Und die funktioniert so: Bereits zu Lebzeiten können sich die User eine virtuelle Gedenkstätte schaffen, mit Bildern, Filmen, Lieblingsrezepten und Dokumenten, die das eigene Leben preisen sollen. Die "Gedenkstätte" wird nach dem Tod des Kunden freigeschaltet und kann dann von Angehörigen und Freunden besucht und mit Kommentaren versehen werden. Vorausgesetzt, Stayalive erfährt vom Tod des Kunden. Was ein PDF mit Aktivierungscode bei den wichtigen Dokumenten zuhause und die Vernetzung mit Freunden auf Stayalive gewährleisten sollen.

Laut Michael Krage geht Stayalive mit seinem Angebot aber deutlich weiter als andere Portale. So können die Kunden in einem gesicherten virtuellen "Tresor" wichtige Dokumente oder Kontodaten lagern, die nach dem Tod einem vorab definierten Personenkreis zugeschickt werden. Über Google Maps lassen sich die realen Friedhöfe miteinander verknüpfen, um eine Art digitales Familien- oder Gruppengrab zu schaffen. Rund 2.500 Friedhöfe hat der Dienst dafür bereits erfasst.

Aber nicht nur für den "Eigenbedarf", auch für andere Personen kann eine Gedenkstätte errichtet werden. Und ja, auch das geliebte Haustier darf verewigt werden. Wobei Michael Krage auf "mehrere Rückkopplungen und Prüfmechanismen" verweist, die Missbrauch ausschließen sollen. Damit nicht womöglich ein Lehrer über Stayalive von seinem Ableben erfährt.

Finanzieren will sich das Portal nicht über Werbung, sondern über Nutzergebühren. Zum Ausprobieren der Funktionen sind die ersten 14 Tage kostenlos. Danach kostet ein Jahr in der virtuellen Welt 19,90 Euro, sechs Jahre sind für 49,90 gesichert. Ab zehn Jahren ist ein Scan-Service, etwa für alte Fotos aus Omas Schuhkarton, inklusive, das kostet dann zusammen 99,90 Euro. Und wer sich ewig an Stayalive und das Web binden will, ist mit 499,90 Euro dabei. Das eigene Konto mit allen Rechten kann dabei an andere User "weitervererbt" werden. Wobei offen ist, was mit den Daten und dem Geld passiert, wenn das Startup nicht überlebt. Über PR, Affiliate-Programme und Facebook wird das Portal beworben.

Helmut Markwort ist ein ganz spezieller Service wichtig: Eine Liste mit Leuten, die nicht zu seiner Beerdigung erscheinen sollen. "Und die wird jeden Tag länger", witzelt der 73-Jährige. Seine Motivation, sich ausgerechnet bei einem Trauerportal zu engagieren, bleibt jedoch ein wenig vage. Von einem "Internet-Gedenken, das gut und ehrenwert ist", spricht Markwort. Von einem "kompletten Konzept" und einem Thema "das eine große Zukunft hat". Und von seinem Freund Monti Lüftner, der im Mai 2009 tragisch ums Leben kam. Für ihn könnte sich Markwort eine virtuelle Gedenkstätte gut vorstellen. Eine eigene hat er noch nicht angelegt, doch der Gedanke, ewig weiterzuleben, und sei es nur im Web, gefällt ihm offenbar. Wie er selber gerne in Erinnerung bleiben würde? Mit seiner "Vielseitigkeit", der Liebe zu seiner Familie, dem Journalismus, dem Theater und dem Fußball.

Das Projekt ist sein eigenes, Burda ist nicht mit im Boot, auch Focus Online nicht. Darauf legt Markwort Wert, "wir sind kein Wettbewerber". Burda wurde aber laut Markwort vorab informiert. Ein Engagement seines Verlages schließt er aus, vielleicht gebe es irgendwann Schützenhilfe von Tomorrow Focus.

Michael Krage ist optimistisch, dass sein Startup gute Überlebenschancen hat. Bei rund 85.000 Sterbefällen im Jahr sei die Gemeinde der Trauernden groß und wachse weiter. Konkurrenz durch Facebook fürchtet er nicht. "Das ist eher ein Funportal", das Thema passe dort nicht. "Aber wenn Marc Zuckerberg anruft, machen wir gerne was zusammen". Schließlich habe Facebook das Problem, was mit Accounts von Usern passiert, die gestorben sind. Auch Konkurrenz durch Zeitungsverlage, die etwa auf www.trauer.de Todesanzeigen ins Web stellen, fürchtet Krage nicht. "Damit wird nur die alte Welt in das Internet übertragen. Das wird nicht überleben."


Autor: Frauke Schobelt

koordiniert und steuert als Newschefin der W&V den täglichen Newsdienst und schreibt selber über alles Mögliche in den Kanälen von W&V Online. Sie hat ein Faible für nationale und internationale Kampagnen, Markengeschichten, die "Kreation des Tages" und die Nordsee. Und für den Kaffeeautomaten. Seit 2000 im Verlag W&V.