
Neues Jobportal:
"Superheldin"-Gründerin: "Mütter arbeiten effizienter"
Der Wiedereinstieg in den Job nach der Elternzeit ist nicht einfach. Daher hat Sandra Westermann eine Jobbörse gegründet, die familienfreundliche Unternehmen gezielt mit qualifizierten Eltern zusammenbringt.

Foto: Jana Berger/Superheldin
Not macht bekanntlich erfinderisch – und bringt häufig auch die besten Ideen hervor. So auch bei Sandra Westermann: Anfang Mai ist die Münchnerin mit Superheldin an den Start gegangen, einer Jobplattform, die gezielt arbeitsuchende Mütter und Väter mit familienfreundlichen Unternehmen matcht. Wie die Idee dazu entstanden ist, wie sich das Portal bislang entwickelt und welche Pläne sie noch damit hat, erzählt die 39-Jährige im Interview mit W&V.
Frau Westermann, was hat Sie dazu bewogen, Superheldin zu gründen?
Das kam aus der eigenen Not heraus. Ich habe früher 15 Jahre lang beim Fernsehen als Produktionsleiterin gearbeitet, wurde dann schwanger und habe nach der Elternzeit zunächst keine Arbeit gefunden. Dann hatte ich nochmal großes Glück und einen befristeten Job gefunden. Mein damaliger Arbeitgeber hat mich absolut flexibel arbeiten lassen, die einzige Bedingung war, dass das Projekt in einem halben Jahr erledigt sein musste. Ich konnte arbeiten, wie ich wollte, ich konnte mein Kind pünktlich von der Kita abholen, das hat alles super funktioniert.
Und nach diesem halben Jahr?
War das Projekt vorbei und ich habe mich wieder vor Google gesetzt und angefangen zu suchen: nach Stellenbörsen für flexible Arbeitszeiten, nach familienfreundlichen Stellenbörsen, nach Stellenbörsen für Mamas. Doch ich habe nichts dergleichen gefunden. Daraufhin habe ich mich in meinem Umfeld umgehört, habe mit anderen Müttern, aber auch mit Unternehmen und Personalabteilungen darüber gesprochen. Das Feedback war durchweg positiv, dass ich da unbedingt etwas unternehmen sollte.
Was spricht denn für eine Jobbörse für Mütter?
In meinen Recherchen habe ich festgestellt, dass es zwei Probleme bei uns im Land gibt: Das ist zum einen der Fachkräftemangel. Zum anderen die Tatsache, dass viele Mütter von der Teilzeit zurück in die Vollzeit wollen, weil die Kinder schon älter sind, und dass viele Mütter überhaupt keine Arbeit finden. Diese beiden Gruppen will ich mit Superheldin nun zusammenführen.
Wie läuft es bisher? Wie viele arbeitsuchende Mütter sind schon bei Superheldin registriert?
Wir haben seit dem Launch am 1. Mai ungefähr 4000 registrierte Mütter, der Service ist für die auch kostenfrei. Wir sehen, dass sehr viele Bewerbungen laufen, und wir haben auch schon einige Erfolgsgeschichten mitbekommen.
Und wie kommt das Portal bei den Arbeitgebern an?
Registrierte Unternehmen haben wir ungefähr 300. Zum Teil sprechen wir sie an, weil wir erfahren haben, dass sie sehr familienfreundlich sind. Es gibt aber auch schon sehr viele Unternehmen, die mittlerweile auf uns zukommen, weil sie Superheldin als Sprachrohr nutzen wollen. Schon Ende Mai, Anfang Juni hatten wir das erste zahlende Unternehmen auf der Seite.
Was zeichnet denn ein Unternehmen als besonders familienfreundlich aus?
Am Ende des Tages ist es vor allem Flexibilität. Dieses Wort Flexibilität kann in so vielen Nuancen umgesetzt werden: in einer flexiblen Teilzeit oder Vollzeit zu arbeiten, Homeoffice, komplettes Remote-Arbeiten, Vertrauensarbeit. Das ist im Prinzip das, was ein familienfreundliches Unternehmen ausmacht.
