Sie haben 2010 auf der Republica gesagt, dass Sie jeden Tag aufstehen und Lust aufs Bloggen haben. Ist das noch immer so?

Wäre das nicht mehr so, könnte ich das Arbeitspensum nicht leisten. Ich habe das unbeschreibliche Glück, niemals arbeiten zu müssen. Blogging ist meine Passion und ermöglicht mir, durch die Weltgeschichte zu reisen. Ob ich dies die nächsten fünf Jahre noch machen werde? Ich weiß es nicht, aber ich werde dann sicherlich nicht mit aller Macht versuchen mich zu motivieren. Wenn die Leidenschaft fehlt, kann man nicht erfolgreich sein. Ich liebe die Möglichkeiten, die das Internet meinem Team und mir bietet und würde sicherlich umgehend die Reißleine ziehen, wenn ich das nicht mehr empfinde. Das bin ich nicht nur meinem Netzwerk und mir schuldig, sondern vor allen Dingen den Lesern.

Damals haben Sie noch bemängelt, dass die deutschen Blogger sich viel zu wenig vernetzen und verlinken. Das ist doch inzwischen besser geworden, oder?

Der "semi- und professionelle" Arm der deutschen Blogosphäre hat sind den letzten 18 Monaten sehr positiv entwickelt. Die Zeiten, als die digitale Boheme und pseudointellektuelle Blogging-Elite aus dem Großraum Berlin das Geschehen bestimmte und vor allen Dingen die Meinungsfuehrerschaft im Netz übernahm, sind definitiv vorbei. Junge Talente erkennen die Möglichkeiten und nutzen jegliche Netzwerke, um sich mit Gleichgesinnten zu konnektieren. Ich verspüre generell eine Atmosphäre des Miteinander; etwas was ich in den letzten Jahren immer wieder bemängelt habe. Der US-Amerikanische Community-Geist unter den Bloggern ist in Deutschland angekommen und das gibt der Szene sehr positive Impulse. Anstatt sich gegenseitig zu bekriegen, sehe ich weitaus mehr Verlinkungen untereinander, Austausch auf Events und Kooperationen. Das ist nicht nur beeindruckend, sondern gibt mir sehr viel Hoffnung fuer die Professionalisierung der deutschen Blogosphäre.

Was schätzen Sie: wie viele deutschsprachige Blogger können von ihrem Blog leben?

Ich persönlich kenne inzwischen ein gutes Dutzend persönlich! Ganz wichtig ist hiebei, dass ich von unabhaengigen "selfmade" Bloggern spreche und nicht von Publikationen, die inzwischen Teil eines großen Publikationsnetzwerkes sind. Rechne ich diese mit dazu, dann sind es sicherlich über hundert, was auch immer noch zeigt dass wir ganz am Anfang stehen.

Viele Selbstständige Journalisten oder Fotografen hier bloggen, um für ihre Arbeit eine Plattform zu haben, über die sie Aufträge erhalten. Wie schätzen Sie diesen Umweg ein, um Geld mit einem Blog zu verdienen?

Diese indirekte Monetarisierung ist sehr wichtig, auch für mich persönlich. Das Blog wird zur Visitenkarte, zur öffentlichen Arbeitsprobe und generiert neue Einnahmemöglichkeiten. Mainstream-Medien erkennen das Potential in Themenbloggern, etwas was vor zwei bis drei Jahren in Deutschland eine absolute Rarität war. Wer sich heute als Experte für ein bestimmtes Thema positioniert, wird mit seinem Blog das ultimative Bewerbungsschreiben schaffen, welches man noch nicht einmal absenden muss. Experten werden früher oder später im Netz gefunden.


Franziska Mozart
Autor: Franziska Mozart

Franziska Mozart berichtet seit vielen Jahren über die Marketing- und Medien-Branche. Die freie Journalistin beschäftigt sich am liebsten mit Nachhaltigkeit und Digitalisierung und am allerliebsten mit der Schnittstelle dieser beiden Bereiche. Für die W&V ist sie regelmäßig als Nachrichtenchefin tätig und betreut den Green CMO Award sowie den Deutschen Mediapreis betreut. Sie gilt als Expertin zum Thema Nachhaltigkeitsmarketing und ist Co-Autorin des Buches "Superpower Sustainable Marketing".