
W&V Marketing Convention:
Schluss mit den starren Customer-Journeys: Wie Modomoto Kontaktverläufe erfasst
TV und Digital sind die Leitmedien bei Modomoto. Im Gespräch mit W&V erklären Andreas Fischer, CEO Modomoto, und Bastian Schwärmer, Managing Partner Digital Initiative, warum.

Foto: Modomoto
Früher war Werben noch einfach: Ein bisschen TV und Radio und ein paar Anzeige in Print. Doch heute wird die Customer Journey immer komplexer, und es ist nicht mehr so leicht, Kanäle auf ihre Wirkung hin zu bewerten und miteinander zu vergleichen. Im Gespräch mit W&V erklären Andreas Fischer, CEO Modomoto und Bastian Schwärmer, Managing Partner Digital Initiative wie sie dem optimalen Media-Mix auf die Schliche kommen.
Herr Fischer, an welche Zielgruppe richtet sich Modomoto genau: alle Männer? Oder gibt es da eine engere Eingrenzung?
Andreas Fischer: Unsere Kunden sind Männer, die voll im Leben stehen und für die Zeit in der Regel ein sehr kostbares Gut ist. Sie wollen gut angezogen sein, möchten dafür aber nicht viel Zeit oder Energie aufwenden. Ihre Samstagvormittage verbringen sie lieber mit der Familie im Garten als in einer überfüllten Einkaufsstraße. Außerdem sind Männer oft sogenannte Bulk-Shopper: Ihnen ist es wichtig, schnell und unkompliziert ihren Kleiderschrank für die Saison zu füllen. Danach wollen Sie sich nicht mehr damit beschäftigen. Das passt perfekt zu unserem Konzept.
Wie targeten und bewerben Sie diese Zielgruppe?
Fischer: Wir haben uns für einen breiten Mediaansatz mit TV und Digital als Leitmedien entschieden. Dabei achten wir auf einen ausgewogenen Mix aus Display-Advertising, Social Media und klassischem TV. Wesentliches Element unseres Media-Mix ist zudem Empfehlungsmarketing. Empfehlungen beinhalten ein großes Extra: Vertrauensvorschuss. Damit steigt die Kaufbereitschaft, und der Zyklus bis zum Kauf verkürzt sich deutlich.
Schwärmer: Empfehlungs-Marketing gewinnt als Teilbereich des Performance Marketings zunehmend an Bedeutung. Empfehlungsgeber sind bereits glühende Verehrer einer Marke und damit authentische Brandambassadoren, egal ob on- oder offline.
Welche Kanäle und Plattformen stehen dabei explizit im Fokus - und warum?
Fischer: Fokuskanäle sind ganz klar TV und Facebook. Mit einem konsequenten Storytelling-Ansatz erklären wir die Mechanik und den Service. Unser Ziel ist hier eindeutig Awareness für den Service, den Modomoto bietet. Mit klassischem Retargeting im Bereich Paid, Search, Organic Search und Display steigern wir den Absatz.
Aufgrund welcher Daten werden diese Entscheidungen für den Media-Mix getroffen?
Fischer: Kern unserer Datenanalyse ist das Costumer Journey-Tracking. Wichtige Kennzahlen sind sowohl die jeweiligen Kundengewinnungskosten als auch der durchschnittliche Warenkorbwert. Nur so erreichen wir eine klassische Return-on-invest Logik auf Basis unserer Trackings. Darüber hinaus schauen wir uns den Customer Lifetime Value genau an. Diese richtungweisende, vergangenheits- und zukunftsbezogene Kennzahl mit Prognose-Charakter ermöglicht uns beispielsweise eine zielführende Kundenklassifizierung auf dessen Basis die Investitionen in jedes Kundensegment so optimiert werden, dass der ROI möglichst hoch ausfällt.
Schwärmer: Herkömmliche Kennzahlen zur Ermittlung profitträchtiger Kunden beziehen sich ausschließlich auf das vergangene Kundenverhalten als Basiswert. Damit sind sie gut geeignet, um bisheriges Kundenverhalten zu analysieren und Kunden für bestimmte Zwecke zu segmentieren. Ein Kunde, der gestern 200 Euro für Schuhe in meinem Webshop gelassen hat, muss das nicht unbedingt wieder tun. Mit dem CLV bietet sich uns eine hervorragende Messgröße für mediastrategische Entscheidungen. Die TV-Kampagne von Modomoto zum Beispiel begleiteten wir mit einem medienübergreifenden Tracking und zeitnaher Optimierung. Neben den digitalen Kanälen integrierten wir TV in die Customer Journey und konnten mediale Silos aufbrechen.
Welche Regeln lassen sich ableiten, die für andere Marken auch anwendbar sind?
Schwärmer: Das Beispiel Modomoto zeigt, dass die bewährten klassischen Zielgruppen-Modelle und Segmentierungen zunehmend an ihre Grenzen stoßen. Sie bilden die Vielfalt der Motivationen und die Dynamik der Veränderung nicht ab. Smarte und innovative Datenerhebungs- und Analysemethoden erlauben uns, starre Customer-Journey-Modelle zu überdenken, neu zu definieren und basierend darauf die optimale Kommunikationsstrategie zu entwickeln. Wir müssen bedenken, jeder Kontakt mit einer Marke hinterlässt Spuren. Dabei ist es im Prinzip egal, ob eine Markenbotschaft als „Awareness“-Kontakt oder ein konkretes Angebot als „Abverkaufs-Kontakt“ letzten Endes zum Kauf geführt hat. Wichtig ist zu verstehen, welche Kontaktverläufe in welcher Reihenfolge die wirksamsten sind. Und das über alle Medien hinweg.
Denken Sie, dass Sie als junge Marke einen gewissen Vorteil gegenüber etablierten Marken haben, die Customer Journey zu gestalten? Warum?
Fischer: Als erster Anbieter am Markt hatten wir es mit Sicherheit einfacher, als etablierte Marken oder alteingesessene Konzerne. Der Neuigkeitsfaktor sowie die Tatsache, dass Konsumenten einer jungen Marke erst einmal Authentizität zuschreiben, brachten sicher einige Startvorteile. Grundsätzlich kann jedoch jede Marke die Costumer Journey und damit verknüpften Kanäle und Kontaktpunkte gleich gestalten. Einen Unterschied zwischen jungen und tradierten Marken gibt es hier aus meiner Sicht nicht.
Auf der W&V Marketing Convention wird in diesem Jahr zum Thema "Werbung, Wirkung, Währung: Die Revolution in der Customer Journey" diskutiert. Mit dabei: Johannes Steegmann, CMO Rewe Digital, Caroline Vulter, Senior Brand Managerin Bahlsen, Markus Wagner, VP Marketing Flixbus, Antje Neubauer, CMO, Deutsche Bahn und Kai Thornagel, Head of Digital Sales Activation Mondelēz International. Zum vollständigen Programm und Anmeldung geht es hier.