Die Vorteile von Superheldin für die Mütter liegen auf der Hand. Was aber bekommen die Unternehmen mit den arbeitenden Müttern?
Wir fahren ja regelmäßig zu den Unternehmen und reden mit den Geschäftsführern oder den Personalchefs. Eine meiner Standardfragen ist: Könnt ihr bestätigen, dass eure Mütter öfter krank sind als kinderlose Mitarbeiter? Das wird immer verneint. Im Gegenteil: Die Unternehmen wissen mittlerweile die Effizienz einer Mutter zu schätzen. Insbesondere die, die bei uns auf der Seite sind, bestätigen, dass Mütter effizient, super belastbar, total organisiert und nicht öfters krank sind als kinderlose Mitarbeiter.
Das können Sie wahrscheinlich aus eigener Erfahrung als Mutter und Unternehmerin bestätigen …
Oh ja, als Mutter dreht man öfter eher nochmal die Extrarunde, weil Müttern nachgesagt wird, dass sie höhere Fehlzeiten wegen kranker Kinder haben. Ein Unternehmer hat auch gesagt, unsere Teilzeitmütter schaffen denselben Job bis 14 Uhr, bei dem die kinderlosen Mitarbeiter um 18 Uhr noch im Büro sitzen. Mütter können einfach viel mehr in kürzerer Zeit leisten, weil sie wissen, dass sie um zwei oder um vier los müssen, um das Kind abzuholen.
Frauen generell und erst Recht die Mütter tendieren ja eher dazu, sich unter Wert zu verkaufen …
Ja, das belegen auch diverse Studien: 30 bis 40 Prozent der Mütter steigen nach der Elternzeit wieder in einen Job ein, für den sie überqualifiziert sind. Das finde ich ganz schlimm. Ich habe es aber auch bei mir selbst festgestellt, irgendwann hätte ich jeden Job genommen, Hauptsache arbeiten. Die Mamas machen sich total klein, denken, dass sie auf dem Arbeitsmarkt nicht mehr ernst genommen werden, obwohl sie häufig studiert haben und mehrere Jahre Arbeitserfahrung mitbringen.
Coachen Sie die Mütter in Bezug auf ein selbstbewussteres Auftreten?
Das ist ein ganz großer Punkt, von dem ich hoffe, dass wir den bis Ende des Jahres noch realisieren können. Wir wollen Workshops für Mütter anbieten, mit denen wir die Bewerbungsunterlagen nochmal aufpimpen. Außerdem wollen wir in Richtung Headhunting gehen, indem wir, wenn es vom Lebenslauf her passt, Mütter zum Wechsel in einen geeigneteren Job motivieren wollen. Das sind zwei der Dinge, die ich gern noch in diesem Jahr anstoßen will.
Wie geht es mit Superheldin weiter?
Derzeit programmieren wir die Seite nochmal etwas um, das heißt, sie wird Ende des Jahres relauncht. Dann soll es auch ein Superheldin-Gütesiegel geben. Unternehmen, die bei uns auf die Seite kommen, müssen, wenn sie sich registrieren, ein paar Fragen zur Familienfreundlichkeit beantworten. Je mehr familienfreundliche Kriterien sie erfüllen, desto grüner wird ein Balken, der dann auch in der Stellenanzeige sichtbar sein wird. Auf diese Weise wollen wir die Familienfreundlichkeit auch automatisiert überprüfen. Dieses Superheldin-Gütesiegel können die Unternehmen übrigens auch auf ihre Homepage setzen.
Seit dem Launch sind nun knapp fünf Monate vergangen - wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung von Superheldin?
Wir haben ziemlich schnell nach dem Launch den Proof of Concept erreicht, und mittlerweile beschäftige ich drei Mitarbeiterinnen. In den ersten Monaten haben wir noch in einem Co-Working-Space gearbeitet, jetzt ziehen wir sogar in ein eigenes Büro um. Es läuft also wirklich ganz toll, ich hätte es mir nicht besser vorstellen können.