Statt zu inspirieren, werden die zahlreichen Internetsammlungen zur Bedrohung des Kreativen. Die eigene Aufgabe erscheint angesichts der brillanten Vorbilder, als würden einem die Zuschauer beim Marathon schon bei Kilometer 10 begeistert zurufen, dass Dennis Kipruto Kimetto seinen Weltrekord eben unterboten habe. Dann noch weiterzulaufen, ist nur noch ehrenwertes Hobby, kein Beruf.

Die vitale Inspiration ist immer da, wo der Kunde ist. Der Vorteil des Kreativen ist die fehlende Betriebsblindheit – selbst wenn er auf einem Etat schon lange arbeitet, ist seine Perspektive eine andere als die der Marketingabteilung, deren Bild des eigenen Unternehmens zwangsläufig von Mitarbeiterfeedback und spezifischen Konventionen geprägt ist. Der Treibstoff für Kreativität sitzt nicht im Briefing, sondern in den vielen unausgesprochenen Sätzen, die immer gleich lauten: "So redet man in unserer Branche nicht" oder "Pink – sind Sie verrückt? Wir sind ein Klimatechnikunternehmen und Klimatechnik ist traditionell blau!".

Die interessante Reibung setzt vor allem dort ein, wo der Kunde längst ist, ohne es selbst zu wissen und noch viel häufiger dort, wo der Kunde es selbst nicht thematisiert, weil es ihm so alltäglich erscheint. Dazu muss man allerdings viel über den Kunden und seine Branche lesen – das sind die echten Inspirationsseiten, auf denen im Kopf die entscheidenden Dinge geschehen, die die Kampagne oder das Erscheinungsbild nach vorne treiben. "Das Klimamodul wird auf der ISS eingesetzt? Warum sprechen wir nicht darüber – das ist doch viel aufregender als diese zehnte openPR-Meldung über eine erfolgreiche Messeteilnahme?"

Die Ideen finden sich auf dem Weg von außen nach innen leichter als umgekehrt, weil man als Kreativer das Glück hat, die Außensicht noch zu kennen und sich für das begeistern zu können, was andere Nicht-Insider begeistern soll. Und plötzlich ist da auch eine Idee für eine Kampagne, die so direkt ins Herz zielt, wie diese vermaledeiten Vorbilder, an denen man zu scheitern drohte.

Das Vorab-Googeln verhindert nur die eigene Kreativität. Die Angst, der eigene Gedanke könnte schon gedacht worden sein, ist bei acht Milliarden Menschen nicht nur berechtigt, sondern eher eine statistische Wahrscheinlichkeit. Aber man sollte ihn eben auch erst bis zum Ende denken, bevor man herausfinden kann, ob er nicht in Wirklichkeit in einem ganz anderen Zusammenhang gedacht wurde. Oder mit einer völlig anderen Prämisse. Und erst wenn wir unseren eigenen Gedanken konsequent ausgearbeitet haben, wissen wir, ob er tatsächlich auch mit derselben Schlussfolgerung gedacht wurde.

Je mehr Parameter wir in die Waagschale werfen, desto unwahrscheinlicher wird es schließlich, dass unsere Kreation verwechselbar wird. Dann wird es wirklich gut und der Kunde bekommt einen Entwurf, der ihn aus der Masse hebt. Es muss schließlich nicht immer der Hund mit dem Papagei sein.

* Peter Breuer nennt sich einfach nur "Werbetexter"  - eine Berufsbezeichnung, die auf Creative Junior Copywriter Evangelists wie eine Eisdiele aus der Adenauer-Zeit wirkt. Er schreibt und konzipiert für Kunden aus zahlreichen Branchen und gilt als einer der besten Texter Hamburgs. Wer daran zweifelt, kennt seine Facebook-Seite und seine Tweets nicht.