Essay zum ADC:
Berufsimage: "Denn ich bin gerne Werber"
Werber haben ein mieses Berufsimage. Das nervt Reinhard Patzschke, Geschäftsführer von Grabarz & Partner. Er findet: Werber ist ein Traumberuf. Und es werde höchste Zeit, Werbung dafür zu machen. Gleich jetzt, auf dem ADC, wie er in einem Essay fordert.
Seit Jahren haben die Werber ein mieses Berufsimage. Das nervt Reinhard Patzschke, Geschäftsführer Beratung und Partner der Hamburger Werbeagentur Grabarz & Partner. Er findet: Werber ist ein Traumberuf. Und es werde höchste Zeit, Werbung dafür zu machen. Gleich jetzt, auf dem ADC-Festival. Leidenschaftlich setzt sich Patzschke in einem Essay für Werben & Verkaufen für seinen Berufsstand ein. Den Beitrag veröffentlicht W&V Online anlässlich des ADC-Festivals, das am Dienstag, 13. Mai, beginnt.
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Wie hieß es früher immer wieder? Man soll seiner Mutter besser sagen, man arbeite als Pianist in einem Puff, als sie mit der Realität zu konfrontieren, dass man in der Werbung sein Geld verdient. Klingt nicht nach einer selbstbewussten Berufswahl. Ich werte es als Indiz dafür, dass Werber schon damals mit einem zweifelhaften Image zu kämpfen hatten. Und heute? Auch heute finden wir unser Image stets genau dort wieder, wo wir uns alle ungern sehen: ganz unten im Ranking.
Apropos Ranking: Der ADC steht vor der Tür. Man wird sich in Hamburg treffen – und wie Kritiker und Schlaumeier formulieren – sich mal wieder selbstverliebt feiern. Wir werden sehr gute Ideen sehen. Wir werden Werber sehen (ich verstehe unter diesem Begriff der Einfachheit halber die Kommunikationsbranche), die sich über diesen Erfolg sehr freuen. Und wir werden sehen, dass sich genau diese Menschen nach der Preisverleihung beschimpfen. Online, offline oder sonstwo werden sie sich Luft machen – gerne unter Pseudonymen.
Dann geht es los – das öffentliche und einzigartige Branchen-Gebashe! Irgendein Medium wird wieder für tot erklärt. Man wird sich über Content oder Idee auslassen. Irgendwer wird uns unser eigenes Mittelmaß vor Augen führen. Man wird diverse Ideen abstrafen, Kollegen der Lüge bezichtigen und gleich das ganze System infrage stellen. All das wird passieren, und eben diese Kritiker werden ebenso öffentlich bemerken: was für eitle Deppen! Genau das führt dazu, dass man seiner Mutter besser die Geschichte mit dem Piano im Puff erzählen sollte. Und das nervt mich so sehr.
Denn ich bin gerne Werber.
Ihr doch auch! Oder seid ihr schon satt, flezt wie römische Kaiser in bequemen Gewändern und erfreut euch der Spiele? Zeigt mehr Respekt! Eine der ersten Lektionen in Sachen Mitarbeiterführung lautet: lobt coram publico, kritisiert face to face. Fangt also gleich damit an! Nutzt eine Leistungsschau wie den ADC und alles Drumherum dafür, euren Mitarbeitern, Wettbewerbern, Lieferanten und Partnern, den Medien und vor allem den Kunden mitzuteilen, dass der Beruf der Werbung ein sehr wertvoller, ein Werte schaffender, faszinierender und relevanter Beruf ist, den definitiv nicht jeder kann und der unvergleichlich ist. Kurzum: ein Traumberuf. Welcher Beruf hat denn das Potenzial ...
... dass eine Idee, die man heute im Kopf hat, vielleicht schon morgen die Stadt, das Land oder sogar die ganze Welt sieht? (hier kurz an die Maslowsche Bedürfnis-Pyramide denken.)
... nicht nur über den Medien- und Kommunikationswandel zu quatschen, sondern ihn mitzugestalten?
... Zusammenarbeit in einer derartigen Qualität und Intensität zu erfahren und wirklich zu spüren, was es bedeutet, gemeinsam mehr zu bewegen?
... besonderen Menschen zu begegnen, die die Welt bewegen? Erfolgreiche Unternehmens- und Markenlenker haben viel Interessantes zu erzählen. Ganz zu schweigen von Regisseuren, Fotografen, Autoren, Künstlern und Kollegen.
... sich in Produkte und Projekte reinzuarbeiten und sich für Ungeahntes plötzlich begeistern zu können und so sogar zu einem Experten zu werden? Man denke hier nicht nur an Technologien wie beispielsweise Bremsenergie-Rückgewinnung, sondern gerne auch an die Herstellung von Schrauben oder den Pressprozess von Oliven.
... in dem man aus Leidenschaft binnen Sekunden ein Hochgefühl und ein absolutes Down erleben kann? Weil man eine Herausforderung gelöst, Menschen begeistert hat und dann gleich wieder herausgerissen wird, weil mit dem Erfolg erneut eine Herausforderung entsteht, von der man noch gar nichts wusste?
Kurzum: Welcher Beruf hat das Potenzial, dass wirklich kein Tag wie der andere ist? Weil jede Minute etwas Neues passieren kann, das uns inspiriert und begeistert?
Werber ist so ein Beruf! Und ich meine damit alle, die ihr Talent voller Leidenschaft der Leidenschaft der Kommunikation zur Verfügung stellen, sich dafür haben hart ausbilden lassen und sich täglich weiterbilden müssen. Kurzum: Macht mehr Werbung für unseren Beruf! Seid mehr Vorbilder, glänzt, strahlt für uns, denn Berufsimage, Wertschätzung und Nachwuchsmangel dürfen uns nicht egal sein.
Ach ja: Meine Eltern wissen, was ich mache. Und Dank an meinen Bruder - der ist Banker. Somit steh ich imagemäßig zu Hause gar nicht so schlecht da.
Reinhard Patzschke führt die Agentur Grabarz & Partner gemeinsam mit fünf Geschäftsführern. Der 46-Jährige betreut unter anderem Volkswagen, Volkswagen Nutzfahrzeuge und Mobilcom Debitel.