Autofarben spiegeln den Zeitgeist wider. Und sie stehen für ein Wertversprechen. "Schwarz ist eine Powerfarbe. Sie drückt Abgrenzung aus und gilt als Farbe der Macht“, sagt Christian Scheier, Gründer und Geschäftsführer der Decode Marketingberatung. Er ist weltweit einer der wenigen Neuropsychologen, der Forschungs- und Praxiskompetenz in der Marketingberatung kombiniert. 

"Schwarz wird mit Erfolg assoziiert, und Schwarz macht sexy", meint Professor Harald Braem, Autor des Fachbuchs "Die Macht der Farben". Außerdem steigert Schwarz, genau wie Grau beziehungsweise Silber, den Wiederverkaufswert, weshalb diese Lackierungen bei mehr als jedem zweiten Neuwagen zu sehen sind. Kein Wunder also, dass vor allem Banker, Geschäftsführer und Aufsichtsräte gern mit der schwarzen Limousine vorfahren. Aber nicht nur die. Eine besondere Vorliebe für schwarze Fahrzeuge war bei Smart (56,1 Prozent) und Porsche (44,9 Prozent) zu beobachten.

Ungebrochen erfolgreich: Weiß (19,5 Prozent)

Perfekt inszenieren kann man sich mit einem weißen Auto. Denn Weiß ist die Farbe von Reinheit und Klarheit. Und sie ist weiter auf dem Vormarsch. 2015 wurden 624.696 weiße Wagen zugelassen. Beliebter waren nur die Farben Schwarz (875.012) und Grau (917.129). In anderen Teilen der Welt ist Weiß bereits der vorherrschende Autolack. In Nordamerika machen weiße Pkw 25 Prozent aus, in Südamerika sogar 27 Prozent.

Weiß ist aber nicht unbedingt die Farbe für große Schlitten. Mut zu Weiß zeigten daher die Frauen. Rund 23 Prozent der weiblichen Halter entschieden sich 2015 für ein weißes Auto, dagegen nur etwa 17 Prozent der Männer. Bei Kleinwagen würden nun mal helle und bunte Farben eher akzeptiert, zumal sie die Konturen der Karosse unterstreichen, findet Scheier. Die steigenden Zulassungszahlen von kleinen Autos könnten daher einer der Gründe sein, weshalb Weiß, aber auch Gelb und Rot inzwischen wieder häufiger auf den Straßen zu sehen sind. Der Farbpsychologie folgend, sind Besitzer eines weißen Autos häufig zurückhaltend und pflichtbewusst.

Comeback: Blau (9,1 Prozent)

Blau ist zwar die Lieblingsfarbe von rund 50 Prozent der Menschheit. Als Autofarbe taugte sie aber nur bis 2006. Damals wollten gut 565.000 Autofahrer blauen Lack. 2015 wurden nur noch 290.000 blaue Autos verkauft. Denn Blau wird mit Sympathie und Harmonie assoziiert, nicht aber mit Schnelligkeit, so die Begründung von Neurospezialist Scheier.

Doch Blau erlebt ein Revival: "Digitale Technologien verändern unsere Konsum- und Lebensgewohnheiten massiv. Durch das Internet der Dinge sind wir künftig ständig im Gespräch mit unserem Umfeld. Diese Interaktivität zeichnet sich besonders im Blauspektrum ab. Farben mit technischem Charakter haben oft sehr komplexe Effekte, die gezielt mit dem Lichteinfall interagieren", sagt Mark Gutjahr, Head of Design beim Unternehmensbereich Coatings der BASF in Europa. "Der Farbbereich Blau spielt hierbei eine sehr wichtige Rolle und wird, entgegen den geringeren Zulassungszahlen der vergangenen Jahre, wieder ansteigen."

Die unterschiedlichen Nuancen spiegeln dabei die vielfältigen Möglichkeiten des Fortschritts wider: Von subtilen, blau leuchtenden Farben über sehr intensive bis hin zu schwarzblauen Farbtonbereichen wird vieles auf dem Markt erscheinen.

Flowerpower-bunt und retro: Rot

"Wir haben heute 'Tarnkappenfahrzeuge' auf den Straßen“, sagt Professor Harald Braem und meint all die schwarzen, anthrazitgrauen oder amalfiweißen Autos. Doch das war nicht immer so: In der Nachkriegszeit fuhr man Rot. Der erste Porsche 901 beziehungsweise 911, der 1960 vorgestellt wurde war – genau – rot. Rot stand für schnell, man fiel damit auf. Mit der Flowerpower-Ära wurden bunte Modelle bevorzugt. Und sie transportierten das damalige Lebensgefühl: Wir probieren alles aus – von Marihuana bis Hardrock.

Auch in den 80ern ging es farbenfroh zu – es war eine Zeit des Optimismus, erläutert Scheier. Es gab keine wirklich großen Krisen, der Kalte Krieg sorgte für ein Mächte-Gleichgewicht ohne Kriege. Die Wirtschaft wuchs. 2015 wurden knapp 200 000 rote Neuwagen zugelassen. Der Optimismus ist heute offensichtlich eben nicht mehr ganz so groß.

Zurück zur Natur: Braun (4,7 Prozent)

Braun war 2010 bis 2012 begehrt wie Pfifferlinge im Herbst. Lange galt die Farbe als spießig. Oder um es freundlicher zu formulieren: Braun stand für Gemütlichkeit. Eigentlich war es eine unbeliebte Farbe, so Scheier. Heute steht der Farbcode jedoch als Gegentrend zur Technisierung unserer Welt, fährt er fort. Braun symbolisiert Natürlichkeit und passt gut zu Trends wie Urban Gardening oder der steigenden Nachfrage nach Bioprodukten. Das Kraftfahrt-Bundesamt zählte 2015 knapp 150 000 Wagen in verschiedenen Braunschattierungen. 2015 machten braune Neuwagen dennoch nur noch 4,7 Prozent aller neu zugelassenen Pkw aus.

Need for Speed: Gelb (1,5 Prozent)

Sonniges Gelb zeigt Lebenslust. Nicht umsonst hat Ferrari gelbe Autos im Programm. Gelb steht für Dynamik, Sportlichkeit und Entschlossenheit. Und für eine Prise Optimismus.


Autor: Yvonne Göpfert

ist Expertin für digitales Marketing und Multichannel-Commerce. Sie liebt VR, AR und ein bisschen auch KI und probiert aus, was die neuen Technologien so leisten. Zum Stressausgleich beschäftigt sie sich ganz analog mit Kräutern. Und mischt sie zu Tinkturen, Hustensirup oder leckeren Kochrezepten.