Können Sie auch Zahlen zum GMV des Marktplatzes verraten?
Braun: Da wir mit dem Marktplatz noch am Anfang stehen, kommunizieren wir hier noch keine konkreten Zahlen. Ich kann aber sagen, dass Decathlon bis 2026 60 Prozent seiner Umsätze online machen und den Gesamtumsatz (GMV) auf dann 2,5 Milliarden Euro erhöhen will. An dieser Entwicklung soll der Marktplatz einen signifikanten Anteil haben.

Das Ziel: Ein Sortiment von Angeln bis Zelten

Warum hat sich Decathlon überhaupt für ein Marktplatz-Modell entschieden?
Braun: Wir verstehen uns als Generalist für die Sportbranche - das heißt, wir haben bereits mit mehr als 100 Sportarten ein sehr breites und tiefes Sortiment. Wir wollen alle Sportarten von Angeln bis Zelten abdecken und in diesen Sportarten alles von der Laufsocke bis zum Ersatzteil fürs Sportgerät anbieten. Das ist natürlich eine Herausforderung; deshalb setzen wir neben unserer Eigenmarkenstrategie auf weitere attraktive Marken auf unserem Marktplatz, sowohl in Kernsportarten wie beispielsweise Berg- und Wassersport als auch in Randsortimenten.      

Dann hoffe ich mal auf ein paar weitere Partner mit Baseball-Sortimenten. Baseball-Schuhe für meinen Sohn habe ich kürzlich auf Decathlon.de vergeblich gesucht…
Braun: Das schreibe ich mir gleich mal auf. Da findet sich sicher bald ein passender Partner, der diese Lücke schließen kann.

Wie finden Sie denn neue Partner? Gehen Sie gezielt auf Hersteller und Händler zu oder gibt es einen Anmelde-Vorgang?
Braun: Beides. Einerseits gibt es ein Anmeldeformular auf der Website, in dem sich interessierte Händler und Hersteller vorstellen können. Auf so eine Bewerbung reagieren wir in der Regel innerhalb weniger Tage. Andererseits gehen wir aber auch aktiv auf mögliche Partner zu, die wir attraktiv finden. Dafür suchen wir immer das 1:1-Gespräch.

Welche Partner sind denn aus Ihrer Sicht besonders attraktiv für Decathlon?
Braun: Wir zielen klar auf Sport-Spezialisten ab, die unser Sortiment im Long- und Shorttail ergänzen. Zudem sind wir auf der Suche nach langfristigen Beziehungen, mit guten Win-Win-Ergebnissen für beide Seiten. Deshalb müssen auch die Unternehmenswerte zu uns passen. Und dann gibt es natürlich sehr klare Anforderungen in Sachen Qualität: Wir monitoren die Performance unserer Partner im Bereich Service, Lieferkosten, Lieferzeiten, Retourenzeiten, Produktreviews, Service-Qualität etc. sehr eng. Auch die Datenqualität ist entscheidend, weil wir bei Decathlon großen Wert auf sehr detaillierte Filter legen. Abgesehen davon haben wir aber kaum klare Vorgaben; wir integrieren große Händler und Marken genauso wie kleine Hersteller-Start-ups.

Spannende Sortimentsnischen für Partner

Und sortimentseitig? Was ist da besonders interessant?
Braun: Seit heute Baseball-Sortimente für Kinder und Jugendliche! Tatsächlich gibt es in fast allen Nischensportarten, Sortimentsbereiche, die wir noch nicht abdecken. Vor kurzem haben wir beispielsweise mithilfe von Marktplatz-Partnern die neue Kategorie Fahrrad-Downhill aufgenommen, in der wir jetzt auch Integralhelme und Protektoren anbieten. Aber auch in klassischen Sportarten sind wir auf Partnersuche.

Wie läuft das Onbarding ab?
Braun: Das kommt auf die verfügbare Technik an. Das Onboarding kann bei wenigen Produkten in ein bis zwei Tagen über die Bühne gehen, manchmal dauert es aber auch 6 Wochen, je nach Anbindung und technischen Knowhow auf Partnerseite. Wir bieten verschiedene Connectoren und arbeiten mit Integratoren zusammen, die Schnittstellen zum Decathlon-Marktplatz anbieten.

