Becks Werbevorstoß: ARD und ZDF wehren sich
Die Betroffenen des avisierten stufenweisen Werbeverbots, die Werbetöchter AS&S sowie ZDF Werbefernsehen, kontern: Das sei Gift für die Konjunktur. Auf breiter Basis wird nun diskutiert - und dem Privatfunkverband VPRT gehen die Vorschläge nicht weit genug.
Die Vorschläge des SPD-Politikers Kurt Beck, ein neues Gebührenmodell mit einem stufenweisen TV-Werbeverbot in ARD und ZDF zu verknüpfen, weisen nach Ansicht der Werbetöchter "in die falsche Richtung". ARD-Werbung Sales & Services(AS&S) und das ZDF Werbefernsehen wehren sich am Mittwoch in einer gemensamen Mitteilung gegen die Vorschläge, die der Kontakter in seiner aktuellen Ausgabe (EVT: 15.3.) veröffentlich hat.
"Die Diskussion über ein neues Finanzierungsmodell für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk sollte man nicht vermischen mit der Forderung nach einem Werbeverbot für ARD und ZDF“, findet AS&S-Chef Bernhard Cromm. Werbeverbote seien "Gift für die Konjunktur". Sein Mainzer Kollege Hans-Joachim Strauch fügt hinzu: "Die Behauptung, dass ein Verbot von Werbung den privaten Medienunternehmen zugute käme, ist zudem durch das französische Modell hinreichend widerlegt.“ Vielmehr zeigten alle relevanten Untersuchungen, dass Werbeumsätze, die bei einem Werbeverbot in ARD und ZDF entfielen, von den Unternehmen aufgrund einer gänzlich anderen Zielgruppenstruktur schlichtweg eingespart würden. Cromm blickt in Richtung Verleger und Privatrundfunk: "Diese Erkenntnis sollte man auch bei den Lobby-Verbänden der privaten Medienunternehmen zur Kenntnis nehmen.“ In der französischen Regierung gebe es derzeit sogar Überlegungen, die Beschlüsse des letzten Jahres zugunsten eines deutschen Modells wieder zu revidieren, heißt es weiter. Sie führen zudem ins Feld, dass Werbung den Gebührenzahler um 1,42 Euro pro Monat entlaste.
Wie die W&V in ihrer aktuellen Printausgabe (EVT: 18.3.) berichtet, sorgen die Vorschläge des Kurt Becks auf breiter Basis für Wirbel. Der Plan des Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder sieht nach dem recht sicheren Auslaufen des Sponsorings im Jahr 2013 vor, zwei Jahre später die Werbung im Ersten und Zweiten zu halbieren und ab 2017 komplett abzuschaffen – gegen höhere Rundfunkgebühren.
Während Werbeverfechter wie der Gesamtverband Kommunikationsagenturen (GWA) oder Joachim Schütz, Chef der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM), alarmiert sind, gehen anderen Becks Thesen nicht weit genug. Schütz sagt: "Als Werbungtreibende brauchen wir die Möglichkeit, in öffentlich-rechtlichen Programmen zu werben, weil die Unternehmen sonst wichtige Zielgruppen nicht erreichen.“ Besonders mittelständische Unternehmen würden Qualitätsumfelder zu bezahlbaren Preisen nirgendwo anders finden. "Beck macht Anti-Mittelstands-Politik“, so Schütz.
Anders als der OWM glaubt Jürgen Doetz als Präsident des Privatfunkverbandes VPRT daran, dass seine kommerziellen Mandanten von dem Vorhaben profitieren. Allerdings fordert er, Sport in das Sponsoringverbot einzubeziehen. Auch sollten die Öffentlich-Rechtlichen nicht erst 2017, sondern bereits 2013 bei der nächsten Gebührenrunde auf Werbung verzichten. "Ein Stufenplan beinhaltet die Gefahr, dass die Diskussion wieder verwässert wird“, fürchtet Doetz. Ihm stößt auf, dass Kurt Beck als Ausgleich für den Werbestopp höhere Gebühren in Aussicht stellt. Statt "Automatismus“ schlägt der VPRT-Präses "Sparen und eine faire Neuberechnung der Gebühren“ vor. Dem stimmt der Zeitungsverlegerverband BDZV zu; ein Werbeverzicht dürfe nicht zu höheren Gebühren führen. Die Zeitschriftenverleger mutmaßen sogar, dass ARD und ZDF als Ausgleich zum Spotverbot ihr Online-Engagement vertiefen könnten. Ihr Verband VDZ fordert daher, das Web-Budget der Öffentlich-Rechtlichen um 25 Prozent zurückzufahren.