
Wulf-Peter Kemper über Management-Kultur in Agenturen:
"Die Branche muss besser führen"
Schlechte Führungskultur zieht eine Firma runter und gefährdet manchmal den Ruf einer ganzen Branche. Der frühere Thjnk-Geschäftsführer Wulf-Peter Kemper hat in einem Buch 10 wesentliche Skills identifiziert. Ein Interview über essenzielle Kompetenzen und gutes Management.

Foto: Sina Görtz/Design Studio Belser
Schlechte Führungskultur zieht eine Firma runter und gefährdet manchmal den Ruf einer ganzen Branche. Wulf-Peter Kemper, Ex-Vorstand bei Springer & Jacoby und früherer Thjnk-Geschäftsführer hat in seinem Buch über "Die Typologie der Agenturführung" 10 wesentliche Skills identifiziert. Ein Interview über essenzielle Kompetenzen und gutes Management.
Herr Kemper, Sie haben 10 typische Agenturchefs identifiziert, vom Aufreißer bis zum Denker. Da interessiert uns natürlich, welchen real existierenden Agenturchef sie wo sehen.
Der Gedanke liegt nahe, aber ich muss Sie leider enttäuschen. Ich habe von einigen Ausnahmen abgesehen bewusst darauf verzichtet, jedem Typen eine real existierende Person zuzuordnen. Aus zwei Gründen: Erstens wäre es ein sehr persönliches, subjektives Urteil. Das möchte ich mir nicht öffentlich anmaßen. Und zweitens bilden die Agenturchefs in der Regel mehrere meiner zehn Typen ab - jeder ist sozusagen seine ureigene Typen-Mischung. Die Menschen sind zu komplex, um sie auf einen einzigen Typen zu reduzieren.
Das heißt, es geht weniger um bestimmte Manager-Persönlichkeiten als um Kompetenzen?
Richtig. Ich skizziere eine Kompetenz-Typologie. Das heißt, ich beschreibe die Persönlichkeitsmerkmale und Charaktereigenschaften - sprich die Kernstärken - von zehn unterschiedlichen TYPEN, die in der Führungsriege der Agentur in Summe vorhanden sein sollten. Manche Agenturchefs decken viele oder fast alle dieser Kompetenzen ab, manche weniger.
Der beste Agenturchef wäre demnach der, der möglichst viele Typen auf sich vereinigt.
Nicht unbedingt. Wenn jemand über viele unterschiedliche Kompetenzen verfügt, ist das hilfreich und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass er oder sie die Agentur gut führt. Aber noch wichtiger als die möglichst große Anzahl von Skills ist die Fähigkeit und die Bereitschaft, sich ergänzen zu lassen. Gute Agenturchefs holen Leute, die anders sind und bestimmte Dinger besser können als sie selbst. Und nicht die, die ihnen ähnlich sind.
Ist das auch ihre eigene Erfahrung?
Ich bin seit über 25 Jahren in der Agenturbranche und bekam relativ früh Führungsverantwortung übertragen. Also auch Zeit und Gelegenheit, Dinge falsch zu machen und zu erkennen, welche Typen-Konstellationen auf Dauer erfolgreich sind.
Auf manche jüngere Leser wirkt Ihr Buch wie ein Anachronismus. Die Werbebranche redet über Digitalisierung und Nachwuchsprobleme, und Sie veröffentlichen ein gedrucktes Buch über Agenturchefs. Warum ist Ihnen das Thema so wichtig?
Aus denselben Gründen, die genau diese jüngeren Leser umtreibt: Veränderung und Nachwuchsarbeit. An Agenturen werden heute weit höhere Ansprüche gestellt als früher. Fehler werden nicht mehr so leicht verziehen und Unwissenheit adhoc geahndet. Oft fehlt der Raum zur persönlichen Entfaltung. Das frustriert junge Talente. Wenn eine Agentur damit überfordert ist, dann liegt das in erster Linie an ihrer Führung. An wem auch sonst? In vielen Agenturen ist es aber nicht üblich, über Management-Kultur, Führungsqualitäten und die eigenen Stärken und Schwächen nachzudenken. Ich glaube, dass die Branche besser führen muss. Nur so kann sie Mitarbeiter und Kunden auf Dauer für sich gewinnen.
"Typen. Die Typologie der Agenturführung" ist im New Business Verlag erschienen. Der Autor, Wulf-Peter Kemper, beschreibt darin u.a. diese 10 "Typen":
- Meister
- Denker
- Kunden-Flüsterer
- Aufreißer
- Integrator
- Money-Maker
- Kümmerer
- Strukturierer
- Sonnenschein
- Anführer
Wulf-Peter Kemper, Jahrgang 1965, ist Mitglied des ADC und Inhaber der Strategieberatung WPK Strategy in Hamburg.