Der Geldsprudel versiegt

Dass es ihnen nicht gelingt, diese Verluste durch Paywalls und Online-Werbeumsätze auszugleichen, ist allgemein bekannt. Inzwischen haben zwar 56 Zeitungen Paywalls eingerichtet, doch was sie daran verdienen, gehört zu den am besten gehüteten Geheimnissen der Verlagsbranche. Selbst Springer, der gerade bei digitalen Themen am lautesten schreit, äußert sich nur sehr zaghaft zu den Erfolgen von Bild Plus. Da wir annehmen dürfen, dass tatsächliche Erfolge nach allen Regeln der PR-Kunst unters wissbegierige Werbevolk gebracht würden, kann es damit nicht weit her sein.

Eines dürfte inzwischen klar sein: Nur eine Handvoll Medien wird mit Paid Content ernsthaft Erfolg haben. Nach Spiegel, Zeit und ein paar großen Tageszeitungen, die einzigartigen und hochwertigen Content monetarisieren könnten, wird die Luft dünn. Die meisten regionalen Tageszeitungen werden leer ausgehen.

Mit der Zunahme an Online-Usern sind die Verlage durchaus zufrieden. Sie sind nicht nur die Hauptlieferanten für Internet-Content, sie bekommen auch einen ordentlichen Anteil der Nutzer auf ihre Seiten. Nur leider nicht genügend Werbegeld dafür. Nur wenige wagen es, von einem Ausgleich für verlorenes Print-Geld zu träumen. Und die Verlage, die sich über hohe Digital-Umsätze freuen, allen voran Springer und Burda, verdienen ihr Geld keinesfalls mit Online-Werbung auf ihren Medienseiten, sondern ganz banal mit zugekauften E-Commerce-Portalen.

Der letzte Hoffnungsschimmer

Doch nun startet Mobile durch, der vielleicht letzte Hoffnungsschimmer der deutschen Verlage. Mobile macht zwar derzeit nur knapp drei Prozent an den weltweiten Werbespendings aus, wächst jedoch rasant. In Deutschland soll das Mobile-Wachstum in diesem Jahr 70 Prozent betragen, womit ein Umsatzsprung auf 105 Millionen Euro gelänge. Doch schon die Summe zeigt, dass Mobile Werbung in Deutschland noch nicht angekommen ist.

Man darf sogar die Frage stellen, ob sie überhaupt ankommt. Während sich immer mehr Verbraucher von der Online-Werbung gestört fühlen und inzwischen 30 Prozent der User Adblocker-Software installiert haben, sieht es für die Mobile Werbung nicht besser aus. Im Gegenteil: Das Smartphone ist das persönlichste Gerät, das wir bei uns tragen und das alle unsere Geheimnisse enthält. Ob die Verbraucher hier mehr oder weniger Werbung (und Datensicherheit) zulassen, kann nur die Zukunft beantworten. Man darf skeptisch sein.

Zum Teufel mit Mobile

Soweit es die Gegenwart betrifft, bin ich schon reichlich bedient. Die Watchever-Anzeige, die sich in der TVSpielfilm-App meines iPads seit Wochen über das ARD- und ZDF-Programm legt und es komplett verdeckt, ist entweder eine Verschwörung der Privatsender oder der Programmpresse. Ich erwäge bereits den Einsatz eines Voodoo-Priesters, um die Verantwortlichen bei Watchever zum Teufel zu jagen.

Der Audi-Banner oberhalb meiner Wiwo-Kolumne hat eine Abmessung von 0,8 x 5 cm, auf deren Mini-Fläche es die Kreativen schaffen, vier Textzeilen zu platzieren. Mediengerechte Adaption? Fehlanzeige. Oder eine Verschwörung der Kreativen, die keine Lust auf Mini-Banner haben und die Kunden so von ihrer Unwirksamkeit überzeugen wollen.

Doch genau hier kommt das Problem für die Medienportale ins Spiel. Auf ihren mobilen Websites fehlt schlichtweg der Platz für Werbung. Und je mehr Platz der Werbung hier eingeräumt wird, desto schneller wird der User davonlaufen.

Fazit: Print brachte den Verlagen Vertriebs- und Werbe-Umsätze in Hülle und Fülle. Vorbei. Paid Content ist eine Fata Morgana. Aus die Maus. Online brachte wenigstens noch maue Werbeumsätze. Mobile steigert zwar die Zugriffszahlen, aber deswegen Chancen auf einen Anteil an den Mobile Spendings? Null.

Jammerten die Verlage bereits über Online, wird es jetzt Zeit über den Bau von mobilen Seufzerbrücken nachzudenken.

Thomas Koch, Agenturgründer, Ex-Starcom-Manager, "Wirtschaftswoche"-Kolumnist, Herausgeber von "Clap" und Media-Persönlichkeit des Jahres, bloggt für W&V. Er ist "Mr. Media".


Autor: Thomas Koch

Eine Ikone der Branche. Der Agenturgründer und frühere Starcom-Manager kennt in der Media-Branche alles und jeden. Thomas Koch ist Mr. Media.