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Zurück in die Zukunft: Wie Maxdome den VoD-Markt aufmischen will
Amazon und Netflix bringen mit Eigenproduktionen und großen Budgets Dampf in den VoD-Markt. Der deutsche Anbieter Maxdome will es mit Anregungen aus dem linearen TV-Programm versuchen. Kuratierung heißt das Zauberwort.
Amazon und Netflix bringen mit Eigenproduktionen und großen Budgets Dampf in den VoD-Markt. Der deutsche Anbieter Maxdome will es anlässlich seines 10. Geburtstags mit Anleihen aus dem linearen Fernsehprogramm versuchen. Der Blick zurück soll die ProSiebenSat.1-Tochter nach vorn bringen. Neben dem Ausbau der Inhalte und der Erschließung neuer Vertriebswege geht es um Kuratierung - ein verbessertes Empfehlungssystem.
"Wir haben gemerkt, dass es viele Nutzer gibt, die bei dem aktuellen Überangebot orientierungslos sind", sagte Maxdome-Geschäftsführer Marvin Lange. Darum soll es künftig eine eigene Redaktion geben, die den Nutzern Tipps an die Hand gibt. Chefredakteur des Redaktionsteams ist Thomas Weiß, der zuvor stellvertretender Chefredakteur für die Programmzeitschriften "Hörzu" und "TV Digital" war. Seitenhieb auf Netflix, das sich stets algorithmushörig gibt: "Selbst der beste Algorithmus stellt die Nutzer auf Dauer nicht zufrieden. Wir wollen unseren Zuschauern nicht nur das umfangreichste Angebot bieten, wir möchten ihnen auch Orientierungshilfen geben. Deshalb punkten wir jetzt zusätzlich zu den automatisierten Empfehlungen mit einem redaktionellen Kontext, der deutlich über die klassischen Cover und Kurzbeschreibungen hinausgeht", sagte Co-Geschäftsführer Filmon Zerai.
"Bei unserer Marktforschung kam heraus, dass 60 Prozent der Streaming-Nutzer oftmals überhaupt nicht wissen, was sie schauen wollen, wenn sie sich ins Portal einloggen - sei es bei uns oder unseren Mitbewerbern", sagte Lange. "50 Prozent sind extrem frustriert, weil die Suche so kompliziert ist oder weil sie sich mit dem Partner nicht auf einen Film oder eine Serie einigen können - und über 20 Prozent brechen die Suche sogar entnervt ab."
Künftig will sich Maxdome, einst Vorreiter auf dem Video-on-demand-Markt (VoD) in Deutschland, darum auch am guten alten Fernsehprogramm orientieren. "Wir nehmen Anleihen am Fernsehprogramm und nutzen Instrumente wie Thementage." Außerdem gibt es künftig beispielsweise Tipps für "die besten Filme für Pärchen".
Maxdome erhofft sich dadurch einen entscheidenden Vorteil Konkurrenten wie Netflix und Amazon gegenüber auf dem heiß umkämpften Markt. Denn allein auf der inhaltlichen Ebene werde es immer schwieriger, sich zu unterscheiden, sagte Lange - auch wenn Maxdome seine Nutzerzahlen trotz des Markteintritts des großen Global Player Netflix jedes Jahr verdoppele.
Netflix und Amazon investieren unterdessen viele Millionen Dollar jährlich in Eigenproduktionen, um sich voneinander abzuheben. Amazon gewann Altmeister Woody Allen für eine Serie, bei Netflix drehen Adam Sandler und Angelina Jolie. Für den hiesigen Markt schloss Amazon einen Vertrag mit Publikumsliebling Matthias Schweighöfer, Netflix legt als erste deutsche Serienproduktion "Dark" auf. Eine erste Eigenproduktion plant Maxdome nach Angaben Langes nun auch - mit dem Anspruch, dass sie "locker mithalten kann" mit den Konkurrenzprodukten. Eine Serie soll es voraussichtlich werden.
Was die Verbreitungswege angeht, hat Maxdome neben der Partnerschaft mit Unitymedia inzwischen auch mit Tele Columbus eine Vereinbarung getroffen. Ab Mitte 2016 ist der Streamingdienst damit Bestandteil der Multimedia-Produktwelt von Tele Columbus, zudem via Amazon Fire TV und Fire TV Stick nutzbar. Ein weiterer neuer Vertriebspartner im stationären Bereich ist Rossmann; die Drogeriemarkt-Kette wird ab 2. Mai Maxdome-Geschenkgutscheine in ihren 2.000 Filialen führen.
Der Gesamtmarkt der Streaming-Dienste in Deutschland wird mit rund 4,2 Millionen Usern in Deutschland nach Angaben Langes zu 90 Prozent von Netflix, Amazon und Maxdome dominiert. Laut einer Studie der Wirtschaftsprüfer von Deloitte aus dem vergangenen Sommer ist Amazon in Deutschland mit 32 Marktanteil Marktführer, Maxdome folgt mit 18 Prozent, Netflix mit 13. Bei jungen Leuten sei demnach Netflix sehr beliebt.
Und weil das so ist, will Maxdome sich auf die nicht mehr ganz so jungen Nutzer konzentrieren. "Unsere User sind tatsächlich etwas älter als die von Netflix", sagte Lange. "Der Kern-Kundenstamm bewegt sich in einem Rahmen von 29 bis 50 Jahren, und das soll auch weiter die Zielgruppe sein: die junge, moderne Familie in Deutschland." (sh/dpa)