Stichwort Nutzwert: Was raten Sie einem Unternehmen, dessen Seite gerade erst online gegangen ist, und das sichtbarer werden will?

Man sollte sich klar machen, dass die Besucher durch unterschiedliche Kanäle auf die eigene Website aufmerksam werden. Der mögliche "Einstieg" sollte immer geprüft und kontrolliert werden.

Daraus ergeben sich folgende Basics:

1. Konsumieren Sie zur Prüfung die eigenen Inhalte selbst, auch über Suchen nach den eigenen Themen, und stellen Sie sich die Frage: Wie wird der Einstieg auf Ihre Website von jemandem wahrgenommen, der von außen kommt und die Brand noch gar nicht kennt? Passt mein Angebot zur Suchstellung? Stichwort Snippets, also Textanrisse und Vorschaubilder auf Bing und Google: Bei vielen Unternehmen sehen diese oft unattraktiv aus und animieren nicht zum "Klick". Über Meta-Informationen können diese selbst beeinflusst werden.

2. Strukturieren Sie Ihre Seite und damit Ihren Content sinnvoll und übersichtlich aus Sicht des Besuchers. Eine strukturierte und thematisch zusammenhängende Navigation oder Zwischenüberschriften helfen auch der Suchmaschine, besser zu verstehen.

3. Sehen Sie sich ihr Umfeld gut an: Vielleicht finden Sie Potenzial in von ihren Konkurrenten vernachlässigten Verticals wie "Bilder" oder "Videos"? Nutzen Sie inhaltliche Defizite der Konkurrenz, um allgemein sichtbarer zu werden.

4. Der "Screen Estate" auf der wichtigen ersten Ergebnisseite ist begrenzt. Wenn es um ihre Brand geht: Vielleicht können Sie zusätzliche Plätze durch sinnvolle Firmenprofile auf Portalen wie Xing, Facebook oder Twitter dazu nutzen, weitere Plätze zu besetzen?

5. Ein weiterer Weg in die Sichtbarkeit: SEA – bezahlte Anzeigen können eine zusätzliche Hilfe sein. Das Budget muss allerdings sinnvoll eingesetzt werden.

Wie wichtig ist Social Media für den Platz im Suchmaschinen-Ranking?

Social Media gehört nicht zum klassischen Suchmaschinenmarketing und hat für das reale Ranking bei Bing oder Google relativ geringe Relevanz. Neue Inhalte tauchen aber oft schneller in den Suchergebnissen auf und auch über Social kann ich jede Menge Traffic bekommen.

Allgemein gilt indes beim Online Marketing: Die gewählten Kanäle müssen für das Unternehmen Sinn machen. Wenn ein mittelständischer Holzhändler ein bis zwei Mal die Woche über Tropenholz tweetet, weil das eine unseriöse Agentur so empfohlen hat, bringt das wenig bis nichts.

Schwarze Schafe gibt es sicher auch im SEO-Bereich. Woran erkenne ich als Kunde, ob meine Agentur dazu gehört?

Sie müssen alles hinterfragen, wofür Sie Geld bezahlen. Aber wenn Ihnen jemand die SEO-Flatrate mit Ranking-Garantie, vielleicht sogar für ein Budget von 100 bis 150 Euro im Monat, verkaufen will, ist sicher etwas faul. Ebenso, wenn Ihnen der Dienstleister nicht sagen will oder erklären kann, was er da eigentlich macht. Von irgendwelchen Tricks oder diffusen "Geheimnissen" sollten Sie Abstand halten. Gerade im Online-Bereich wird zu wenig hinterfragt, weil es oft zu kompliziert scheint. Der Vorteil des Online Marketings gegenüber vielen anderen Marketing Aktivitäten: Wirklich alles ist messbar.

Da es keine klassische SEO-Ausbildung gibt, ist es manchmal schwierig, die fachliche Qualifikation von Dienstleistern vorab zu beurteilen. Eine Möglichkeit zur Vorauswahl könnte das vom BVDW vergebene Zertifikat im Bereich SEO sein: Um sich zu bewerben, müssen Agenturen einen "Code of Conduct" für sauberes und transparentes Arbeiten unterzeichnen und nachvollziehbare Cases einreichen. Diese werden anonymisiert geprüft – die Durchfallquote liegt übrigens bei etwa 45 Prozent, das ist also kein Sitzschein. Beschwert sich im Nachgang ein Kunde beim Verband zu Recht über schlechte Arbeit, ist das Zertifikat wieder weg.

Was kann ein Unternehmen tun, wenn in den Suchergebnissen neben der eigenen Seite auch viele negative Einträge auftauchen?

Seriöse Firmen haben dieses Problem normalerweise nicht, es gibt vielleicht mal einen kritischen Blogbeitrag. Viel häufiger sind etwa schlechte Online-Bewertungen, die nach Kontakt mit dem Kundenservice abgegeben wurden– intern hat sich das oft niemand angesehen. Das betroffene Unternehmen könnte aber in so einem Fall einiges über die eigenen Kunden lernen.

Ganz anders sieht es dagegen beim Shitstorm aus: Wenn zum Beispiel das Plastikteilchen im Mars-Riegel auftaucht, ist das in erster Linie kein Fall für den SEO, sondern für die PR-Agentur.

Sie haben bereits viel von Inhalten gesprochen. Was fällt Ihnen zum Begriff Content-Marketing ein? Unter den Werbern herrscht noch Uneinigkeit, manch einer spricht von der "Content-Lüge".

Die Problematik bei der ganzen Debatte liegt meiner Meinung nach darin, dass Content-Marketing sehr unterschiedlich definiert wird. Die einen verstehen darunter einfach das neue Link-Building: Ihre Inhalte oder Infografiken sollen einfach nur verlinkt werden. In simpler Form ist das dann eher minderwertiges Content Marketing.

Richtiges Content Marketing heißt für mich dagegen kreatives Storytelling und Brand Building. Gute Inhalte zu produzieren und auch ansprechend zu visualisieren kostet natürlich, spiegelt sich im Erfolg dann aber auch nachhaltig im Suchmaschinen-Ranking wider. Das bedeutet auch: Ich muss online immer im Kontakt mit meiner Zielgruppe stehen, die über mich und meine Themen spricht. Das darf natürlich nicht so plump sein, dass ich einfach den Praktikanten etwas irgendwo in die Kommentare klatschen lasse.

Allgemein gilt natürlich, dass auch gute Inhalte kommuniziert und sichtbar gemacht werden müssen: Ich kann die hübscheste Tochter haben, aber wenn sie immer zuhause bleibt, wird sie wahrscheinlich nie heiraten.