Welche Rolle spielt das Social Web dabei?

Eine überragende. Ohne das Social Web hätte die AfD nicht diese Erfolge. Ich bin ja selber Internet-Aktivist und wollte die AfD-Reichweiten zuerst nicht glauben. Ich habe am Anfang vermutet, dass die ganzen Likes und die Reichweite gekauft seien. Ist aber nicht so. Die wahre Internetpartei ist die AfD. Via Social Web kann sie mit Ihren Sympathisanten debattieren. Hier kann man sich wechselseitig in der Opferrolle bestärken und sich gemeinsam bestätigen, dass man das System durchschaut, Gefahren erkannt hat und viel schlauer als die anderen ist. Daher auch die Thematisierung der angeblichen "Lügenpresse". Es ist eigentlich einen Anti-PR Strategie. Wenn ich das Medium schlecht mache, das über mich berichtet, darf der Inhalt der Berichterstattung ja nicht positiv sein. Daher die ständigen Provokationen.

Momentan profitiert die AfD von einer Empörungs- und Wutbürger-Welle. Wie lange kann so etwas funktionieren?

Indignation und Furor erschöpfen sich irgendwann. Zudem brauchen sie auch immer neue Nahrung. Wie bei einem Feuer, das lichterloh brennt. Der Brennstoff ist das, was ich den "ignoranten Widerstand" nenne. Jeder unberechtigte Nazi-Vorwurf, jede überbordenden Kritik, jegliche - aus Sicht des AfD-Fans - formulierte Ungerechtigkeit ist weiterer Nachschub für die Flammen der Wut. Das sollten auch die Medien bedenken. Die parteiische Behandlung der AfD macht die AfD stärker. Es ist schlicht nicht die Aufgabe der Medien, die AfD zu verhindern.

Die Republikaner und die Schillpartei sind nach einigen Jahren wieder in der Versenkung verschwunden. Was ist Ihre Prognose für die AfD?

Protestparteien ziehen unweigerlich schwierigen Charaktere an. Ich nenne sie gerne Parteinomaden. Menschen, die schon den verschiedensten Parteien gewesen sind und deren Charakter wenig berechenbar ist. Nur gegen etwas zu sein, reicht auf Dauer nicht aus. Eine Partei, die zweistellig in die Parlamente einzieht, muss auf alle Fragen der Politik Antworten finden. Und sie muss verlässlich, berechenbar und seriös arbeiten - auch innerhalb der Parteienstrukturen. Die Republikaner, die Schill-Partei oder zuletzt die Piraten sind an ihrem eigenem Chaos gescheitert.

Mit Funktionären wie Björn Höcke hat die AfD ja schon jetzt die eine oder andere rollende Kanonen auf Deck. Das scheint ihr aber nicht zu schaden.

Bei der AfD werden die Flügelkämpfe doch nur durch den derzeitigen Erfolg übertüncht. Noch ist Honeymoon, wenn aber der parlamentarische Ehealltag einkehrt, wird es in der AfD sicher wieder sehr unruhig werden. Und das goutiert der Wähler überhaupt nicht.

Angenommen, die AfD würde diese Phase überstehen und sich im Parteienspektrum etablieren: Sehen wir dann irgendwann auch AfD-Mitglieder in den öffentlich-rechtlichen Rundfunkgremien?

Egal ob man das gut oder schlecht findet: da gehören sie, nach aktueller Rechtslage, doch heute schon hin. Das  zeigt, wie schlecht  die Idee ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch diejeningen beaufsichtigen zu wollen, denen man doch eigentlich auf die Finger schauen soll.

Zur Person: Hasso Mansfeld ist Kommunikations- und Strategieberater. Er gehörte zum Autorenkreis von The European und schreibt heute für das Meinungsportal Die Kolumnisten. Mansfeld kandidierte 2014 als FDP-Mitglied für das Europäische Parlament. Er lebt und arbeitet in Bingen am Rhein.


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Autor: W&V Redaktion

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