Der Studie zufolge liegt die Einschaltquote der "Heute Show" seit November 2013 stets bei über drei Millionen, lockt in der Regel mehr Zuschauer als das davor ausgestrahlte Nachrichtenmagazin "Heute Journal". Im April 2016 waren gar 4,19 Millionen Zuseher dabei (Marktanteil: 17 Prozent). Von den werberelevanten jüngeren Zuschauern (14-49) erreiche man inzwischen knappe 13 Prozent (laut ZDF-Medienforschung) - und das ist viel für das als "Kukidentsender" verspottete ZDF. Hinzu kommen noch Social Media und zeitversetzte Abrufe (u.a. Mediathek).

51-mal hat sich das Team um Oliver Welke über Angela Merkel lustig gemacht. Damit führt die Bundeskanzlerin das Witze-Ranking klar an vor SPD-Chef Sigmar Gabriel, der 25-mal, und CSU-Chef Horst Seehofer, der 23-mal Zielscheibe des Spotts war. Andere Politiker folgen mit großem Abstand.

"Die Anstalt"

"Die Anstalt" im ZDF erreichte im Studienzeitraum (vier Sendungen analysiert) zwischen 2,23 und 2,92 Millionen Zuseher (Marktanteile von 10 bis knapp 13 Prozent). "Von Mal zu Mal steigt der Anteil auf dem Markt für das jüngere Publikum (14-49) leicht an - auf zuletzt 9,2 Prozent." Gut im ZDF-Schnitt. Und das mit durchaus ernster Satire: Im Gegensatz zum Gag-Feuerwerk der "Heute Show" biete "Die Anstalt" Reflexionen zu "Grundthemen der Gesellschaft" an. "In der 'Heute Show' kann man nebenbei auch etwas lernen", resümiert Gäbler, "in der 'Anstalt' wird man belehrt." 

Der Ansatz der Shows ist also durchaus unterschiedlich, Satire nicht gleich Satire. Die lache die "Heute Show" über die Welt, so das Fazit von Gabler, während "Die Anstalt" an ihr verzweifele, sie ist näher am Kabarett, nicht so schnell wie die parodistische "Heute Show".

"Extra 3"

Dagegen merke man "Extra 3", das vielfältige Parodien und Sketche biete, die Magazintradition an. Hier seien die Songs – wie das besonders bekannt gewordene "Erdowie, Erdowo, Erdogan" - eine besondere Stärke. Mit dem Song traten die Macher von "Extra 3" praktisch die Böhmermann-Affäre los - Jan Böhmermann hatte im "Neo Magazin Royale" auf die darauf folgende Einbestellung des deutschen Botschafters reagiert und den Unterschied zwischen Satire und Schmähkritik auf eine Weise verdeutlicht, die zu Klagen, diplomatischen Verwicklungen und hitzigen Debatten zu Meinungs-, Kunst- und Pressefreiheit führte (alles darüber im News-Stream ab hier). "Extra 3" feiert seither gute Quoten und annähernd 10 Millionen Videoabrufe bei Youtube.

Hier noch mal das Video.

(Jan Böhmermanns "Neo Magazin Royale" spielte übrigens in Gäblers Analyse keine Rolle. "Es ist doch - nach wie vor und trotz allem Hype - eher was sehr Spezifisches für Randgruppen im Nischenprogramm", sagte Gäbler der DPA. Böhmermanns Sendung habe eher das Grundthema "Ich und die Medien", sei darum "manchmal herrlich treffend in der Medienkritik, manchmal unerträglich in der Selbstbespiegelung".)

Die Untersuchung von OBS und Gäbler zeigt unter anderem: Neben vielen Kalauern zeichnet "antiautoritäres Lachen" und Respektlosigkeit in alle Richtungen die Satire-Sendungen aus. "Quatsch ist dann aufklärerisch, wenn er zeigt, wie verrückt die politische Wirklichkeit ist", sagen die Macher. Spott und Ironie richten sich besonders oft gegen Politikerfloskeln und Medienmarotten.

"Satire boomt", heißt es im Resumee der Studie. "Das hat sicher mit der sich generell ändernden Mediennutzung zu tun." Und doch, so Studienleiter Gäbler: "Satire wird und darf den Journalismus nicht ersetzen und sie ist erst recht nicht der bessere Journalismus. Um politische Vertiefung zu erreichen, ist Anschlusskommunikation wichtig."

Dennoch gibt es Lob: "Der gelegentlich geäußerte Verdacht, hier werde rundweg alle Politik für blöd und nutzlos erklärt, lässt sich nicht erhärten", schreibt Gäbler. "Alle drei Sendungen bereichern auf ihre Weise die Fernsehlandschaft."

Die Studie entstand in Zusammenarbeit mit der Otto-Brenner-Stiftung, bei der Bernd Gäbler bereits mehrere medienkritische Untersuchungen, u.a. zu Talkshows, veröffentlicht hat. "Die Otto Brenner Stiftung widmet sich der Satire nicht, weil diese gerade in Mode ist, sondern weil geprüft werden soll, ob mehr dahintersteckt als nur der Windhauch des Zeitgeistes", sagt Jupp Legrand, Geschäftsführer der Stiftung.

Die Stiftung wird das Thema "Witz und Politik in TV-Satiresendungen" auch in den Mittelpunkt ihrer diesjährigen Medienpolitischen Tagung am 15. November stellen. Bis 3. Oktober können sich Interessierte noch anmelden.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.