Gijs Scheepens (der tatsächlich einen Pencil gewonnen hat): Am zweiten Tag ging der Workshop von Ben & Andrew los. "Finde heraus, was du willst, und hol es dir", lautete die Botschaft der beiden Jungs. Am Mittwoch dann mein persönlicher Höhepunkt: Es ging zum Google Campus. Wir wurden mit Start-Ups zusammengebracht, um deren Vorhaben zu optimieren oder Insights zu generieren, welche bei ihren Projekten helfen werden.

Entstanden ist auch ein Manifest der jungen Kreativen ...

Selina Friedli: Schon am zweiten Tag der Academy haben wir mit Ben & Andrew "Manifestos" darüber geschrieben, wie wir die Industrie in der Zukunft prägen wollen und was uns wichtig ist. Einer der kürzesten, aber nicht einfachsten Punkte auf der Liste ist "Stay curious" (bleib neugierig). Und: "Make the target audience part of your work. Be open to all input, especially if it’s not yours - you're creatives" (mach die Zielgruppe zu einem Teil deiner Arbeit. Bleib offen für Anregungen, vor allem von anderen). Der D&AD wird das diesjährige "Manifesto" der Teilnehmer bald veröffentlichen.

In der ersten Woche Seminare und Vorträge, in der zweiten Briefing, Konzeptentwicklung und Pitch: Wie war das, was hat's gebracht?

Gijs Scheepens: Die Teams aus Studenten und Agentur-Coaches für den Vodafone-Pitch wurden ausgelost. Ogilvy & Mather stand auf meinem Kärtchen. Am Tag darauf wurden wir gebrieft von Vodafone und AKQA, danach ging es dann mit dem CD von Ogilvy & Mather Ivan Pols in die Agentur. Wir mussten ein außerordentlich gutes Projekt auf die Beine stellen, da die Konkurrenz sehr stark war. Nach dem Pitch gab es keinen ausgewählten Gewinner, aber jede Menge Lob für die Teams von der Jury, bestehend aus Werbern der WPP Gruppe.

Selina Friedli: Zum Live-Briefing kann ich nur sagen, dass ich noch nie so eine tolle Teamarbeit erlebt habe. Fünf Tage lang, fünf junge aufgedrehte Köpfe, unglaublich viele Ideen, sehr lange Arbeitszeiten, Kollaboration mit zwei Agenturen, Tissue-Meetings und nicht einmal ein lautes Wort. Das Gelernte wurde von uns allen perfekt angewendet und hat uns auf jeden Fall Vieles vereinfacht: Rücksicht nehmen, Pläne schmieden, Ziele setzen, Zeiteinteilung, Nachhaltigkeit.

Scheepens: Teamwork, Teamwork, Teamwork – manchmal läuft es wie am Schnürchen, manchmal muss man sich mal durchsetzen.

Friedli: Damit das funktioniert, muss man schnell extrem offen werden und genau wissen, wer man selbst ist, um sich perfekt einbringen zu können.

Was hat Sie am meisten überrascht?

Selina Friedli: Dass die Academy so unglaublich menschlich ist. Für das New-Blood-Team gibt es nichts Wichtigeres, als uns junge Kreative zu pushen und uns zu prägen. Oft wird man in seiner Karriere eingeschüchtert und zurechtgewiesen, die Persönlichkeit geht total verloren. Dass darauf so viel Rücksicht genommen wurde bei D&AD, hat mich extrem beflügelt. Man kommt als Mensch weiter, man setzt sich Ziele, die Rücksicht auf andere nehmen und nachhaltig sind.

Was nehmen Sie mit aus der New Blood Academy?

Selina Friedli: Die Academy macht einem bewusst, welche Verantwortung unser Job mit sich bringt und wie viel  Macht zur Veränderung unsere Branche besitzt. Wenn man wie ich aus einer Werbeschule kommt, die viel Wert auf Wettbewerbe legt, ist es unglaublich zu erfahren was hinter so einem Award steckt. "Doing well by doing good" ist der Leitspruch der Academy und des White Pencils, den hab ich mir für die Zukunft in mein Herz stechen lassen. Denn egal, wie viel und wie hart man für den Kunden arbeitet, kann man immer daran denken, ihn und sich selbst in die "Doing good for the world"- Richtung zu pushen.

Gijs Scheepens: Und es eröffnen sich neue Perspektiven: Durch die New Blood Academy lernt man fast die ganze Werbewelt Londons kennen. Die Kontakte sind gelegt für die Zukunft, wohin diese mich führt? Steht in den Sternen.

Friedli: Ich wollte schon immer nach der Schule zuerst in Deutschland arbeiten und daran hat sich nichts verändert. Aber London ist auf jeden Fall für die spätere Zukunft spannend. Was ich auf jeden Fall möchte, ist Teil des D&AD-Networks zu bleiben, um vielleicht später auch jüngere Kreative fördern zu können.

Haben Sie für junge Werber einen Rat?

Gijs Scheepens: Was für eine obszöne Frage! Ich sehe mich nicht in der Position, den jungen Kreativen meiner Generation irgendetwas zu vorzugeben. Ich hab aber ein Zitat für euch: "I am the greatest! I said it even before I knew I was." - Muhammed Ali.

Selina Friedli: Realisiert eure Projekte und tragt sie raus in die Welt. Guckt euch an, was eure Werbung wirklich bewirken kann. Und wenn ihr die Chance habt, an der Academy teilzunehmen, dann tut es!


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.