
W&V Marketing Convention:
"Weg der kleinen Schritte": Wie Bahlsen den Turnaround schaffte
Bahlsen-Managerin Caroline Vulter erklärt, wie es der über hundert Jahre alten Produktmarke Bahlsen gelungen ist, ihr Alter hinter sich zu lassen.

Foto: Bahlsen
Warum sollte eine betagte Marke wie Bahlsen keinen Jugendjargon sprechen? Weil das aufgesetzt wirkt - und unglaubwürdig. Letztlich hilft es der Marke vielmehr, wenn sie stimmig zu ihrer Herkunft und ihrem Alter kommuniziert. Wie sich die Marke trotzdem für junge Zielgruppen attraktiv macht und dabei den Erfolg kontinuierlich überprüfen kann, erklärt Caroline Vulter, Senior Brand Managerin Bahlsen, in einem ausführlichen Best Case bei der W&V Marketing Convention. W&V hat vorab mit ihr gesprochen.
Junge Marken haben den Vorteil, den Zeitgeist der modernen Zielgruppe sofort aufzugreifen. Wie ist das für bereits betagtere Marken wie Bahlsen: Was muss getan werden, um beim Zeitgeist nicht den Anschluss zu verlieren?
Eine Marke sollte idealerweise nicht jung sein wollen, sondern zeitlos. Das erreicht man nur, wenn man nicht im Hauruck-Verfahren plötzlich alles ändern will. Eine Marke will kontinuierlich gepflegt werden. Und dabei ist ganz wichtig, sich selbst treu zu bleiben und sich nicht zu verbiegen. Die Unternehmensmarke aber auch die Produktmarke Bahlsen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zeitlos sind und seit über 100 Jahren am Markt bestehen. Das gleiche gilt natürlich auch für die Marke Leibniz. Dabei sind wir immer offen für Neues, sei es für neue Trends, neue Verbrauchergewohnheiten oder andere Verwendungsanlässe – aber nur wenn es zur Marke passt.
Wie gelingt es dennoch auch die Stammklientel der Traditionskekse bei der Stange zu halten?
Man muss den Weg der kleinen Schritte beschreiten: Darüber kann man die Stammkundschaft mitnehmen und neue Verwender überzeugen. Das gilt sowohl für das Verpackungsdesign, wie für die Kommunikationsstrategie als auch für deren Ausführung. Zudem haben wir das Glück durch unsere Marken in den Zielgruppen breit aufgestellt zu sein. Damit kanalisieren wir Trends und Innovationen und steuern sie für die Marken aus.
Welche Rolle spielen dabei digitale Kanäle - helfen Sie der Marke ein junges Gesicht zu geben? Wie und warum?
Natürlich spricht man im Social Web tendenziell mit den jüngeren Konsumenten. Es tut einer Traditionsmarke aber gut, auch dort aktiv und präsent zu sein. Auf der einen Seite erreichen wir so unsere Käufer von morgen. Auf der anderen Seite gibt es sehr viele in den mittleren und älteren Käuferschichten, die immer aktiver werden. Wir achten bei unserer Kommunikation aber darauf, dass sie zur Marke passt und nicht aufgesetzt wirkt. Eine generell andere Sprache sprechen wir zum Beispiel mit der Marke Pick up. Die Marke hat eine sehr junge Zielgruppe und deswegen auch eine ganz andere Art von Kommunikation. Pick up ist anders und im Vergleich zu Bahlsen - salopp formuliert: sehr frech.
Sind klassische Kanäle wie TV, Print oder Outdoor denn ein No-go, wenn man modernen Zeitgeist verströmen will?
Auf keinen Fall! Gerade im FMCG-Bereich spielen die klassischen Kanäle eine große Rolle. Man darf nicht blind irgendwelchen Hypes hinterherlaufen und die klassischen Marketinglehre inklusive der Tools und Kanäle über Bord werfen. Augenmaß ist gefragt und ein sehr tiefes Verständnis für die Wirkungsweise der Kanäle auf die Zielgruppe. Ich denke es geht vielmehr darum, dass die unterschiedlichen Kanäle mit der entsprechenden Kreation bespielt werden, aber im Groben mit der gleichen Botschaft: Das kann man zum Beispiel auch mal mit einer guten digital-Idee OOH bewerkstelligen. Je vernetzter alle Kanäle hierbei sind, desto besser.
Wie lässt sich zuverlässig messen, ob die Strategie auch aufgegangen ist?
Ich bin ein großer Fan von jeder Art von Kundenfeedback - vor allem von direktem Konsumentenfeedback. So ist das Marketing-Team beispielsweise bei jedem Tour-Stopp der „Bahlsen Sweet on Streets-Tour“ als Promoter vor Ort vertreten. Was man dabei durch die Konsumenten erfährt, ist durch ein Tracking-Tool nicht abzubilden. Darüber hinaus nutzen wir natürlich alle Möglichkeiten, unseren Erfolg auch messbar zu machen. Neben klassischer Marktforschung, definieren wir beispielsweise vorab die KPIs und messen dann über die unterschiedlichen Tools, die uns zur Verfügung stehen die Werbewirkung, die Konsumentenzufriedenheit und Kaufbereitschaft. Und selbstverständlich werden unsere gesamten digitale Aktivitäten analysiert und ausgewertet.
Auf der W&V Marketing Convention wird in diesem Jahr zum Thema "Werbung, Wirkung, Währung: Die Revolution in der Customer Journey" diskutiert. Mit dabei: Johannes Steegmann, CMO Rewe Digital, Caroline Vulter, Senior Brand Managerin Bahlsen, Markus Wagner, VP Marketing Flixbus, Antje Neubauer, CMO, Deutsche Bahn und Kai Thornagel, Head of Digital Sales Activation Mondelēz International. Zum vollständigen Programm und Anmeldung geht es hier.