Das Aufblühen der Kaufparadiese Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Gründe - die Industrialisierung war damals in vollem Gange. "Es wurden zum ersten Mal Produkte in größerem Maße gefertigt", erklärt Birgit Adam, die ein Buch über die Geschichte des Warenhauses geschrieben hat. "Das war die Grundlage für Geschäfte, die das Ganze verkaufen konnten." Hinzu kam demnach der Import neuer Produkte aus anderen Ländern. "Die Warenhäuser waren die Fläche, um das auszustellen, was es überall auf der Welt an Luxusgütern gab."

Die neueste Mode aus Paris oder exotische Früchte - das war neu und aufregend. Doch nicht nur das Innenleben der riesigen Konsumkammern faszinierte die Menschen: Warenhäuser prägten auch architektonisch das Aussehen vieler westdeutscher Innenstädte - zum Beispiel über die berühmte "Horten-Kachel" des Designers Egon Eiermann.

"Es war schon ein Anziehungspunkt", erklärt Adam. "Dadurch, dass sie sehr groß waren, hatten sie auch große Schaufenster, die entsprechend beleuchtet waren." Warenhäuser waren damit nicht nur das Symbol des Wirtschaftswunders. Sie waren das Symbol einer Konsumgesellschaft.

Die Verkaufsfläche erreicht dem Handelsverband zufolge noch heute in Einzelfällen mehr als 30.000 Quadratmeter. "Es zeichnet sich durch gleichzeitige Sortimentsbreite und Sortimentstiefe aus nach dem Prinzip: alles unter einem Dach", erklärt ein Sprecher.

Etwas von der einstigen Faszination lassen zwar die Luxuskaufhäuser KaDeWe in Berlin, Alsterhaus in Hamburg und Oberpollinger in München ahnen, die Karstadt-Käufer René Benko vor gut einem Jahr über seine Signa-Gruppe übernommen hat. In Kauf- und Warenhäuser zieht es die Menschen aber immer seltener: Lag ihr Umsatzanteil am Handel 1980 immerhin noch bei sechs Prozent, schrumpfte er zuletzt auf 2,6 Prozent, wie das Institut für Handelsforschung in Köln ausgerechnet hat.

Doch was nahm der Warenwunderwelt den Glanz? Vor allem ab Mitte der 1960er Jahre gab es nach Erkenntnissen des Handelsverbands zunehmend Probleme. Ein Grund waren neue Fachgeschäfte, die sich auf Waren spezialisiert hatten - und davon entsprechend mehr und zu günstigeren Preisen anbieten konnten. Hinzu kommt der Internethandel, der auch anderen Einzelhändlern das Wasser abgräbt. Experte Funder sieht gleich mehrere Baustellen: Sowohl bei Sortiment, Preis, Image als auch beim Service habe das Warenhaus zuletzt Nachteile gehabt.

Als große Warenhausketten bestehen heute in Deutschland nur noch Karstadt und der zur Metro AG gehörende Kaufhof. Spekulationen um eine Fusion der beiden zu einer Deutschen Warenhaus AG gibt es schon länger. Auch Handelsexperte Funder glaubt, dass sich letztlich ein großes Warenhaus durchsetzen wird. Dass es ganz verschwindet, glaubt er nicht. "Es ist Teil unserer Handelskultur." (Antonia Lange, dpa)