Eine Debatte aber ist das nicht wirklich, die der große Zuckerberg seiner Fangemeinde präsentiert. Schwarzes Shirt, Blue Jeans, Turnschuhe – so tritt der 26-Jährige pünktlich auf die Bühne. Mit seinen blonden Locken und dem glatten Gesicht, den ungelenken Bewegungen wirkt er wie ein Schuljunge, dem etwas Großes widerfahren ist. Zuckerberg gibt niemals Interviews, jetzt spricht er vor Hunderten. Entsprechend groß müsste seine Aufregung sein. Aber nichts!

Zuckerberg drischt Phrasen, die ganze Zeit. Jeder Satz wird weichgespült, seines Inhalts und seiner Substanz beraubt. Welch PR-Schule hat der Mann durchlaufen? Eine Dreiviertelstunde lang geht das so. Zuckerberg spricht schnell, sagt aber nichts. Immer wieder versucht die Moderatorin Pointen zu setzen, leitet mit einem Scherz ein. „Marc, was willst Du werden, wenn Du mal groß bist?“ Der Mann verzieht keine Miene.

Sie redet über den Erfolg von Facebook, fragt nach seinem Geheimnis. „Jeder Mensch auf der Welt hat Familie und Freunde, mit denen er immer connected sein will. Das verbindet uns alle“, lautet die Antwort. „Was ist mit der Privatsphäre bei Facebook? Die stand ja in letzter Zeit immer wieder in der Kritik.“ Zuckerberg weicht aus. „Heute finden wir es doch wertvoll, Dinge miteinander zu teilen.“ Die Kultur habe sich da verändert, niemand wolle sich mehr verstecken. „Aber natürlich finden wir den Dialog zu diesem Thema wichtig; wir geben den Usern die Kontrolle.“

Zuckerberg spricht viel von Dialog an diesem Nachmittag, aber er sucht ihn nicht. Das Publikum darf keine Fragen stellen, Journalisten keine Interviews führen.

Neuer Versuch: „Wem gehört Facebook? Uns oder Euch?“ – „Wir stellen nur die Systeme, die auch sicher sein sollen“. Aha. „Was für eine politische Rolle soll Facebook spielen?“ – „Wir schaffen mehr Transparenz, es entstehen auf Facebook viele soziale Bewegungen.“

Facebook verändert die Welt, das Kommunikationsverhalten von Millionen Menschen. Es geht um Macht. Zuckerberg aber geht es um Kundenbeziehungen: „Wir wollen unseren Usern und Kunden langfristig die besten Produkte bieten, den besten Service, den besten Value.“

Die ersten Zuschauer verlassen früh den Saal.

Und natürlich spielt Geld eine Rolle. Auch Facebook muss sich vermarkten. Und auf im Internet können die Werbungtreibenden ihre Zielgruppen sehr genau bestimmen. „Der Trend geht in Richtung personalisierte Werbung“, sagt Zuckerberg. „Man muss die Verbraucher einbeziehen, wir müssen unsere Kunden ernst nehmen.“

Man denkt an Ethik, Durchdringung der Privatsphäre, den gläsernen Kunden. Spannende Themen. Aber der Facebook-Chef beschwört nur „neue Produkte, die am Kunden orientiert sind“. Was immer das heißt, Abbey Klaassens fragt längst nicht mehr nach.

Ganz am Schluss lacht Zuckerberg einmal. Die Moderatorin will wissen, was er noch so vorhat mit Facebook. „Das will er nicht sagen.“ Wie so vieles nicht.


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.