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Wimbledon-Finale: Darum lässt Sky die ARD abblitzen
Die ARD hat sich aus Quotengeilheit jahrelang nicht um Vielfalt und Grundversorgung in der Sportberichterstattung geschert - und wundert sich jetzt, warum Sky das Tennis-Finale mit Sabine Lisicki lieber exklusiv zeigen will.
Sie ist die erste deutsche Tennisspielerin seit 1999, die ein Wimbledon-Finale erreicht: Sabine Lisicki. Zuletzt war es Steffi Graf gelungen, auf dem so genannten „Heiligen Rasen“ ein Endspiel zu bestreiten. Damals war Tennis eine Massen-Attraktion, die Deutschen spielten ganz Oben mit und die Öffentlich-Rechtlichen übertrugen stundenlang.
Anfang der 2000er Jahre spielten die Deutschen dann keine Rolle mehr im Tennis, es wurde eine Randsportart, die Öffentlich-Rechtlichen stiegen aus der Übertragung aus, sie hätte ihre Marktanteile massiv nach Unten gedrückt.
Sicher: Vielleicht hätten in den letzten zehn Jahren, als andere Nationen den Sport bestimmten, statt zwölf Millionen nur noch zwei Millionen Zuschauer den Bällen bei ARD oder ZDF hinterher geschaut. Aber: Selbst wenn es nur eine Million gewesen wäre – es hätte die Sender nicht jucken müssen und dürfen. Einerseits natürlich, das Totschlagargument, weil ihre wirtschaftliche Grundlage in Form von Gebührengelder auch so gesichert gewesen wäre.
Andererseits aber haben die Sender zum einen – eine 1986 vom Bundesverfassungsgericht begrifflich geprägte – Grundversorgung zu erfüllen. Zum anderen sollen sie Vielfalt sichern. Der Deutsche Tennis Bund weist für das Jahr 2012 eine Mitgliederzahl von rund 1, 5 Millionen aus. Sollten die öffentlich-rechtlichen Anstalten diese Tennis-Fans einfach aus Quotengeilheit ignorieren? Es ist eben nicht alles Fußball. Selbst ARD-intern sieht man die die Fixierung auf das runde Leder kritisch. Gerade erst hat der Rundfunkrat des MDR in einem Positionspapier angemahnt, die ARD gebe mit rund 70 Prozent des gesamten Sportrechte-Etats zu viel Geld für Fußball-Rechte aus – und gefährde damit auch die Vielfalt des Angebots.
Wie auch immer: Tennis ist mittlerweile ins (privatwirtschaftliche) Bezahlfernsehen abgewandert und aus der öffentlichen Wahrnehmung des Massenpublikums weitgehend verschwunden, weil es statt potenziell rund 80 Millionen nur noch rund drei Millionen Pay-TV-Kunden von Sky sehen können. Die Bezahl-Plattform besitzt in Deutschland derzeit die exklusiven Übertragungsrechte. Und die Sky-Leute leisten in diesem wie im vergangenen Jahr hervorragende Arbeit.
Wohl nicht zuletzt auch in diesem Wissen, zeigen die Manager des Pay-TV-Anbieters der ARD jetzt zum zweiten Mal in zwei Jahren die kalte Schulter. Denn wie im vergangenen Jahr, als Angelique Kerber das Frauen-Halbfinale erreicht hatte, hat die ARD bei Sky angefragt, ob man jetzt nicht vielleicht doch auch das Finale des Grand-Slam-Turniers mit Sabine Lisicki übertragen könne. Nein, sagt Sky. Man habe das Angebot der ARD eingehend geprüft und für nicht ausreichend erachtet, so ein Sprecher gegenüber dem Medienmagazin DWDL.de. Die ARD wiederum wirft Sky "überzogene Preisvorstellungen" vor.
Das Monetäre, es wird wohl eine nicht unwichtige Rolle beim Vorgehen von Sky gespielt haben. Allerdings werden auch strategische Gründe dahinter stehen. Das Halbfinale mit Lisicki hatte bei Sky 230.000 Zuschauer – und erzielte damit 3,1 Prozent Marktanteil bei den Werberelevanten. Nicht schlecht für die Pay-TV-Plattform. Es wäre nicht erstaunlich, wenn es beim Finale noch ein paar Zehntausend mehr wären.
Für Sky ist es essenziell, Populäres und Exklusives im Portfolio zu haben. Das steigert die Attraktivität und – so natürlich die Hoffnung bei Sky – die Abonnentenzahlen. Dieses Geschäftsjahr möchte man endlich mit operativ schwarzen Zahlen abschließen. Und mit hohen Zuschauerzahlen bei exklusivem Content sowie einer angeblichen Empfehlungsrate von knapp 50 Prozent, stehen die Chancen dafür nicht schlecht. Da wird man den Teufel tun und seine Inhalte mit der ARD teilen, die sich jahrelang nicht um den weißen Sport geschert hat.
2010 hat Sky die Rechte erworben, nach dem Herren-Finale am Sonntag läuft der Dreijahresvertrag aus. Ein neuer Wimbledon-Deal steht an. Sollte Sabine Lisicki am Samstag gewinnen, wird es bei den Verhandlungen vielleicht etwas härter zur Sache gehen. Denn Tennis ist wieder auf dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung. Die Öffentlich-Rechtlichen haben die Chance, zu beweisen, dass sie ein Interesse an Vielfalt und wirklicher Grundversorgung haben. Für Sky wird es darauf ankommen, Exklusivität zu sichern.