
DuMont-Redaktionsgemeinschaft startet: "Ungewisser Ausgang"
Am Montag werden Wirtschafts- und Politikredaktion von "FR" und "Berliner Zeitung" in die DuMont Redaktionsgemeinschaft ausgelagert. Die Redaktion der "Berliner Zeitung" will ihren Status als Vollzeitung notfalls gerichtlich durchsetzen.
Die Redaktion der "Berliner Zeitung" lehnt die bevorstehende Auslagerung von zentralen Teilen der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung in die DuMont Redaktionsgemeinschaft (ReGe) strikt ab. Von Montag an sollen sieben Wirtschaftsredakteure vom Standort der "Frankfurter Rundschau" aus für die Wirtschaftsberichterstattung aller Titel der DuMont-Gruppe verantwortlich sein (darunter zwei Redakteure aus Berlin), die Politikberichterstattung der Gruppe ensteht mit 18 ReGe-Leuten in Berlin (darunter acht Redakteure aus Frankfurt).
Diese Auslagerung widerspreche dem Redaktionsstatut, wonach die Zeitung über eine "Vollredaktion" verfügen muss, sagte Daniel Haufler, Sprecher des Redaktionsauschusses der Berliner Zeitung heute auf einer Pressekonferenz. Die Redaktion befürchtet, dass über die Inhalte der Zeitungen nicht mehr auf den jeweiligen Redaktionskonferenzen der Blätter, sondern schon in der vorgelagerten Konferenz der "ReGe" entschieden werde. Das sei "bedrohlich für die Identität der Zeitung" . Die Auslagerung zentraler Redaktionsbereiche sei eine "Operation am offenenen Herzen", sagt Haufler, "und ihr Ausgang ist völlig ungewiss."
Die Redakteure befürchten lähmende Kompetenzkämpfe und Proporzverhandlungen zu Lasten der redaktionellen Arbeit. So sollen zum Beispiel die Exklusivmeldungen tageweise abwechselnd entweder "FR" oder "Berliner Zeitung" als Absender zugeordnet werden. "Die Bürokratisierung der Redaktionsarbeit führt zu einer Aushöhlung der Marke 'Berliner Zeitung'", fürchtet Haufler. Die Redaktion will Verstöße gegen das Redaktionsstatut in der redaktionellen Praxis prüfen und notfalls gerichtlich dagegen vorgehen.
Durch die Auslagerung sind im Wirtschaftsressort der "Berliner Zeitung" fünf produzierende Redakteure für zwei bis drei Seiten täglich und Spätschichten übriggeblieben, die Rumpfredaktion Politik inklusive Horizonte und Tagesthemen umfasst noch etwa zwölf Leute. Es gibt zudem Überlegungen, beide Ressorts zusammenzulegen.
Die Gewerkschaften ver.di und Deutscher Journalistenverband bemängeln, dass die DuMont-Geschäftsführung keine Beschäftigungsgarantie für die verbliebenen Redakteure in den Rumpfredaktionen geben will und die Forderung nach einer Tarifbindung der Redaktionsgemeinschaft abgewiesen hat. Der Verlag weigert sich auch, den Kölner Sozialtarifvertrag auf die Berliner Redakteure zu übertragen. Die "FR"-Redakteure verzichten bis 2012 ohnehin bereits auf Urlaubs-und Weihnachtsgeld. Die Gewerkschaften wollen auch weitere Auslagerungen verhindern. Gestern war bekannt geworden, dass der Zeitungskonzern die IT-Abteilungen aller Titel in einer eigenen Firma zusammenführen will.