Fazit: Zu teuer, seltsam, es gibt keinen Lieferdienst und wenn doch, dann ist es der falsche Laden. 

All diese Probleme kann Aldi für eine große Menge potenzieller KundInnen auf einen Schlag lösen. Für eine ziemlich große Menge KundInnen. 

Discounter haben einen großen Marktanteil und können den aktuell noch kleinen E-Food-Markt schnell wachsen lassen.

Während der Pandemie hat der Online-Lebensmittelhandel einen Schub bekommen und die deutschen VerbraucherInnen, die notorisch misstrauischen Gewohnheitstiere, dazu bewegt, auch online Lebensmittel zu bestellen. Mit dem Ergebnis, dass immerhin  27 Prozent der Bundesbürger schon einmal Lebensmittel online bestellt und sich direkt an die Tür haben bringen lassen. Das ergab im Oktober 2022 eine GfK-Umfrage im Auftrag des Zahlungsdienstleisters Mastercard.

Etwa 80 Prozent davon kauft weiter online Lebensmittel, allerdings nur etwa mehr als die Hälfte so richtig regelmäßig. Also mindestens einmal in der Woche. Sprich von den einst 27 Prozent bleiben unter dem Strich gerade mal 14,85 Prozent der Bundesbürger, die tatsächlich regelmäßig online Lebensmittel kaufen.

Sicher, ein relevanter Markt, aber noch lange nicht der große Durchbruch für den Lebensmittel-Onlinehandel.

Laut Bundeskartellamt teilen sich die vier großen Handelsunternehmen Edeka, Rewe, Aldi und die Schwarz-Gruppe (u. a. Lidl) über 85 Prozent des Marktes unter sich auf. Die Discounter machen einen großen Teil des Marktes aus und wachsen aktuell.

"Discounter voll auf der Überholspur", titelt Supermarkt Inside und betont, dass die Discounter im vergangenen Jahr aufgrund der Inflation und der schwierigen konjunkturellen Lage einen erheblichen Kundenzustrom erlebt und mit einem Plus von 2 Prozent mittlerweile einen Marktanteil von 36,9 Prozent erreicht haben.

Wenn Aldi startet und einen Lieferservice und Click&Collect anbietet, wird das einen Dammbruch auslösen

  1. Kunden, die überwiegend bei Discountern einkaufen, können erstmals zu ihrem gewünschten und benötigten Preisniveau online bestellen.
  2. Markentreue Kunden, die gezielt bei Aldi einkaufen wollen, können bei ihrem Wunschladen bestellen.
  3. Die Verfügbarkeit der Onlinebestellung im Discounterbereich wird zu einer "Normalisierung" des Services führen. Es ist keine überkandidelte Hipster-Beschäftigung mehr, die von Fahrradkurieren in Berlin Prenzlauer-Berg praktiziert wird, wenn Hinz und Kunz bei Aldi bestellen.
  4. Der potenzielle Markt ist so groß, dass weitere Marktteilnehmer unter Zugzwang gesetzt werden. Sonst verlieren sie Marktanteile.

Eine einzige Voraussetzung muss Aldi erfüllen: einen mutigen, schnellen Rollout im gesamten (sagen wir zumindest südlichen) Bundesgebiet. (Im Moment beschränkt sich das Pilotprojekt ja auf Aldi Süd.)

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Autor: Jochen G. Fuchs

Jochen G. Fuchs, a.k.a. E-Fuchs, betreut das Themenfeld Commerce bei W&V und ist Kurator der CommerceTECH Conference. Der Journalist, Autor und Verleger ist seit 1999 in wechselnden Rollen im digitalen Handel tätig gewesen und schreibt seit mehr als 10 Jahren über Digital Commerce. Sein Interesse gilt vorwiegend den Themen CommerceTECH (ShopTech, RetailTech), Customer Experience und Nachhaltigkeit im digitalen Handel.