Und hier wird es wirklich spannend: Amazon verbreitet seine Kindle-Inhalte nämlich nicht nur über die eigenen mausgrauen Geräte, sondern auch über kostenlose Apps. Damit ist die eigene Kindle-Bibliothek praktisch überall und auf den besten und komfortablen Ausgabegeräten verfügbar. Die Synchronisierung funktioniert automatisch über die Amazon Cloud. Spätestens hier sieht der Book-Shop von Apple ziemlich alt aus, denn das riesige Content-Angebot von Amazon ist weltweit einfach unschlagbar.

Meine Prognose ist: Wenn Amazon die angekündigte Multimedia-Version des Kindle auf den Markt bringt, geht der Kampf um mobile Inhalte erst richtig los. Der Amazon Kindle Fire mit Farbdisplay und Touchscreen ist ab November für weniger als 200 Dollar in den USA zu haben. Klar, er ist kleiner als das iPad und die Webbrowser-Funktion wird nicht an Apple herankommen. Aber er ist weitaus günstiger und er passt in jede Manteltasche. Und er ermöglicht den Zugriff auf den größten Content-Shop der Welt. Er wird übrigens auch das Thema Paid Content neu aufrollen. Schon jetzt kann bei Amazon jeder sein eigener E-Book-Verleger mit Margen von bis zu 70 Prozent werden.

Und wer sagt eigentlich, dass ein E-Book mindestens 100 Seiten haben muss? Warum sollen Medienhäuser dort nicht einzelne Artikel verkaufen, warum nicht Journalisten und Fachautoren ihre Analysen, Studien, Charts und Rankings? Schon jetzt sind die ersten deutschen Medienmarken im Kindle-Shop vertreten. Auf dem 99-Euro-Kindle selbst ist es eine Qual, "Zeit" oder "Welt" zu lesen, aber schon die Kindle-App bietet für denselben Content ein konkurrenzfähiges Mobile-Produkt.

Also: Das Potenzial ist riesig. Das muss zwar noch lange nicht heißen, dass man die Chance mit dem nötigen Glück und Geschick nutzt. Aber Amazon hat es in der Hand, im digitalen Content-Markt das zu werden, was Apple in Musikgeschäft geworden ist. Und auch das wäre dann nur ein Anfang, denn Amazon steht schon längst für weitaus mehr als nur für Bücher. Amazon ist E-Commerce. Und besetzt damit im Rennen um den mobilen Internethandel die Pole Position.