, hat im Oktober zusätzlich die Vermarktungsverantwortung für den Kinder- und Familiensender Nickelodeon übernommen. Des Weiteren ist Sabrina Higgen zum Group Account Director aufgerückt. Und wir freuen uns über Neuzugänge wie Robin Karakash. Er verantwortet seit Juli den Bereich Brand Solutions. Insgesamt eine sehr stimmige Sache, ein hervorragend funktionierendes Team.
Zum TV-Jahr 2012 – wie geht es weiter?
Wir haben mit der neuen Strategie einen klaren Leistungszuwachs über das ganze Senderportfolio hinweg erzielt. Den gilt es zu erhalten und weiter auszubauen. Diese Zielsetzung gilt natürlich für all unsere Geschäftsbereiche wie Mobile, Consumer Products, Pay-TV und Interactive.
Mit dem Wechsel von MTV ins Pay-TV haben Sie 2011 für Schlagzeilen gesorgt. Welcher Hammer fällt 2012?
(Lacht.) Keiner. Oder nur ein kleiner. Wir verstärken unsere Ausrichtung auf unser weltweites Netzwerk und werden Anfang des Jahres in Viacom International Media Networks umfirmieren. Dadurch wird die globale Strategie mit allen Brands sichtbarer. Viacom richtet sich darauf aus, die Stärken als Global Player weiter auszubauen - und wir können so besser innerhalb des Netzwerks agieren und Synergien nutzen. So wird auch deutlich: Wir sind viel mehr als MTV.