
"Wer mit 120 Minuten Blogging erfolgreich werden will, sollte gar nicht erst anfangen"
Sascha Pallenberg hat es geschafft: Der Deutsche mit Wohnsitz in Fernost kann von seinem Blog leben. Aber zu welchem Preis? W&V-Redakteurin Franziska Mozart hat Pallenberg zur mühsamen Monetarisierung und zum Thema "Bloggen als Lifestyle" befragt.
Spätestens seit seinem Vortrag auf der Republica 2010 zum Thema "Blogs monetarisieren aber wie?" ist Sascha Pallenberg einer breiteren Masse bekannt, als einer, der es geschafft hat. Der mit seinem Blog Geld verdient. Der für netbooknews.com aber auch Tag und Nacht arbeitet und rund um die Welt jettet. Mit der Anfrage, wie er die Monetarisierung der deutschen Blogger-Welt einschätzt und was der Preis für einen wirtschaftlich erfolgreichen Blog ist, erreicht ihn W&V Online schlaflos in Seattle, "was aber überhaupt kein Problem ist. So komme ich zumindest über den Jetlag hinweg", sagt Pallenberg.
Wenn man mit Bloggen Geld verdienen will, muss man dann pausenlos arbeiten so wie Sie?
Wenn man ein Startup betreibt (und ich zähle mein Netzwerk seit nun fast vier Jahren noch immer zu einem Startup), erfordert dies einen gewissen persönlichen Einsatz. Die wenigsten Unternehmer sind im Schlaf erfolgreich geworden und deshalb steckt hinter dem finanziellen Erfolg von Netbooknews einfach auch eine ganze Menge Arbeit. Bloggen ist für mich Lifestyle und dies kommuniziere ich auch. Unsere Leser erwarten exklusiven Content und dass wir an allen wichtigen Events weltweit teilnehmen. Genau diese Marktlücke bedienen wir und hatten das Glück uns dort zu positinionieren. Ja, man muss eine ganze Menge Zeit investieren und ja, man muss auch lernen, Pausen zu machen, denn ansonsten brennt man in dieser Medienlandschaft des "just in time" Contents sehr schnell aus. Wer glaubt, mit 120 Minuten Blogging sehr erfolgreich zu werden, sollte besser gar nicht damit anfangen.
Sie sind ja ständig erreichbar, ist das nicht ein hoher Preis für die Monetarisierung?
Reichweite und ein großes Netzwerk an "Followern" baut man nur auf, in dem man sich entsprechend vernetzt. Facebook, Twitter, Google Plus, Youtube, Blogkommentare und natürlich auch Email sind inzwischen rund um die Uhr abrufbar und auch mobil immer einzusehen. Diese Kommunikation ist Teil meiner Bloggingphilosophie, aber ich weiß auch, wann ich auf den Ausschalter drücken muss. Alle vier Monate nehme ich mir eine Woche Ausszeit, um in den Urlaub zu fahren und jedes zweite Wochenende in meiner Wahlheimat Taiwan verbringe ich im Beachhouse, packe das Surfbrett aus und möchte von der ultimativen Vernetzung nichts mehr wissen. Das gibt Kraft, um dann wieder in diese Welt der ständigen Erreichbarkeit einzutauchen. Es gehört in meinen Augen einfach dazu!
Sie haben 2010 auf der Republica gesagt, dass Sie jeden Tag aufstehen und Lust aufs Bloggen haben. Ist das noch immer so?
Wäre das nicht mehr so, könnte ich das Arbeitspensum nicht leisten. Ich habe das unbeschreibliche Glück, niemals arbeiten zu müssen. Blogging ist meine Passion und ermöglicht mir, durch die Weltgeschichte zu reisen. Ob ich dies die nächsten fünf Jahre noch machen werde? Ich weiß es nicht, aber ich werde dann sicherlich nicht mit aller Macht versuchen mich zu motivieren. Wenn die Leidenschaft fehlt, kann man nicht erfolgreich sein. Ich liebe die Möglichkeiten, die das Internet meinem Team und mir bietet und würde sicherlich umgehend die Reißleine ziehen, wenn ich das nicht mehr empfinde. Das bin ich nicht nur meinem Netzwerk und mir schuldig, sondern vor allen Dingen den Lesern.
Damals haben Sie noch bemängelt, dass die deutschen Blogger sich viel zu wenig vernetzen und verlinken. Das ist doch inzwischen besser geworden, oder?
Der "semi- und professionelle" Arm der deutschen Blogosphäre hat sind den letzten 18 Monaten sehr positiv entwickelt. Die Zeiten, als die digitale Boheme und pseudointellektuelle Blogging-Elite aus dem Großraum Berlin das Geschehen bestimmte und vor allen Dingen die Meinungsfuehrerschaft im Netz übernahm, sind definitiv vorbei. Junge Talente erkennen die Möglichkeiten und nutzen jegliche Netzwerke, um sich mit Gleichgesinnten zu konnektieren. Ich verspüre generell eine Atmosphäre des Miteinander; etwas was ich in den letzten Jahren immer wieder bemängelt habe. Der US-Amerikanische Community-Geist unter den Bloggern ist in Deutschland angekommen und das gibt der Szene sehr positive Impulse. Anstatt sich gegenseitig zu bekriegen, sehe ich weitaus mehr Verlinkungen untereinander, Austausch auf Events und Kooperationen. Das ist nicht nur beeindruckend, sondern gibt mir sehr viel Hoffnung fuer die Professionalisierung der deutschen Blogosphäre.
Was schätzen Sie: wie viele deutschsprachige Blogger können von ihrem Blog leben?
Ich persönlich kenne inzwischen ein gutes Dutzend persönlich! Ganz wichtig ist hiebei, dass ich von unabhaengigen "selfmade" Bloggern spreche und nicht von Publikationen, die inzwischen Teil eines großen Publikationsnetzwerkes sind. Rechne ich diese mit dazu, dann sind es sicherlich über hundert, was auch immer noch zeigt dass wir ganz am Anfang stehen.
Viele Selbstständige Journalisten oder Fotografen hier bloggen, um für ihre Arbeit eine Plattform zu haben, über die sie Aufträge erhalten. Wie schätzen Sie diesen Umweg ein, um Geld mit einem Blog zu verdienen?
Diese indirekte Monetarisierung ist sehr wichtig, auch für mich persönlich. Das Blog wird zur Visitenkarte, zur öffentlichen Arbeitsprobe und generiert neue Einnahmemöglichkeiten. Mainstream-Medien erkennen das Potential in Themenbloggern, etwas was vor zwei bis drei Jahren in Deutschland eine absolute Rarität war. Wer sich heute als Experte für ein bestimmtes Thema positioniert, wird mit seinem Blog das ultimative Bewerbungsschreiben schaffen, welches man noch nicht einmal absenden muss. Experten werden früher oder später im Netz gefunden.