Aber all diese Geräte haben gemeinsam, dass Apple sie letztlich als Computer in verschiedenen Formen entwerfen konnte. Bei jeder neuen Produktkategorie konnte man auf bisherigen Erfahrungen und Logistik aufbauen. Ein Fahrzeug würde einen viel größeren Neuanfang bedeuten. Autos werden heute inzwischen zwar oft auch als rollende Computer bezeichnet. Allerdings gehört dazu auch die ganze Fahrzeugtechnik, in der die Autoindustrie über viele Jahrzehnte Wissen angesammelt hat.

Es sind rigide Sicherheitsvorschriften zu beachten. Auch die Logistik ist völlig anders: Die iPhones werden zu tausenden per Frachtflugzeug transportiert. Autos sind sperrig, sie brauchen Werkstätten und bei Elektroantrieb auch Ladestationen oder Batteriewechsler. Zudem besetzen E-Autos immer noch nur eine kleine Nische - und die niedrigen Ölpreise mindern aktuell zusätzlich ihre Anziehungskraft. Dies alles lässt Gerüchte über ein Apple-Auto zunächst übertrieben erscheinen. Schließlich setzte Apple bisher darauf, der Autobranche die CarPlay-Plattform zum Einbinden seiner iPhones anzubieten.

Doch die Detailfülle vor allem des "Wall Street Journal"-Berichts ist beeindruckend: Derzeit werde das Design eines Minivans entworfen, Projektchef Steve Zadesky dürfe ein Team von bis zu 1000 Leuten aus verschiedenen Apple-Sparten zusammenstellen. Zugleich heißt es auch, Apple könne es sich noch anders überlegen und das Projekt stoppen. Autohersteller bauen meist in eigenen Fabriken - Apple setzt hingegen konsequent auf Auftragsfertiger. Dazu würde passen, dass sich laut "Wall Street Journal" ein Apple-Team mit dem österreichischen Auftragsproduzenten Magna Steyr getroffen hat. Dieser bietet auf seiner Website auch Prototypen-Fertigung als Dienstleistung an und hatte schon vor sechs Jahren das Elektroauto-Konzept Mila EV gezeigt. Österreich wäre ein guter Ort, um Apples Geldreserven auszugeben.

Von den 178 Milliarden Dollar liegt ein großer Teil außerhalb der USA und würde bei einer Rückkehr ins Heimatland mit 35 Prozent besteuert. "Apple hat viele Optionen - und ein Auto ohne Partner selbst zu bauen, ist nicht die interessanteste und nicht die lukrativste", sagt dazu Koslowski. Insgesamt würden die Apple-Aktionäre sich aber darauf einstellen müssen, dass die Renditen im Autogeschäft viel geringer seien, als sie es vom iPhone und anderen Geräten gewohnt sind. Hinweise auf ein vertieftes Interesse von Apple am Autobereich gab es schon länger. Vor einem Jahr berichtete die Zeitung "San Francisco Chronicle" von einem Treffen zwischen Tesla-Chef Elon Musk und dem bei Apple für Firmenzukäufe zuständigen Adrian Perica. Bei dem Gespräch im Frühjahr 2013 sei eventuell auch Apple-Chef Tim Cook dabei gewesen.

Personelle Neuzugänge wirken nun anders. So hat der im vergangenen Jahr angeheuerte Star-Designer Marc Newson nicht nur Uhren entworfen, sondern auch schon einen Prototypen für Ford. Ein ranghoher Apple-Manager verriet vor zweieinhalb Jahren, dass der Konzern schon vor langer Zeit über ein Auto nachgedacht hatte. Nach dem Erfolg des 2001 gestarteten iPod-Players seien auch eine Kamera oder ein Auto als Produkte erwogen worden, sagte Marketing-Chef Phil Schiller im kalifornischen Patent-Prozess gegen Samsung im August 2012. Unter den Ideen seien "verrückte Sachen" gewesen. Die Führung um Gründer Steve Jobs entschied sich schließlich für das iPhone. Der Einstieg von Apple krempelte die Mobilfunk-Branche komplett um.

Der heutige Konzernchef Cook sagte in einem Fernsehinterview im September, Apple entwickele Dinge, über die noch nicht einmal spekuliert worden sei: "Wir arbeiten an Produkten, über die keiner etwas weiß." Zugleich schränkte er ein, Apple probiere viel aus: "Bei manchen Sachen werden wir sagen: "Wisst ihr, das stellen wir ein"."