
"Kein Verstoß gegen die guten Sitten": Das F-Wort ist jetzt eine Marke
Schlechter Geschmack ist kein Hindernis für das Markenregister. Das Bundespatentgericht hat die Marke "Ficken" genehmigt - mit einer aufschlussreichen Begründung und indirekter Unterstützung durch Duden, Rowohlt und Elke Heidenreich.
Schlechter Geschmack ist kein Hindernis für das Markenregister. Das Bundespatentgericht hat die Marke "Ficken" genehmigt - mit einer aufschlussreichen Begründung.
Der Schnapshersteller EFAG Trade Mark Company darf sich das F-Wort beim Deutschen Patent- und Markenamt eintragen lassen, entschieden die Richter und beendeten damit einen pikanten Rechtsstreit zwischen Behörde und Unternehmen. EFAG mit Sitz im oberschwäbischen Altheim vermarktet die 15-Prozent-Spirituose als "geheimnisvollen Partyschnaps" über den Getränkehandel und im Web. Die Ficken-Produzenten sind auch auf Facebook und YouTube unterwegs. Mit respektablem Erfolg: Ihr Musik-Video mit "Graf Ficken" am Mikro ist über 200.000 Mal aufgerufen worden und auf Facebook haben die Schwaben mehr Freunde als Angela Merkel.
Die schwierigste Hürde auf dem Weg zum Markenerfolg war bislang das Patent- und Markenamt, das "Ficken" nicht registrieren wollte. Die Begründung der Münchner Beamten: Das Markenwort werde "von den angesprochenen Verkehrskreisen (sic!), insbesondere von Vertretern älterer Generationen, als Zeichen für die Verrohung des Sprachgebrauchs, als störend und abstoßend empfunden".
Das sah der 26. Senat des Bundespatentgerichts anders. "Die angemeldete Marke verstößt nicht gegen die guten Sitten", befand das dreiköpfige Richterkollegium (AZ 26 W (pat) 116/10). "Ficken" könne zwar "kaum den Anforderungen des guten Geschmacks genügen", aber das spielt nach Auffassung der Juristen keine Rolle, weil es "über die bloße Geschmacklosigkeit hinaus" keine diskriminierenden sexuelle Aussagen enthalte. Bei "Busengrapscher" oder "Schenkelspreizer" sehe die Sache schon anders aus. "Ficken" sei dagegen markenrechtlich akzeptabel.
Unterstützung erhielt "Ficken" auch durch den Duden. Dort ist das Wort aufgeführt, hatten die Richter bei der Urteilsfindung ermittelt. Und sie vergaßen auch nicht, eine Reihe von Film-, Buch- und Bühnentitel zu erwähnen, die "Ficken" fast schon salonfähig gemacht haben: "So wurde beispielsweise Mark Ravenhills 'Shoppen & Ficken' 1998 zum Berliner Theatertreffen eingeladen und zum besten ausländischen Stück des Jahres gewählt", heißt es in der Urteilsbegründung.
In dem siebenseitigen Gerichtsdokument ist auch vom Theaterstück "Mesalliance aber wir ficken uns prächtig!" und vom Film "Fickende Fische" die Rede (O-Ton: "Die Buchvorlage des gleichnamigen Films der Regisseurin Virginie Despentes ist unter dem Titel 'Baise-moi – Fick mich' in deutscher Sprache im Rowohlt-Verlag erschienen".) Auch Elke Heidenreich half. Ihr Buch "Engel fickt man nicht" war den Bundesrichtern unter Vorsitz von Georg Fuchs-Wissermann ebenfalls eine Erwähnung wert.
Der Markenrechtsschutz von "Ficken" erstreckt sich künftig auf die Klassen 25 ("Bekleidungsstücke"), 32 ("Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke, Fruchtgetränke und Fruchtsäfte, Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken") und 33: ("alkoholische Getränke, ausgenommen Biere").
Eine professionelle Modekollektion namens "Ficken"wird noch auf sich warten lassen. Es gibt zwar schon textile Merchandising-Artikel, mehr ist nach Angaben von EFAG-Geschäftsführer Dietmar Bock derzeit aber nicht geplant.