FAZ-Interview:
Bertelsmann-Strategie: Was Thomas Rabe wirklich meint
Einige Antworten über den zukünftigen Kurs von Bertelsmann blieb Thomas Rabe im "FAZ"-Interview schuldig. Konzernkenner Ralf-Dieter Brunowski hat das in seinem Blog für ihn erledigt....
Bertelsmann-Chef Thomas Rabe plant, den Gütersloher Medienkonzern auszubauen und international breiter aufzustellen. In Zukunft wolle man sich stärker auf den globalen Markt und nicht wie bisher auf das lokale Mediengeschäft konzentrieren, erklärte der Vorstandvorsitzende im Interview mit der "FAZ". Rabe setzt vor allem auf die USA, den "innovativsten Medienmarkt der Welt", sowie auf die Schwellenländer China, Indien und Brasilien - dort soll der Umsatz in den kommenden Jahren verdoppelt werden. Um diese Pläne realisieren zu können, werde nach Geschäftsformen gesucht, die sich mit wenig Anpassungsbedarf weltweit vermarkten lassen. Als Vorbild führt Rabe die Arbeit von Fremantle Media, die global tätige Produktionsgesellschaft von Bertelsmann, und das Geschäft mit den Musikrechten bei BMG an. Wie genau solche Geschäftsmodelle aussehen sollen, lässt der Bertelsmann-Chef offen, schließlich sei man derzeit noch auf der Suche nach geeigneten Lösungen.
Während Rabe vielfach um die Kernthemen der Fragen herumzureden versucht, fallen einige Antworten, etwa die nach der Zukunft der "FTD", sehr einsilbig aus - genaue Aussagen bleibt der Bertelsmann-Chef schuldig. Grund genug für Ralf-Dieter Brunowski nachzubessern und das Interview ein bisschen zu ergänzen. Auf seinem Blog hat sich der Publizist den Spaß gemacht, Rabe ein paar Worte mehr in den Mund zu legen und frei zu interpretieren, was er wohl an mancher Stelle wirklich gemeint haben könnte: Dass etwa die Umwandlung der "FTD" zu einer reinen Online-Zeitung ein notwendiger Schritt und der Verkauf von G+J durchaus denkbar wäre, dass das Hamburger Verlagshaus die Digitalisierung seiner Medien "völlig verschlafen" habe und dort derzeit ein strategisches Konzept zum Abbau von Arbeitsplätzen fehle.
Vor allem möchte Bertelsmann in die Bereiche E-Commerce und Finanz- und Datendienste investieren, auch das Bildungsgeschäft sowie die Bereitstellung von geschäftsrelevanten Informationen sollen zukünftig eine wichtige Rolle spielen. Es gebe zwar zahlreiche Unternehmen, die für den Konzern von Interesse seien, aber auch dazu wollte Rabe gegenüber der "FAZ" keine konkreten Angaben machen. Eines sei jedoch klar: Der Medienkonzern benötige für seine Wachstumsstrategie "zusätzliches Eigenkapital in Milliardenhöhe." Woher diese Finanzspritze kommen soll, stehe aber noch nicht fest. Von den vielen denkbaren Optionen der Kapitalaufnahme - auch den Verkauf von Tochtergesellschaften halte man sich offen - erachtet Rabe einen Börsengang von Bertelsmann mittlerweile als wenig sinnvoll.
Ein wenig konkreter antwortet Rabe auf die Frage nach dem Digitalgeschäft von G+J: An dieser Stelle sieht er Nachholbedarf ("Gruner + Jahr hat noch eine gewisse Wegstrecke vor sich"), Geschäftsmodelle mit derart profitablen Erlösen wie auf dem Buchmarkt seien im Zeitschriftengeschäft zurzeit nicht erkennbar.