Nun ist der Bauer Verlag unter Verlegerin Yvonne Bauer ein bewusst weibliches Unternehmen geworden, viele Frauen wirken in Führungspositionen. Ein angenehmes Arbeiten?

Finde ich schon. Frauen haben eine angenehme Art, miteinander zu kommunizieren. Zudem habe ich das Gefühl, dass Frauen in Führungspositionen sehr effektiv und effizient arbeiten. Sie vermögen es, das Wesentliche zu erfassen und zu formulieren. Und eine Sache, die ich besonders schätze: Sie sind selbstkritisch und damit Männern oft überlegen. Frauen haben weniger Angst zu scheitern und sind deshalb mutiger. Das macht das Arbeiten lebendiger und spannender.

Wird es hierzulande leichter für Frauen in Chefsesseln?

Im Chefsessel zu sitzen ist nicht unbedingt leicht, aber es macht großen Spaß. Auch wenn die Umstände gern frauenfreundlicher sein dürften. Stichwort: Kind und Karriere.
Die größere Herausforderung ist es jedoch, dorthin zu gelangen – das ist für Frauen leider noch immer schwerer als für Männer. Die Führungsetagen sind nach wie vor größtenteils von Männern besetzt. Und das, obwohl Frauen heutzutage mindestens genauso gut, wenn nicht besser ausgebildet und qualifiziert sind.
"Cosmopolitan" wird nicht müde, daran zu rütteln und dieses Thema ins gesellschaftliche Bewusstsein zu hieven. Und auch dafür zu sorgen, dass sich die Frauen ihre Potenziale und Chancen bewusst machen. "Empowerment", Frauen stärker zu machen, war schon immer unser erklärtes Ziel.

Es ist die "Cosmo" – daher die Frage: Gibt es in Ihrem Team viele Männer?


Wir haben einen festen Redakteur im Team. Und ich glaube, er genießt es auch ein bisschen, der Hahn im Korb zu sein. Als unser "Cosmo-Manthropologe" verfasst er eine Kolumne, die unseren Leserinnen Kuriositäten aus der Männerwelt näherbringt.

Arbeiten Sie lieber mit Männern oder Frauen zusammen?


Ich arbeite gern mit Frauen zusammen – Segment-bedingt. Denn es ist sicher leichter, mit anderen Frauen über Frauenthemen zu diskutieren. Würde ich bei einem Männermagazin arbeiten, wäre das vielleicht anders.
Früher habe ich bei einem Musikmagazin gearbeitet, da war der Anteil 50/50. Auch das hat Spaß gemacht.

Was müssen Sie im Jahr 2016 als Chefredakteurin anders machen als Ihre Vorgängerinnen?

Seit 35 Jahren unverändert sind unsere drei Kernkompetenzbereiche Karriere, Schönheit und Partnerschaft. Doch so wie sich die komplexe Lebenswelt der Frauen in den vergangenen Jahren gewandelt hat, haben sich auch Ansprache, Stil und Themen in "Cosmopolitan" verändert. "Cosmo" ist nach wie vor eine Dame von Welt. Nur eben ein bisschen nahbarer und authentischer.
Was heutzutage außerdem anders ist: Wir müssen nicht mehr nur die Konkurrenz beobachten, sondern auch immer ein Auge aufs Digitale haben. Da passiert so viel und vor allem so schnell. Das ist eine große Herausforderung, aber auch enorm aufregend.

Ihr Rezept für Print heute?

Für mich persönlich ist Qualität entscheidend. Sowohl, was die Inhalte angeht, als auch die Umsetzung. Gerade in einer Zeit, in der Menschen nicht mehr gewohnt sind, für Unterhaltung und Information zu bezahlen, müssen wir Printler "value for money" schaffen. Mehr als je zuvor. Denn durch den Einfluss digitaler Medien ist der Anspruch an die Herangehensweise und Umsetzung von Geschichten enorm gestiegen.
Andererseits sind Expertise, Nachhaltigkeit, Qualität, überraschende Drehs und Bildideen auch unsere Stärken – und Mittel zum Zweck uns von digitalen Inhalten abzugrenzen und die Aufmerksamkeit unserer Leserinnen zu er- und behalten.

Sorgt Ihr Privatleben für einen Kontrast oder herrscht dort auch "Cosmo"-Style?

Kommt auf die Interpretation von "Cosmo-Style" an. Das "Cosmopolitan"-Motto "fun. fearless. female." ist mittlerweile tatsächlich so was wie mein persönliches Mantra. Ich stehe komplett dahinter. Nichtsdestotrotz versuche ich, mein Privatleben auch wirklich privat zu leben.

Wer ist Ihr wichtigster Ratgeber?

Bei großen, wichtigen Lebensentscheidungen definitiv mein Bauch. Denn wenn der "rebelliert", hilft es auch nichts, wenn 1000 Leute um mich herum mich von einer Sache überzeugen wollen.
Wenn ich mir bei kleineren Entscheidungen unsicher bin, berate ich mich mit der- oder demjenigen aus meinem Umfeld, den ich am kompetentesten halte. Im Job sind meine Chefin und meine Stellvertreterin die engsten Vertrauten.

Welchen Job würden Sie gern mal ausüben?

Es ist ein "Running Gag" bei uns in der Redaktion - aber ich glaube, ich hätte eine ganz passable Grafikerin oder Art Direktorin abgegeben. Ich wollte früher immer gern etwas mit Kunst oder Grafikdesign machen.
Zum Glück fließt das ein bisschen in meinen heutigen Job ein. Aber die Menschen im "Cosmopolitan"-Art Department sind sehr talentiert und selbstbewusst – und können souverän damit umgehen.

Zuletzt hat W&V Online in der Reihe "Starke Medienfrauen" ein weibliches Führungs-Trio der Branding- und Design-Netzwerkagentur Brand Union Germany porträtiert. Hier geht es zum Artikel.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.