Matthias Ehrlich: "Die TV-Branche hätte gern das Monopol für Online-Bewegtbildwerbung"
Der Bewegtbild Kongress am Donnerstag in Berlin dürfte spannend werden - vor allem, wenn auf dem Podium zwei Konkurrenten über die Zukunft der Online-Video-Werbung streiten: Matthias Ehrlich, Vorstand von United Internet Media, und Paul Mudter von IP Deutschland. Beide Branchengrößen verfolgen im Boom-Markt Bewegtbild unterschiedliche Ansätze. W&V-Redakteur Frank Zimmer hat darüber mit Ehrlich gesprochen.
Der Bewegtbild Kongress am Donnerstag in Berlin dürfte spannend werden - vor allem, wenn auf dem Podium zwei Konkurrenten über die Zukunft der Online-Video-Werbung streiten: Matthias Ehrlich, Vorstand von United Internet Media, und Paul Mudter von IP Deutschland. Beide Branchengrößen verfolgen im Boom-Markt Bewegtbild unterschiedliche Ansätze. W&V-Redakteur Frank Zimmer hat mit Matthias Ehrlich darüber gesprochen.
Herr Ehrlich, Sie haben gemeinsam mit Ihren Kollegen von Interactive Media und Yahoo eine Studie vorgelegt, die nicht allen in der Branche gefallen wird. Im Kern geht es darum, von welcher Bewegt-Bildwerbung Marken am meisten profitieren. Ihre These ist: Es sind nicht die son genannten inStream Ads, also nicht die Videos, die sich der Nutzer unfreiwillig anschauen muss. Richtig?
Das ist keine These, sondern das Ergebnis neutraler Marktforschung. Unsere Studie "Brands in (E)Motion" hat ein klares Ergebnis. inStream-Werbeformate zahlen deutlich weniger auf das Image einer Marke ein als inPage-Formate oder Bridge Ads, welche beispielsweise beim Wechsel zwischen zwei Webseiten erscheinen. Das sollte aber auch niemanden überraschen.
Warum nicht?
Weil inStream-Werbung systematisch für die 1:1-Übertragung der klassischen TV-Nutzung ins Internet steht und nicht für die veränderten Mediengewohnheiten heutiger Konsumenten. Wir haben heute ein völlig anderes Nutzungsverhalten als in den 90er Jahren. Wir erleben eine enorme Fragmentierung und Vervielfachung von Medienkanälen. Wir haben es mit anspruchsvolleren Konsumenten zu tun, die sich ihre Inhalte gezielt aussuchen. Sie können heute niemanden mehr dazu zwingen, sich zu einem bestimmten Zeitpunkt Werbung anzusehen. Und wenn Sie es trotzdem versuchen, dann bringt es der Marke weniger.
Das sehen die TV-Vermarkter anders. Sie haben Bewegtbild-Content und vermarkten es im Netz über inStream-Werbung. Was stört Sie daran?
Wir sind einer der größten Distributoren von Bewegtbild im deutschen Internet, wir vermarkten beide Formate. Ich gönne jedem Kollegen sein Geschäft, zumal wir eben auch selbst Pre-Rolls & Co. vermarkten. Aber in diesem Fall ärgere ich mich schon ein bißchen. Ich glaube nämlich nicht, dass es den TV-Vermarktern beim Thema Bewegtbild wirklich um ihr Online-Geschäft geht. Den geschätzten Kollegen vom klassischen TV beispielsweise dürfte es zuallerst um ihr Kerngeschäft gehen, und das liegt nicht im Internet, sondern im klassischen Fernsehmarkt. Natürlich hätten die TV-Plattformen gerne über Videos so etwas wie ein Monopol für Bewegtbild-Werbung. Sie können dann das Angebot verknappen und die Werbepreise erhöhen. Und am Ende behaupten, dass Bewegtbild-Werbung im Internet auch nicht günstiger zu haben ist als im klassischen TV. Das wird man natürlich nicht offen sagen. Aber so sind die Studien dann auch gestrickt oder skurrile Ideen als Argumente überzeichnet.
Wie viel setzt United Internet Media mit Bewegtbild-Werbung um?
Der Umsatzanteil liegt im Branchenschnitt bei unter zehn Prozent, bei steigender Tendenz. UIM liegt darüber. Wir nehmen das Thema Bewegtbild sehr ernst. Wir bieten unseren Kunden darum auch technische Unterstützung an, etwa bei der Umwandlung in Flash-Formate oder bei der bandbreitenoptimierten Auslieferung.
Flash ist für Nutzer von iPads ein Problem.
Das ist derzeit noch eine absolut marginale Größe, die nicht ins Gewicht fällt. Natürlich wird die Zahl der iPad-Nutzer noch steigen. Aber Apple wird sich beim Thema Flash bewegen.
Eine Form der Bewegtbild-Werbung habe ich in Ihrer Studie vermisst: Werbung im Video selbst. Wie stehen Sie dazu?
Das ist sehr interessant, weil die Werbewirkung enorm sein kann. Spielarten wie On-Set-Placement oder Creative Placement können gerade auch im emotionalisierenden Bewegtbild-Bereich sehr gut funktionieren. Allerdings ist der Aufwand relativ hoch. Das ist im Grunde genommen aber ein Kreations-Thema, kein Vermarkter-Thema, weshalb wir das im Rahmen unserer Studie auch nicht weitergehend betrachtet haben.
Da bin ich mir nicht so sicher. Bewegtbild-Werbung könnte sich ja auch dahin entwickeln, dass große Marken ihre eigenen TV-Formate oder Sender im Internet starten. Herr Mateschitz von Red Bull macht das ja vor.
Herr Mateschitz ist eine Ausnahme, er kann und muss auch enorm viel Geld ins Marketing investieren. Es gibt kaum vergleichbare Beispiele. In der Regel werden Marketing-Budgets ja eher gekürzt als ausgeweitet, für gut gemachtes, kundenbindendes Marken-TV dürfte also kaum Geld vorhanden sein. Es gibt auch nicht viele Marken, für die so etwas interessant wäre, denn Marken-TV funktioniert nur über überdurchschnittliche Emotionalisierung in Verbindung mit thematisch hochwertigen und hochrelevanten Inhalten. Wie soll das beispielsweise bei einem relativ austauschbaren Low-Involvement-Produkt wie Haarshampoo funktionieren? Nein, das ist inhaltlich sehr schwer rüberzubringen, und dass Marken zu Sendern werden, wird kaum zum Standardkonzept im Bereich Bewegtbildwerbung werden.