Sie sagen, Sie wollen weder Netzwerk noch Talent Management sein. Beide Segmente sehen sich selbst durchaus auch als Ansprechpartner für Marken. Insofern: Was bieten Sie, was die nicht bieten? Was haben Marken davon, direkt zu Ihnen zu kommen? 

Unser grundsätzlicher Unterschied zu Netzwerken und Managements ist, dass wir komplett frei sind in unserer Auswahl der Influencer, mit denen kooperiert wird. Wir haben niemanden exklusiv unter Vertrag, den wir zu erst vermitteln wollen, auch wenn es eventuell eine passendere Alternative geben würde. Wir sind nur daran interessiert, dass alles so passend wie möglich ist - sowohl im Interesse der Marken als auch der Influencer selbst. Für uns steht immer die Message im Vordergrund. Allein die Anzahl der Follower ist kein Verkaufsargument - ich kenne viele Beispiele, in denen das noch falsch gemacht wurde. Reichweite, Plattform und Markenbotschaft müssen auch zusammen passen.

Sie positionieren sich als Berater von Marken und Medien, wollen aufklären über das Potenzial von Youtube und dem Social Web. Wie viel Umdenken erfordert das bei Ihnen, wenn Sie es künftig noch mehr mit Unternehmen zu tun haben? Ist ja schon eine andere Welt als die der Youtuber. 

Da ich mit Youtube & Co. aufgewachsen bin und mich mittlerweile schon 10 Jahre damit befasse, habe ich die verschiedenen Phasen der Entwicklung beobachtet, analysiert und selbst umgesetzt. In dieser Zeit habe ich selbst aktiv erfolgreiche Markenkooperation konzipiert und produziert. Ich kenne die Bedürfnisse von Marken und Youtubern und kann mein Wissen jetzt für den bestmöglichen Werbeeffekt einsetzen. Im Social Web haben Marken die Chance, über eine sinnvolle Content Strategie zum Gesprächsthema zu werden. Dass ich in der Branche als Youtuber selbst einen reichweitenstarken Channel aufgebaut habe, sehe ich ganz klar als Vorteil für unsere Kunden. Zudem habe ich mit Lukas Schneider einen erfahrenen Mitstreiter an meiner Seite, der schon Kampagnen für die Techniker Krankenkasse, Hyundai, Desigual oder Huawei umgesetzt hat.

Wo muss man teilweise beim Erklären ansetzen, wenn es um Marken geht, die jetzt auch mal "was mit Youtube" machen wollen? 

Das bestmögliche Ergebnis benötigt Mut, Vertrauen und Wertschätzung der Plattform. Es gibt zu viele Marken, die ihre bereits vorhandenen Inhalte auf YouTube zweitverwerten oder sich zu wenig mit der Plattform befassen beziehungsweise keine gute Hilfe holen. Dabei bietet YouTube die Möglichkeit, mit passenden Inhalten die Zielgruppe direkt anzusprechen und auch mit ihr zu interagieren. Ganz oft muss man bei Null anfangen und die Besonderheiten der Plattform erklären. Wer einfach nur den TV-Spot auf dem eigenen Channel hochladen will, nutzt die vielfältigen Möglichkeiten der Kundenkommunikation von YouTube leider nicht aus und darf sich nicht wundern, wenn es nicht richtig funktioniert.

Gibt es gängige Fehler, wenn sich Marken ins Social Web begeben? So eine Top 3 der "Don’ts"?

Der erste Fehler liegt meist bei der Wahl der Plattform. Es gibt da natürlich Unterschiede in der Nutzerstruktur: Snapchat zum Beispiel ist "sehr jung", Pinterest "sehr weiblich". Die Plattform sollte zur Marke und den Konsumenten passen. Der zweite Fehler geschieht, wenn sich Marken zu wenig auf die Plattformen einlassen. Markenkommunikation im Social Web benötigt auch immer Interaktion. Wenn man Inhalte erstellt und die Nutzer sich dann damit befassen, muss man ihnen auf Fragen oder Anregungen auch antworten. Und drittens fehlt bei Marken oft der Mut und die Schnelligkeit, um sich im Social Web bestmöglich zu präsentieren und den Anschluss nicht zu verpassen.

Als Mitglied des 2015 aufgelösten Comedy-Trios Y-Titty haben Sie den kompletten Aufstieg von Youtube mit erlebt. Wie ist die Szene gereift, wie hat sich die Zusammenarbeit der Creators mit Marken, aber auch die untereinander verändert?

YouTube ist erwachsen geworden und endlich im Mainstream angekommen. Es ist kein Schock mehr, wenn man von Beruf YouTuber ist. Zwar gibt es immer noch die typischen "YouTube sind nur Katzenvideos"-Sprüche, doch sie werden weniger. Zunehmend trauen sich auch mehr Marken auf YouTube präsent zu sein, das freut mich natürlich sehr, nachdem wir anfangs purer Ablehnung begegnet sind.Natürlich wächst der Konkurrenzdruck unter den Creatorn mit der steigenden Anzahl, doch so zeigt sich, wer wirklich Durchhaltevermögen und den richtigen Ansporn hat länger am Ball zu bleiben.

Wie sehr hat das Business den Spaß an der Sache verändert?

Die Szene ist erwachsen geworden und hat sich in den letzten Jahren stark professionalisiert. Das sehe ich aber gar nicht negativ, solange das "Business" kreativen Creators neuen Entfaltungsspielraum bietet. Die dauerhafte Produktion von guten Inhalten ist teuer und zeitaufwendig - wenn Markenkooperationen nun aufwendigen und unterhaltsamen Content ermöglichen, dann macht das allen Spaß: Der Zuschauer freut sich über gute Videos, der Creator kann neue Dinge probieren und die Marke erreicht eine junge Zielgruppe. Ich habe jedenfalls weiterhin sehr viel Spaß an der Arbeit im Webvideo-Bereich.  

Webvideo ist generell ein großes Trendthema. Facebook baut massiv aus, Livestreaming über Apps nimmt zu, Instagram oder Snapchat wachsen deutlich. Welche Kanäle sollte eine Marke im Blick haben?

Ich finde es sehr wichtig, dass das jede Marke für sich selbst entscheiden muss. Man sollte aktuelle Trends stets beobachten, für sich austesten, aber auf keinen Fall sollte jeder in alles, was gerade en vogue ist, viel Zeit und Geld investieren. Bei der Entscheidung, welche Plattform für eine Markenstrategie sinnvoll ist, wollen wir mit Whylder helfen. Es zählt ja nicht nur die reine Präsenz auf der jeweiligen Plattform, sondern vor allem die passende Geschichte, die dort erzählt wird.

Was ist wichtiger, der Kanal oder der passende Creator?

Am besten ist natürlich das perfekte Zusammenspiel. Ansonsten kann man die Frage pauschal gar nicht beantworten. Es muss eine Kombination sein aus brand fit, Reichweite, Geschichte, Umsetzung, Interaktion und vielen anderen Faktoren.


Autor: Ralph-Bernhard Pfister

Ralph Pfister ist Koordinator am Desk der W&V. Wenn er nicht gerade koordiniert, schreibt er hauptsächlich über digitales Marketing, digitale Themen und Branchen wie Telekommunikation und Unterhaltungselektronik. Sein Kaffeekonsum lässt sich nur in industriellen Mengen fassen. Für seine Bücher- und Comicbestände gilt das noch nicht ganz – aber er arbeitet dran.