Ruhrbaron Stefan Laurin:
"Der Unterschied zwischen Journalisten und Bloggern hat keinen Sinn"
Warum diskutieren wir eigentlich noch über Standesunterschiede zwischen Journalisten und Bloggern? Stefan Laurin ist beides. Das W&V-Interview mit dem Kopf des einflussreichen NRW-Blogs "Ruhrbarone" über Qualitätsansprüche, die neue Dortmund-Ausgabe und den Kontakt zum BVB.
400.000 Unique Visitors und rund eine Million Page Impressions pro Monat: Es gibt deutsche Regionalzeitungen, die an solche Online-Zahlen nicht herankommen. Das NRW-Blog Ruhrbarone schafft das. Neuerdings bieten die Ruhrbarone sogar eine Lokalausgabe für Dortmund an. Eine WAZ von unten? Das Blog als die bessere Zeitung? Ruhrbarone-Chef Stefan Laurin sieht das alles ganz ideologiefrei: Er ist selbst Journalist und akzeptiert in der ewigen Blogger-versus-Journalisten-Debatte nur einen Maßstab: Qualität.
Herr Laurin, Sie sind der Kopf der Ruhbarone. Sie haben viele Leser in Berlin, die meisten aber natürlich in NRW. Wie erklären Sie jemanden in Hamburg oder München, was Sie machen und wie "Ruhrbarone" funktioniert?
Aus dem Ruhrgebiet kommen vor allem unsere exklusiven und recherchierten Geschichten. Die meisten Leser in Hamburg und Berlin interessen sich eher für unsere Diskussionsbeiträge zu bundesweiten Themen, nicht für die regionalen Stücke. Was wir alle zusammen jeden Tag machen? Versuchen, möglichst spannende Geschichten zu erzählen.
Jetzt gibt es ja auch eine Lokalausgabe der Ruhrbarone für Dortmund. Sie wollen eine Alternative zur ausgehöhlten "Westfälischen Rundschau" anbieten. Wie wollen Sie das schaffen?
Wir können und wollen keinen Ersatz für die WR schaffen. Wir sind keine "Internet-Tageszeitung", sondern ein Blog. Aber wir haben immer viel über Dortmund berichtet, weil es eine Stadt ist, in der viel passiert, und werden mit neuen Kollegen ab jetzt mehr über Dortmund berichten. Dazu gibt es dann tägliche Kulturtipps und einen Nachrichtenüberblick. Der heißt auf der Zentralseite "Ruhrpilot" und auf der Dortmund-Seite "Frühstück".
Die WAZ-Gruppe hat ja schon vorher an der Redaktion gespart. Wie groß ist die Lücke, die die "WR" in der Lokalberichterstattung hinterlässt, denn wirklich?
Es ist eine große Lücke. Mit der "WR" fehlt in Dortmund eine wichtige Stimme. Der größte Umweltskandal der letzten Jahre, Envio, wurde von Klaus Brandt aufgedeckt, der damals noch bei der "WR" war und heute in der WAZ-Rechercheabteilung tätig ist. Was aber auch fehlt, ist der Wettbewerb um die besten Geschichten.
Ein großes Thema in Dortmund ist natürlich die Fußball-Berichterstattung. Wie wichtig ist Borussia Dortmund für Sie und für Ihr Redaktionskonzept? Fühlen sich die Ruhrbarone vom BVB überhaupt ernst genommen oder gibt es in der Pressearbeit da eine Zweitklassengesellschaft?
Bis jetzt haben wir noch keinen Kontakt zum BVB gehabt, aber mit Robin Patzwaldt und Matheuszik vom Pottblog, der uns in Dortmund unterstützt, werden wir auch eine gute BVB-Berichterstattung hinbekommen. Ob es eine Zweiklasssengesellschaft gibt, werden wir in den kommenden Wochen und Monaten sehen, ich glaube aber an eine normale, professionelle Zusammenarbeit.
In den vergangenen Jahren ist viel über die Abgrenzung zwischen Journalisten und Bloggern diskutiert worden. Braucht es den Unterschied eigentlich noch, wenn publizistische Qualität das gemeinsame Ziel ist?
Nein, der Unterschied hat keinen Sinn. Viele große Zeitungen haben eigene Blogs, Blogger arbeiten für Zeitungen und Sender. Viele von uns arbeiten ja als Journalisten für verschiedene Verlage. Qualität ist der Maßstab, nicht ob etwas in einer großen Zeitung erscheint oder in einem Blog wie den Ruhrbaronen. Letztendlich treibt uns doch alle das gleiche: Leidenschaft.