...zum Beispiel auch deshalb, weil Sie Ihren Kollegen gewaltig ins Gewissen reden müssten.

Ich bin kein Gewissenswächter. Bei den Zeitungsverlagen setzt sich immer mehr das Gebot der Vernunft durch, dass wir nichts zu verschenken haben. Und dass journalistische Professionalität der Angeberei von Blogs und Foren und Chats entgegensteht, in denen Geschwätz sich als bedeutungsvoll geriert.

Wie könnte denn die von Ihnen geforderte „zukunftsfähige Grundlage“ beschaffen sein?

Es gibt Beispiele dafür, wie man auch mit dem Online-Auftritt von Zeitungen Erlöse erzielen kann – etwa durch crossmedialen Verkauf. Aber das alleine reicht nicht. Noch niemand hat das sichere Geschäftsmodell für eine Online-Zeitung der Zukunft erfunden. Fest steht: Wir müssen mehr als bisher den Markt pflegen, auf dem die gedruckte Regionalzeitung ihre Stärke behalten hat: das Lokale. Unsere Online-Aktivitäten müssen hier verankert werden.

Machen Sie so etwas auch selbst?

Natürlich. Wir haben einen rein lokalen Online-Auftritt, bei dem es sich zeigt, dass wir hier auf Interessenten treffen, die stunden- oder tagesaktuell Informationen abrufen. Das sind oft Informationen, die nicht im Vordergrund des gedruckten Blattes stehen.

Das ist doch aber auch wieder Gratis-Information.

Ja. Aber nie so aufbereitet, wie wir die damit angerissenen Themen im gedruckten Blatt veröffentlichen. Wir versuchen, damit Interesse für die gedruckte Zeitung zu wecken. Unsere e-Zeitung und die einzelnen Artikel der gedruckten Zeitung sind nur Abonnenten zugänglich.

Was könnten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Erfahrungen den Verlagen – auch den großen Häusern – empfehlen?

Ich maße mir nicht an, großen Häusern Empfehlungen zu geben. Ich sehe die meisten Häuser durchaus auf dem richtigen Wege: Immer mehr setzt sich die Einsicht durch, dass zuverlässige Informationen aus gutem Journalismus entstehen und ihren Preis haben müssen. Große Zeitungen wie die WAZ oder regionale Blätter in Bayern setzen auf ihre lokale Stärke und bieten den Abonnenten einen schnellen und umfangreichen Service, der die gedruckte Zeitung ergänzt und damit stärkt. Wir müssen lernen, diese Leistung zu verkaufen, statt sie zu verschenken. Das ist dann auch ein Modell, mit dem Verlage sogar bei jungen Leuten eine Chance suchen können.

Gibt es denn sonst noch etwas, was den gebeutelten Print-Menschen optimistisch stimmen könnte?

Die Verlustraten im Lesermarkt sind sehr unterschiedlich: Da gibt es Zeitungen, die haben hohe Verluste – ich lasse jetzt mal die neuen Bundesländer aus, weil da eine andere Situation ist –, und es gibt auch welche, die eine geringe Verlustrate haben. Wir in Schwäbisch Hall haben im letzten Jahr unsere Abo-Verluste bei 0,7 bis 0,8 Prozent gehalten, das ist unter dem Durchschnitt, und es gibt sogar Verlage, die mit 0,0 Prozent herauskommen. Das zeigt, dass Anstrengungen belohnt werden.

Herr Detjen, Sie waren vor 30 Jahren mit dem Ludwigshafener Pilotprojekt einer der Pioniere des privaten Rundfunks in Deutschland. Wenn Sie zurückdenken: Gibt es Parallelen zwischen damals und heute?

Im Neuland gibt es keinen Erfolg ohne Risiken, Verluste und Enttäuschungen. Der Erfolg wächst auf dem Humus der Gescheiterten.