Auch in Birmingham, Alabama, legt man sich ins Zeug, um bei Bezos Beachtung zu finden - überdimensionale Amazon-Paketboxen zieren neuerdings die Innenstadt. Der Hashtag zur Aktion: #BringAtoB. 

Bei Kansas heißt die Kampagne #KC5stars. Ein Film zeigt den Bürgermeister Sly James mit diversen Amazon-Kartons. Angeblich hat er 1.000 Produkte geordert und verfasst dann 5-Sterne-Rezensionen. Seine Bewertungen kann man auf der Kampagnen-Website nachlesen.

Andere Bürgermeister versuchen, mit Hilfe von Amazons Sprachassistentin Alexa Überzeugungsarbeit zu leisten. Auf die Frage, wo der beste Standort sei, ließen sie den smarten Lautsprecher den jeweiligen Namen ihrer Stadt antworten.

Dass in ganz Nordamerika die roten Teppiche für Amazons "HQ2" (Headquarter2) ausgerollt werden, ist angesichts der großen Verheißungen von Bezos nicht verwunderlich. Mehr als fünf Milliarden Dollar will das Unternehmen in den Bau stecken, mehr als 50.000 Arbeitsplätze schaffen. Zehntausende zusätzliche Jobs und Investments in zweistelliger Milliardenhöhe soll Amazons Präsenz indirekt entstehen lassen.

Ob kleinere Städte mit Kreativbewerbungen ernsthafte Chancen haben, steht angesichts starker Konkurrenz durch Metropolen wie New York, Chicago, Toronto oder Boston zu bezweifeln. Während Basketball-Star Michael Jordan den Cheerleader für North Carolinas Großstadt Charlotte macht, bietet etwa New York seine Wall-Street-Größen als Botschafter auf.

New York zeigt heute auf Twitter, dass die Stadt sich noch auf den letzten Metern ins Zeug legt. Das Empire State Building - in Amazon-Orange getaucht.

Letztlich geht es bei Ausschreibungen wie der von Amazon jedoch vor allem ums Geld. Entscheidend könnte am Ende schlichtweg sein, welcher Gouverneur zu den größten Zugeständnissen in Sachen Steuernachlässe bereit ist. Dass Konzernchefs potenzielle Standorte in einer Art Casting gegeneinander ausspielen, um sich den besten Deal zu sichern, ist in den USA durchaus üblich. Elon Musk hatte es bei der Planung von Teslas riesiger Batteriefabrik "Gigafactory" ähnlich gehandhabt. Zuletzt riefen die japanischen Autoriesen Toyota und Mazda einen solchen Wettbewerb für den Bau eines gemeinsamen US-Werks aus.

Während sich Politiker gerne mit großem öffentlichem Rummel als Jobbeschaffer feiern lassen, sehen Experten die Praxis skeptischer. Häufig werden Investitionen und Arbeitsplätze durch Steuergelder teuer erkauft. Spätestens seitdem herauskam, dass sich der Auftragsfertiger Foxconn ein zehn Milliarden teures Werk im Bundesstaat Wisconsin mit einem Subventionspaket im Wert von drei Milliarden Dollar versüßen ließ, nimmt die Kritik zu. Ein Aktionsbündnis, das Vertreter von 21 Bundesstaaten umfasst, appellierte deshalb bereits an Bezos, das Auswahlverfahren möglichst transparent zu gestalten. (app/dpa)


Autor: Ulrike App

ist bei W&V Online für Digitalthemen zuständig. Und das hat nicht nur mit ihrem Nachnamen zu tun, sondern auch mit ihrer Leidenschaft für Gadgets und Social Media. Sie absolvierte vor ihrer Print-Zeit im Marketing-Ressort der W&V die Berliner Journalisten-Schule und arbeitete als freie Journalistin.