Digitalstrategie und Paid Content:
"New York Times": Werbeumsatz ist nur noch zweitrangig
Die gern als Vorbild genommene New York Times macht Medienhäusern Hoffnung: Inzwischen zahlen 668.000 Nutzer für digitale Produkte des Konzerns. Die Gesamt-Werbeeinnahmen sind dagegen rückläufig W&V-Redakteur Ralph Pfister hat sich die "NYT"-Bilanz näher angeschaut.
Die altehrwürdige New York Times als Vorbild für den Weg ins digitale Medienzeitalter: Digitale Projekte der Company werden von Medienhäusern rund um die Welt eigentlich mit noch mehr Interesse verfolgt als die journalistischen Inhalte der "NYT". Auch Axel Springers Paid-Content-Konzept bei der Welt lehnt sich eng an das Metered Model des US-Konzerns an. Jeder Schritt, jedes neue Zwischenfazit wird genau beäugt. Das nimmt manchmal ein Ausmaß an, dass es Scherze wie den von GigaOm-Autor Mathew Ingram nach sich zieht, dass die Medienbranche wohl, sollte die "New York Times" ihr Kreuzworträtsel neu gestalten, den ganzen Tag darüber debattieren würde, ob das die Zukunft des Journalismus sei.
Die jetzt vorgestellten Zahlen für das vierte Quartal und das Geschäftsjahr 2012 sind dennoch mehr als einen Blick wert: Denn auf ihrem Weg in digitale Geschäftsmodelle hat das Medium nun den Punkt passiert, an dem die Vertriebserlöse (953 Millionen US-Dollar 2012) die Werbeeinahmen (898 Millionen) überholt haben. Zum ersten Mal in der Geschichte der "New York Times". Die Vertriebsumsätze, bei denen das Unternehmen digitale Abo-Einnahmen und Printverkäufe zusammenfasst, stiegen um satte zehn Prozent. Das liegt natürlich nicht nur an den kostenpflichtigen Angeboten im Netz, sondern auch an erhöhten Copy-Preisen. Nichtsdestotrotz: 668.000 Nutzer, die für "NYT", "Boston Globe" und "International Herald Tribune" in digitaler Form zahlen, zeigen, dass sich sehr wohl auch im Netz Geld mit journalistischen Inhalten verdienen lässt. Und die Dynamik hält an: Im Vergleich zum dritten Quartal 2012 wuchs die Zahl reiner Digital-Abonnements um stolze 13 Prozent, wie CEO Mark Thompson mitteilte.
24 Prozent der Werbeeinahmen 2012 entfallen auf das digitale Segment, rund 215 Millionen US-Dollar hat die "NYT" so verdient. Die Rückgänge im Print-Werbemarkt und dem Print-Verkauf kann auch die New York Times über ihr Digitalgeschäft nicht auffangen. Aber es reicht fast für stabile Geschäftszahlen. Und der Anstieg der digitalen Abo-Einnahmen ist ein umso erfreulicheres Signal mit Blick darauf, dass auch das Geschäft mit digitaler Werbung für die NYT rückläufig war - 1,9 Prozent weniger als im Vorjahr hat der Konzern so verdient. Der Werbemarkt, analog wie digital, war für Thompson im vierten Quartal 2012 "herausfordernd" - und genau die gleiche Erwartung verbindet er mit dem ersten Quartal 2013.
Zulegen will Thompson dagegen bei den Vertriebsumsätzen: Durch weitere Preiserhöhungen im Printsegment und Wachstum im Digitalen: "Die demonstrierte Bereitschaft unserer Nutzer hier und rund um die Welt, für den Qualitätsjournalismus, für den die New York Times und die anderen Titel der Company bekannt sind, zu zahlen, wird ein Grundstein in unserer Wachstumsstrategie sein, die wir zur Zeit entwickeln und über die ich später im Jahr noch viel zu sagen haben werde", verkündete er anlässlich der Quartalszahlen.
Auch wenn bei weitem nicht jede Medienmarke die Strahlkraft und Skalierbarkeit einer "New York Times" hat, die zehn Prozent ihrer Digital-Abonnenten außerhalb der USA verbuchen kann und China als zweitgrößten Markt für mobile Zugriffe verzeichnet. Auch wenn deutsche Medien schon rein vom Sprachraum her viel kleinere Zielgruppen aufweisen und auch die deutsche Leserschaft anders ticken mag: Es ist jetzt schon klar, dass diese weiteren Verkündungen Medienhäuser hierzulande wieder mit großem Interesse verfolgen werden.