Und die Konditionen?
Braun: Liegen je nach Kategorie zwischen 10 und 16 Prozent.

Decathlon ist mit seinem Marktplatz nicht nur in Deutschland aktiv…
Braun: ...sondern auch in 11 weiteren europäischen Ländern, richtig. Davon profitieren auch unsere Marktplatz-Händler. Wer auf einer Plattform verkauft, kann seine Produkte mit ein paar Klicks auf den anderen internationalen Marktplätzen live schalten. Voraussetzung dafür ist aber, dass der Content für die anderen Länder passend vorliegt, also Produkttexte beispielsweise übersetzt sind.

Warum sollten Händler und Hersteller auf Decathlon verkaufen, statt beispielsweise auf Amazon?
Braun: Generalisten-Marktplätzen fehlt das dezidierte Sport-Know-how. Zum Beispiel sind die Sportsortimente oft flach - und die vorhandenen Produkte lassen sich oft nicht nach den relevanten Kriterien filtern. Als Sportspezialist verstehen wir die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden, aber auch die unserer Partner.

Was meinen Sie damit?
Braun: Wir sind mit unserem Marktplatz ganz klassisch gestartet; unsere ersten Partner waren Marken und Herstellern, die das Endkundengeschäft schon beherrschen. Wir haben aber schnell festgestellt, dass es im Sportbereich eine Menge Hersteller gibt, die dieses Endkundengeschäft eben nicht beherrschen. Das war der Beginn unserer Fulfillment-Lösung: Anfang des Jahres haben wir unsere Lager in Deutschland für Partner geöffnet. Diese können ihre Produkte für den Marktplatz-Verkauf bei uns einlagern und wir übernehmen für sie das gesamte Fulfillment.

Wie soll sich der Decathlon-Marktplatz in den nächsten 12 Monaten entwickeln?
Braun: Wir wollen unser Sortiment sukzessive erweitern und die Zahl unserer Marktplatz-Partner erhöhen. Außerdem werden weitere Länder-Marktplätze online gehen. Auch unser Fulfillment-Angebot wollen wir optimieren. Und zusätzlich arbeiten wir an zusätzlichen Features, die unseren Partnern den Verkauf auf dem Marktplatz erleichtern sollen.

Gehören dazu auch neue Marketing-Möglichkeiten?
Braun: Daran arbeiten wir auch, ja. Wir haben viel vor dieses Jahr. Deshalb wollen wir auch unser Team deutlich vergrößern und suchen dafür Sportbegeisterte mit einem Faible für E-Commerce. Das ist im aktuellen War of Talents auf dem Markt natürlich eine Herausforderung. Vielleicht interessiert sich ihr Baseball-spielenden Sohn ja schon für E-Commerce?

Dafür muss er erst noch ein paar Jahre älter werden, fürchte ich. Dazu sprechen wir uns in ein paar Jahren nochmal. Oder vorher schonmal für ein Update zum Decathlon-Marktplatz. Vielen Dank für das Gespräch!

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Autor: Ingrid Lommer

Ingrid Lommer ist die Plattform-Expertin der W&V-Redaktion. Sie behält Online-Marktplätze in Deutschland, Europa und der Welt im Blick, verfolgt die aktuellsten Änderungen auf dem Amazon-Marktplatz und späht mögliche Verfolger aus - weshalb sie auch Marktplatz-Anwandlungen von TikTok, Shopify oder Meta hochspannend findet. Ihre Expertise vertieft sie alle zwei Wochen beim Talk mit Valerie Dichtl im Podcast-Format "Let's talk Marketplace". Natürlich ist sie deshalb auch Ansprechpartner Nummer 1, wenn es um die Ausgestaltung von Plattform-Themen auf den Events ihres Verlags wie zum Beispiel der „Marketplace Convention“ geht. Dabei liegt ihr besonders der Austausch und das Networking innerhalb der Community der "Marktplatz-Menschen" am Herzen.