
Dialogmarketing:
"Ein Print-Mailing ist wie ein Influencer aus Papier"
Das Print-Mailing erlebt eine Renaissance, sagt Dialog-Experte Marcel Seyther. Im Interview erklärt er, an welchen Punkten der Customer Journey Mailings sinnvoll sind - und welche Rolle dabei die Marketing Automation spielt.

Foto: Seyther Kommunikation
Herr Seyther, wie steht es um klassische Dialogmarketing-Kampagnen im Zeitalter der Digitalisierung?
„Wir erleben eine Renaissance der Print-Mailings. Denn: Mit gut gemachten Print-Mailings kann man Kunden begeistern. Lange haben Marketer nur schwarz-weiß gedacht, langsam vermischen die Kanäle sich wieder. Den Werbungtreibenden wird klar, dass man aus den klassischen, oft totgeglaubten Kanälen Vieles in die Zukunft mitnehmen kann. Was uns auch auffällt, ist, dass seit Inkrafttreten der DSGVO wieder mehr Kunden über Mailings nachdenken. Dabei geht es aber heute vor allem um hochwertigen Content mit Nutzwert und weniger klassische Werbebriefe, die früher in großen Massen an die Kunden verschickt wurden. Qualität statt Quantität.“
Sie sagen, man kann mit Mailings Kunden begeistern. Warum? Und: Wie?
„Wichtig ist, dass das Mailing einen Kunden genau im richtigen Moment in der Customer Journey erreicht. Dann wird das haptische Werbemittel, das der Kunde anfassen und sich an die Pinnwand hängen kann, seine Wirkung erzielen: Die Menschen wollen unterhalten werden, sie wollen ein Erlebnis, das sich abhebt von ihrem digitalen Leben. Man kann es nicht wegklicken, es ist wertig, authentisch, vielleicht durch Verpackungen und Stanzungen veredelt. Das schafft ein digitales Werbemittel nicht. Es darf aber gerne verknüpft werden, durch Landingpages oder QR-Codes. Dank Smartphone gibt es da heute auch fast keinen Medienbruch mehr.“
An welche Kundengruppen sollte man sich mit physischen Mailings denn wenden?
„Ich unterscheide nicht in Neu- und Bestandskunden, sondern eher in warm und kalt. Hat sich jemand Inbound auf meiner Website informiert, behandle ich ihn wie einen Bestandskunden, mit dem ich mich unterhalten möchte. Das erste Mailing ist wie das erste Gespräch mit jemandem, den Sie gerne kennenlernen möchten – und mit jedem weiteren Dialog lernen Sie ihn besser kennen. Sie wissen, welche Interessen der Kunde hat, welche Farben er trägt, ob er schon einmal Bademode bei Ihnen bestellt hat – und das dann vielleicht wieder tut. Da nehmen Mailings eigentlich die Rolle von Influencern ein: Sie informieren Menschen über ein Thema, das sie interessiert. Und treten in einen Dialog. Es ist doch derselbe Mechanismus: Ein Influencer postet ein Bild von sich am Strand und schreibt, dass er einen herrlichen Platz entdeckt hat. Und fragt seine Follower: „Was ist Euer Lieblingsplatz? Schreibt es in die Kommentare!“ Das Mailing sagt: Guck mal, was für schöne Bademoden es hier gibt. Sieh sie Dir doch mal an und verrate mir Deine Lieblingsfarbe. Dazu ein Einkaufsgutschein, schon sind Sie im Gespräch. Wie ein Influencer, oder ein Vertriebler, aber aus Papier (lacht).“
Stichwort Gutschein: Wie wichtig sind Gutscheine? Und welche Elemente muss ein Mailing sonst noch haben, um zu wirken?
„Gutscheine sind wichtig, denn ein Call to Action gehört in jedes Mailing. Sonst macht es keinen Sinn. Es darf auch nicht überladen sein, man sollte sich auf Wesentliches konzentrieren und nicht versuchen, alles hineinzupacken. Es sollte empathisch sein, den Kunden verstehen. Ihm Tipps geben, ihm eine Geschichte erzählen, unterhalten. Aber vor allem: Ein Response-Element muss enthalten sein. In 'Responseelement' steckt das Wörtchen Seele – und das ist es doch: die Seele des Mailings.
Welche Rolle spielt Marketing Automation dabei?
Eine enorm wichtige! Durch Marketing Automation kommt der Kunde ja überhaupt erst auf mich zu. Inbound-Marketing ist viel wichtiger geworden – das bloße informieren über neue Produkte braucht keiner mehr. Ob es klassische oder digitale Kanäle sind: Mit Marketing Automation haben unternehmen die Chance, genau zum richtigen Zeitpunkt in der Customer Journey aufzutreten.
Kann beim Versenden von Print-Mailings denn auch etwas schiefgehen? Und was ist dann mit dem Dialog?
Eine Aktion sollte gut überlegt und professionell ausgeführt werden und Teil einer größeren Kampagne sein. Man darf sich ruhig mal was trauen, der Werbebrief in „DIN LANG-weilig“ ist out. Naja, und man sollte natürlich keine Schokolade im Sommer verschicken oder beim Versenden von Kaffeebohnen daran denken, dass die Post die Briefe falzt. Aber selbst ein solcher Fail kann eine Grundlage sein für einen Kundendialog. Dann kommt es nur darauf an, was man draus macht.“
Marcel Seyther ist Experte für Dialogmarketing und mit seiner Agentur Seyther Kommunikation spezialisiert auf kreative Mailings. Mit seinem Team entwickelt er Dialogkampagnen für Unternehmen wie die Baden-Württembergische Bank, Siemens oder Klett und unterstützt mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung von Printmailings.