Kreation des Tages :
Wie ein bekloppter Bruder und zwei Twists einen Weihnachtsspot retten
Unter dem Titel "Der verlorene Bruder" findet der Weihnachtsspot der Partner-Fluggesellschaften Virgin Atlantic und Delta Air Lines einen etwas anderen Dreh.
Der Spot geht derart klassisch-stimmungsvoll los, dass man zwar erst mal dranbleibt (Es ist ja Advent ...), ihn aber direkt in die Schublade "Weihnachts-Werbeschmalz" ablegt. Und dann kommt da dieser Unterton, diese Gesichter - und es scheint, als würde hier gar nicht die typische Zum-Fest-fahren-alle-nach-Hause-und-feiern-das-Fest-der-Liebe-Geschichte runtererzählt. Hm. Stopp. Noch mal von vorn. (Der Film dauert ja immerhin dreieinhalb Minuten.)
Die Partner-Fluglinien Virgin Atlantic und Delta Air Lines nutzen die Vorweihnachtszeit, um nicht nur auf das familienzusammenführende Element von Flugreisen, sondern auch auf ihre Kooperation deutlich hinzuweisen. Und ziehen dafür gemeinsam mit der Werbeagentur Figliulo & Partners alle Register - und noch ein bisschen mehr.
Im Film (Regie: Tim Godsall) geht es um Jacob. Der kommt offenbar unangemeldet an Weihnachten zu seinem Bruder und dessen Familie. Bis dahin: Fifties-Stimmung mithilfe von Musik (jazzige Version von "Deck the Halls"), Setdesign, Typografie. Idylle satt.
Und dann: Ein eher kühler Empfang. Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte von einem sterbenden Sherpa. Motten. Karate. Und Sokrates. Eine magische Spinne.
Es sind zwei Wendungen, die den Kurzfilm besonders machen.
Am Ende der schrägen Geschichte, mit der Bruder Jacob seine Nichte und die Neffen zutextet, geht es dann eben doch um Liebe. Um Zusammenhalt. Um eine Entschuldigung für eine ruinierte Hochzeit - und ein trauriges Erlebnis, an dem Jacob zu knabbern hat.
Und das ist dann doch wieder weihnachtlich-anrührend - auf eine gute Art. Rechtzeitig dafür setzt dann auch wieder eine verjazzte Version eines US-Weihnachtshits ein: "There's No Christmas Like a Home Christmas".
"Together, we make togetherness." So versöhnlich - und so clever den Bogen zur Kooperation schlagend und zum wichtigsten USP von Fluglinien in der Weihnachtszeit - endet der Spot. Gefühl, Ironie - und menschliche Schwächen machen den Film sympathisch.
Anti-Vorbild: John Lewis
Die Messlatte für eigentlich alle Weihnachtsspots liegt seit ein paar Jahren da, wo sie das britische Kaufhaus John Lewis platziert. Gefühlig, originell - und hoch. Der CCO von Figliulo & Partners, Scott Vitrone, sagte im US-Branchedienst Adage, dass John-Lewis-Werbung in gewisser Weise Anregungen geliefert habe: "Sie haben ein Genre erschaffen," sagt Vitrone, "und viele Marken versuchen, das nachzuahmen. Wir sind angetreten, um da ein bisschen auszubrechen."
Zwar solle der Spot durchaus ein Gefühl von Weihnachtsstimmung und Zusammensein geben, aber zugleich mutig sein, echte menschliche Befindlichkeiten vermitteln. Vitrone: "Wir haben uns wirklich angestrengt, um eine wahre, raue Geschichte von einem Menschen mit Fehlern zu erzählen, mit dem wir mitfühlen können." Darum sei für Weihnachtsschmalz auf nur eine Prise mit Augenzwinkern übrig gewesen.
Der Spot wird sowohl in den USA als auch in Großbritannien noch bis über Weihnachten im Fernsehen laufen. Parallel dazu ist "The Prodigal Brother" im Social Web zu sehen.