
Globaler VW-Pitch:
"Die Marke VW ist in keiner guten Verfassung"
VW-Marketer Jochen Sengpiehl lässt Networks weltweit um maßgeschneiderte Agenturmodelle pitchen. Bis Sommer 2019 entsteht ein überarbeitetes Brand Design.

Foto: Roland Niepaul/VW
Die Marke Volkswagen hat Nachholbedarf. "Die Marke ist in keiner guten Verfassung", sagte Volkswagen-Marketingchef Jochen Sengpiehl bei einem Hintergrundgespräch in Berlin. Grund dafür sei nicht nur der Abgasskandal, sondern eine Reihe weiterer Fehler. So sei beispielsweise das Design zu sachlich für die digitale Welt und das Thema Elektromobilität zu spät angegangen worden.
Die Anzahl der Agenturen weltweit verringern
Dem Umbau im Konzernvorstand folgt nun ein weltweiter Umbau des Marketings und vor allem der Steuerung von Agenturen. Sengpiehl lässt die großen Agentur-Holdings in fünf Regionen (Europa, China, Nordamerika, Südamerika, "Rest of the World") zum Pitch antreten. Es geht darum, pro Region eine für den Autobauer maßgeschneiderte Agentur zu zimmern. "Wir wollen die Anzahl der Agenturen verringern und die verschiedenen Marketingdisziplinen stärker integrieren", sagt Sengpiehl. Es sei nicht ausgeschlossen, dass dabei in den Regionen auch unterschiedliche Networks zum Zug kommen.
Pro Region soll ein individuell für VW konfiguriertes Agenturmodell entstehen, das von Content über Kreation, digitales Marketing, Social Media und Media alle Disziplinen integriert. Die Mediaagentur PHD (Omnicom), für die sich VW erst im vergangenen Sommer nach 18 Jahren bei Mediacom (WPP) entschieden hatte, ist vom Pitch allerdings nicht betroffen.
Pate stehen dabei Agenturmodelle wie beispielsweise We are Unlimited, das Omnicom in den USA für McDonald's gezimmert hat. Dort werden nicht nur Mitarbeiter von Omnicom-Agenturmarken wie BBDO, DDB, Annalect eingebunden. 40 Prozent der Mitarbeiter kommen von extern - Facebook, Google, Adobe oder Twitter. Im VW-Konzern gibt es für Seat mit dem DDB-Ableger C14torce bereits ein individuelles Agenturmodell, das von Amir Kassaei in Barcelona geführt wird.
"Wir haben zuviel Geld für Paid Media ausgegeben"
Allen globalen Marken geht es darum, Komplexität abzubauen und im Marketing effizienter zu werden. FCMG-Marken wie P&G oder Unilever haben es vorgemacht: Sie lösen sich von tausenden von Agenturen weltweit und konzentrieren die Aufgaben in weniger Händen. Wieviele Agenturen bei VW weltweit betroffen sind und auf wieviele Agenturen reduziert werden soll, mag Sengpiehl nicht sagen. Man kann aber davon ausgehen, dass es insgesamt einige hundert Agenturen betrifft. Schon bis zum Jahresende sollen die Pitches abgeschlossen sein.
Technisch laufen alle (Kampagnen) Daten in einer zentralen Data Management Plattform in Wolfsburg zusammen. Auch die globale Webseite, der VW Content Hub wird von dort gesteuert. Andere Automarken wie BMW oder Fiat Chrysler arbeiten hier beispielsweise mit Accenture zusammen. Welche Partner VW hinzuzieht, will Sengpiehl nicht transparent machen. Der Digitaletat wanderte 2017 jedenfalls in die Hände des Accenture-Zukaufs Sinner Schrader.
VW soll jedenfalls mehr zum "Brand-Publisher" werden. "Wir haben in der Vergangenheit zuviel Geld für Paid Media ausgegeben", sagt Sengpiehl. Man könne Autos aber nicht mehr wie in der Vergangenheit launchen, sondern müsse die Kunden identifizieren und persönlicher ansprechen.
Mehr Leichtigkeit und Flexibilität im Brand Design
Bis Mitte 2019 soll auch das Brand Design von VW rundumerneuert sein. Es gehe darum, dass die Marke zwar in sich konsistent bleibe, gleichzeitig aber flexibler werde, Spaß und Leichtigkeit vermittele, um an allen Touchpoints gleichermaßen zu funktionieren. Auch das Logo wird angepasst.
Wie das neue Markendesign aussieht lässt sich wohl erst zum Launch des neuen Golf 8 und der ID-Markenfamilie im Herbst 2019 begutachten. Zuerst werde es in Europa eingesetzt und danach weltweit ausgerollt, kündigt Sengpiehl an.