
Dentsu-Aegis-Chef Paskaljevic:
"Unsere Branche ist transparenter als ein iPhone, Google und Facebook zusammen"
Gut ein Jahr nach seinem Antritt zieht Dentsu-Aegis-Chef Zoja Paskaljevic eine erste Bilanz. Ein Gespräch über Strukturen, Investitionen und neue Wettbewerber.
Zoja Paskaljevic ist seit gut einem Jahr Chef von Dentsu Aegis Deutschland. Das Network beschäftigt in Deutschland mehr als 1000 Mitarbeiter. Der Schwerpunkt liegt bei Media. Die Gruppe ist hierzulande mit den Agenturmarken Vizeum und Carat präsent. Weitere bekannte Spezialanbieter sind Isobar (digitale Kreation), iProspect/Explido (Performance Marketing) sowie Posterscope (Out of Home). Im Gespräch mit Peter Hammer zieht Paskaljevic eine erste Bilanz.
Herr Paskaljevic, bei Ihrem Antrittsinterview haben Sie eine kulturelle Revolution beim Dentsu Aegis Network (DAN) angekündigt. Was ist daraus geworden?
Wir haben unsere Gruppe 2015 wesentlich kollaborativer aufgestellt und die eine gemeinsame Profit- und Loss-Regelung etabliert. So incentivieren wir unsere Agenturen nicht mehr nach ihren individuellen Ergebnissen, sondern auf Basis des Gesamtergebnisses. Das leben wir in allen unseren Märkten, immer von einem lokalen CEO verantwortet, der alle Agenturen steuert und sie partnerschaftlich im Sinne einer kontinuierlichen Kundenentwicklung führt. Das ist einzigartig. Das finden Sie weder bei WPP, Publicis, IPG, Havas oder Omnicom. Unsere Struktur stärkt die Zusammenarbeit. So lassen sich viel einfacher standort- und disziplinenübergreifende Teams bilden. Grundlage ist unser Operating Model, das alle DAN-Agenturen umfasst.
Und wie soll dieses Modell im Alltag funktionieren?
Wir definieren sogenannte Client-Partner. Ihre Aufgabe ist es, unsere Kunden über das gesamte Gruppen-Portfolio zu entwickeln. Parallel dazu bauen wir Capability-Stacks. Ein 'Stack' ist die agenturübergreifende Lösung für unterschiedliche disziplinübergreifende Fragestellungen. Das reicht von datengestützter Erfolgsanalyse zu Video/Bewegtbild über Programmatic, Social, Mobile, Content bis zur Möglichkeit, Ressourcen handselektiert für ganzheitliche Business Solutions zu nutzen.
Der Schwerpunkt bei DAN ist weiter Media. Inwieweit hat sich die Erlösstruktur verändert?
Unser Ergebnis im Bereich der digitalen Kreation nimmt kontinuierlich zu und wird sich 2016 verdoppeln. Unser Digitalanteil am Umsatz beträgt bereits 40 Prozent. Die Beratungsleistung in Kommunikation und Media nimmt weiter zu, hier hat sich immens viel verändert, dabei wird der strategische Einkauf, der Teil des Mediageschäfts ist, stets eine wesentliche Rolle spielen. Jedoch ist es müßig, immer wieder über Transparenz zu reden. Unsere Branche ist transparenter als ein iPhone, Google und Facebook zusammen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir bei den bestehenden Compliance-Richtlinien, den regelmäßigen Überprüfungen unserer täglichen Arbeit durch professionelle Auditoren das Thema weiter strapazieren müssen.
Dennoch bleibt das Thema weiter aktuell. Das Haribo-Verfahren wurde wieder aufgegriffen, bei dem es um Rückvergütungen und letztlich um Transparenz geht.
Unsere Branche befindet sich in einer extremen Transformationsphase. Es ist wichtig, dass wir uns nicht mit Vergangenheitsbewältigung aufhalten. Wir dürfen nicht glauben, dass Algorithmus-gesteuerte Unternehmen transparenter seien als eine Zunft von aufrichtigen Kaufleuten, deren Überleben davon abhängt, dass sie die Investments ihrer Kunden zum maximalen Geschäftserfolg führen. Sonst wären wir doch obsolet und kundenlos. Ich weiß, dass uns manche Marktteilnehmer am liebsten so sehen möchten, aber die Realität ist doch, dass gerade unsere Expertise aus Media heraus im Moment zum Schlüssel in der digitalen Transformation dient. Wer weiß mehr über den Weg zum Konsumenten? Medien- und plattformübergreifend? Wer kann Kunden eine neutrale, plattformübergreifende Instanz bieten? Die Medien? Google? Facebook? Amazon?
Digitale Transformation haben heute alle im Angebot. Die Zahl der Anbieter wächst.
Klar, wir sehen, dass digitale Agenturen unter das Dach von Konzernen wie IBM schlüpfen, wir sehen Accenture und viele neue Player. Aber wir sind an dieser Stelle sehr selbstbewusst. Wir sind historisch betrachtet eine internationale Agenturgruppe, die dank einer innovativen Kultur und intensiver M&A-Erfolge gewachsen ist. Wir können die Welt erklären, wie und warum sie sich komplett verändert. Nicht nur aus technologischer Sicht. Wir wissen nicht nur, wie man am besten darauf reagiert, sondern auch wie man Entwicklungen vorantreibt. Dabei müssen wir an der Einflugschneise arbeiten. Wir müssen Einfluss und Bedeutung von Kommunikation und Media auch einem Chief Marketing Officer nahe bringen. Wenn ein CMO heute weiß, was Programmtic bedeutet, dann werden Sie sehen, wie schnell sich die Welt verändert.
Programmatic ist ein wichtiges Thema, sicher. Aber in welchen Bereichen besteht noch Handlungsbedarf? Vielleicht beim Content-Marketing?
Wir werden in den kommenden Monaten mit einem neuen Angebot im deutschen Markt an den Start gehen, das es bisher hierzulande so noch nicht gibt. Mehr verrate ich dann zum Launch.
Und was haben Sie nicht geschafft?
Wir sind noch nicht mit dem Umbau aller sechs Standorte fertig. Begonnen haben wir mit Düsseldorf. Dort sind wir mit Carat, Vizeum, Posterscope, Isobar und DAN in ein neues Gebäude gezogen, das den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt und flexiblen Arbeitskultur entspricht. Es hat ein offenes Raumkonzept und ist eine inspirierende Lösung für kollaboratives Arbeiten. Es gibt keine Türen, aber diverse Rückzugsmöglichkeiten: kleine Chillout-Zones, Hangout-Rooms mit Videokonferenz-Möglichkeit, kleine und große Konferenzräume und sogenannte Workboxes. Jeder Mitarbeiter arbeitet nach dem Plug-and-Play-Prinzip in seinem aktuellen Team. Das hätten wir gerne überall. Aber das sind umfangreiche Investitionsthemen, die Zeit und gute Planung brauchen, um es anders und vor allem richtig gut zu machen.
Das komplette Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe des Kontakter (Nr. 6/2016 vom 24.3.)